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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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verdünnten Wein ein, und er trank wie ein Verdurstender. Die junge Frau dachte mit Schaudern an Flamberts letzte, schmerzerfüllte Stunden, in denen der Priester Geneviève nicht einmal erlaubt hatte, ihm die Lippen mit Wasser zu befeuchten.
    Miriam versuchte, Geneviève zu beruhigen. Sie meinte, sie ablenken zu können, indem sie ihr ihre wahre Identität enthüllte – und die Ursprünge ihrer Sterndeuterei. Aber nur Sophia lauschte gebannt. Geneviève schien gar nicht hinzuhören. Sie schluchzte immer noch, als Hansi und Esclarmonde erschienen. Die beiden waren nicht mehr ganz nüchtern, was Esclarmondes Elfengesichtchen glühen und ihre Augen strahlen ließ. Aber vielleicht war es auch nur die Freude, die sie und Hansi jetzt mit ihren Freunden teilen wollten.
    »Sie darf sich von nun an Esclarmonde de Mangoneau nennen!« Hansi lachte. »Der Graf hat sie geadelt. Und wir dürfen uns in seinem Saal Eide schwören! Aber erst, wenn Rüdiger wieder gesund ist, habe ich gesagt.«
    Abram, Miriam, Dietmar und Sophia mussten lachen. Mangoneau war das französische Wort für Mangonel.
    Rüdiger regte sich schwach auf seinem Bett. »Das passt … zu … Johann vom … Galgenhügel …« Er stieß die Worte nur mühsam zwischen den zerschlagenen Lippen hervor, aber seine Augen blitzten schon wieder schalkhaft. Johann vom Galgenhügel war Hansis Spitzname gewesen, als Rüdiger den Stalljungen viele Jahre zuvor zu seinem Knappen erhoben hatte. Obwohl er als Sohn eines Wegelagerers nie mit einem Ritterschlag rechnen konnte.
    Hansi runzelte gespielt empört die Stirn, aber die Erleichterung darüber, dass sein früherer Herr schon wieder scherzen konnte, stand ihm im Gesicht geschrieben.
    »Der Graf war sehr gnädig«, fügte Esclarmonde mit ihrer süßen Stimme hinzu. »Er hat mit uns Wein getrunken und war überhaupt sehr … sehr …«
    »Anschmiegsam«, brummte Hansi. »Er konnte die Finger kaum mehr von meinem Klärchen lassen. Lässt aber auch fragen, wo Geneviève ist … Ja, wo ist sie denn?«
    In diesem Augenblick entdeckte Esclarmonde das weinende Bündel auf Miriams Teppich. »Was hat sie?«, fragte sie mitfühlend.
    Rüdiger warf ihr einen dankbaren Blick zu. Er hatte diese Frage stellen wollen, seit Geneviève so plötzlich zusammengebrochen war, aber seine Lippen schwollen immer noch weiter an, und sein Kiefer schmerzte bei jeder Bewegung.
    Miriam seufzte. »Das solltest du dir doch denken können«, beschied sie Esclarmonde. »Du warst schließlich auch mal Albigenserin.« Dann wandte sie sich an Rüdiger. »Sie hat das Katapult ausgerichtet und abgefeuert, das Montfort getötet hat. Und jetzt fühlt sie sich schuldig.«
    »Aber das hat sie doch für ihn getan …« Verständnislos warf Esclarmonde einen Blick auf Rüdiger.
    »Die Kerle hätten sonst kaum von dir abgelassen, Rüdiger«, ergänzte Hansi. »Der Schuss mit der Mangonel war ein Ablenkungsmanöver. Wobei die Frauen allerdings treffsicherer als Raymonds Kanoniere sind. Ich verstehe nur nicht, warum das ein Grund zum Heulen ist.« Er fixierte Geneviève ungnädig.
    Rüdiger verstand es umso besser. All die Wochen, die Geneviève ihm von ihrem Glauben erzählt hatte, all ihre Träume vom reinen Leben einer Parfaite … Er konnte sich nicht aufrichten und kaum sprechen, aber in seinen Augen stand alle Liebe und Wärme und alles Mitleid der Welt für Genevièves geschundene Seele.
    »Meine Liebste …«, flüsterte er. »Komm zu mir!«
    Es war kaum zu verstehen, aber zu Miriams Überraschung reagierte Geneviève. Sie schob sich zitternd an ihn heran, wie ein geprügelter Hund, der keine Hoffnung auf Vergebung seines Herrn mehr hegt, aber dennoch die Nähe irgendeines freundlichen Wesens sucht. Neben seinem Bett krümmte sie sich erneut zusammen – aber sie ließ zu, dass Rüdiger seine halbwegs gesunde, linke Hand mühsam in ihre Richtung bewegte, nach ihr tastete und schließlich vorsichtig ihr Haar streichelte.
    Es war nicht das Auflegen der Hand des Priesters bei der Geisttaufe, wie Geneviève ihr Leben lang gehofft hatte. Aber unendlich zärtlich – und ebenfalls ein Neubeginn.
    Wenig später, als die anderen noch die Lage besprachen, klopfte es erneut an der Tür, und Abram öffnete dem Medikus. Er erschrak bei seinem Anblick, Salomon wirkte so entkräftet und alt, wie sein Neffe ihn nie gesehen hatte.
    »Ich … wollte nach Rüdiger sehen«, sagte er müde. »Und nach Geneviève …«
    Und er hatte nicht allein sein wollen. Salomon brachte es nicht

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