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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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und in erster Reihe seiner Ritter …«
    Gerlin löste sich von ihrem Gatten und machte taumelnd ein paar Schritte von ihm fort.
    »Hat das einer verlangt?«, fragte sie schrill. »Konnte er nicht in der dritten oder vierten Reihe bleiben?«
    Bevor Florís darauf etwas erwidern konnte, erscholl ein Horn von den Zinnen der Burg. Florís strich noch einmal im Vorbeigehen über die Schulter seiner Frau, bevor er auf die Zugbrücke trat und seinen Schwager erwartete. Dabei kämpfte er mit widerstreitenden Gefühlen. Natürlich musste ein Ritter in erster Reihe kämpfen. Aber Gerlin hatte Recht, auch er hätte lieber einen lebendigen Sohn als einen toten Helden in die Arme geschlossen.
    Jetzt sprengte Rüdiger von Falkenberg über die Brücke, und Florís erkannte mit einem Blick, dass er zumindest keine Todesnachricht brachte, sein Schild und sein Banner waren nicht schwarz verhängt. Tatsächlich prangten Schild und Helmzier in frischen Farben. Das mit dem Wappen des Ritters bemalte Leinen, mit dem sein Schild bespannt war, musste im Kampf zerrissen und erneuert worden sein. Auch Rüdigers Haltung und sein Gesicht sprachen nicht für Trauer.
    Gerlin stürzte sich allerdings auf ihn, bevor Florís auch nur einen Gruß aussprechen konnte. »Rüdiger, was ist mit Dietmar? Wo hast du Dietmar, um Himmels willen? Ist etwas passiert?«
    Ihr Gesicht war von wächserner Blässe, und Florís tat es nun leid, sie zuvor mit der Nachricht von Rüdigers Kommen erschreckt zu haben. Gerlin war außer sich, gewöhnlich hätte sie die Zeichen ebenso deuten können wie ihr Gatte.
    Rüdiger grinste übers ganze Gesicht und ließ seinen Hengst vor seiner Schwester tänzeln wie vor einem bewaffneten Gegner. »Viel ist passiert!«, erklärte er dann lachend. »Aber willst du mich jetzt vom Pferd zerren oder höflich begrüßen, Schwester? Und wo bleibt der Wein zum Empfang?«
    »Ist Dietmar am Leben?«
    Gerlin hätte Rüdigers fröhlichem Gruß nun wirklich entnehmen können, dass ihrem Sohn nichts zugestoßen war, aber sie musste es hören. Aus Rüdigers eigenem Mund … erst jetzt wurde ihr klar, wie sehr sie sich in den letzten Jahren um Dietmar gesorgt hatte.
    »Natürlich ist er am Leben. Er ist …«
    »Nun lass Rüdiger doch erst mal absteigen«, begütigte nun Florís. »Dann kann er in Ruhe erzählen. Ihr wart in Bouvines?«
    Rüdiger nickte. Er hatte das Burgtor jetzt passiert und stieg ab, während Florís Hansi begrüßte. Der übernahm allerdings nicht wie sonst ganz selbstverständlich Rüdigers Pferd, sondern überreichte die Zügel seines Wallachs in großer Geste einem der zwei noch sehr jungen Knappen, die den beiden folgten.
    »Nennt mich nicht mehr Hansi!«, erklärte er dann würdig dem erstaunten Burgherrn. »Nennt mich jetzt Jean de Bouvines, Ritter des Königs. Von König Philipp persönlich zum Ritter geschlagen nach der Schlacht!« Der vormalige Knappe glühte vor Stolz.
    »Der König hat dich … Euch …« Florís zog die Augenbrauen hoch. Eine solche Geste gegenüber einem Knecht war ungewöhnlich. »Aber nun kommt, Herr Jean, und du, Rüdiger. Ihr müsst uns alles berichten. Wie …«
    »Wie geht es Dietmar?«
    Gerlin hielt die Hand ihres Bruders umklammert. Noch immer hatte sie sich nicht von ihrem Schrecken erholt, und noch immer fand sie es befremdlich, dass ihr Sohn ihren Bruder nicht begleitete. Es war lange her, dass er Loches zum letzten Mal besucht hatte. Es wurde Zeit.
    »Dietmar ist in Paris geblieben, es gibt noch einiges für ihn zu tun. Vielleicht werden wir uns erst in Mainz wieder mit ihm vereinigen, aber …«
    »Mainz?«, fragte Gerlin. »Wir?«
    »Gerlin, nun lass die Männer doch erst mal zur Ruhe kommen!« Florís wurde jetzt energisch. »Folgt mir, Rüdiger und Herr Jean. Und Ihr, Mundschenk, bringt Wein in unsere Räume und etwas zu essen, die Herren sind zweifellos hungrig nach dem Ritt.« Er wandte sich an einen der Ministerialen, der inzwischen mit einem Begrüßungsschluck für die Ritter herbeigeeilt war. Rüdiger und Hansi schütteten den Wein rasch hinunter. »Und am Abend versammeln wir alle Ritter zu einem kleinen Fest in der Halle. Herr Rüdiger wird dann berichten. Vorerst könnt Ihr Gerüchten allerdings vorbeugen. Sagt der Ritterschaft, Herr Dietmar sei wohlauf!«
    Gerlin trank ihren ersten Becher Wein fast ebenso schnell wie die Besucher ihren Begrüßungsschluck. Sie brauchte eine Stärkung. Aber dann lauschte sie atemlos der Erzählung Rüdigers.
    »Der Bischof begann also

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