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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Verwandter hat sich wohl auch nach der Übernahme von Lauenstein nicht allzu beliebt gemacht. Nahezu jeder in der Umgebung hat ein kleines oder größeres Hühnchen mit ihm zu rupfen.«
    »Das können sie ja in ihre persönlichen Briefe schreiben«, meinte Dietmar unverdrossen. Neben dem großen, wichtigen Fehdebrief des Herausforderers sandten auch seine Verbündeten Schreiben mit einer Begründung der Parteinahme. »Und die Briefe überbringt Herr Conrad von Neuenwalde. Der sollte allen genehm sein – als verdienter Ritter des Kaisers und Erbe der Nachbarburg.«
    Herr Conrad war weiland unter den Beratern des früheren Kaisers Otto gewesen, jetzt jedoch König Friedrich treu ergeben. Er war in Rüdigers Alter und zweifellos ein Ritter ohne Furcht und Tadel. Gemeinsam mit seinem Vater Laurent hatte er Gerlin schon nach Dietrichs Tod geholfen. Nun stellten die Neuenwalder ihre Burg als Stützpunkt für Dietmars kleine Armee zur Verfügung, solange noch keine Trutzburg erbaut war. Gerlin fand im dortigen Palas Quartier in den Frauengemächern, Conrads Mutter Ethelberta und seine junge Frau Clara nahmen sie gleich freundlich auf. Clara konnte sogar Auskunft über Sophia von Ornemünde geben, was Gerlin begierig annahm. Erhielt sie damit doch zum ersten Mal Informationen aus dem Munde einer Frau!
    »Die Männer sagen nur immer, wie überirdisch schön das junge Mädchen ist, wie sanft und tugendhaft. Das passt nur in keiner Weise zu allem, was ich über ihre Eltern weiß!«, erklärte sie den Herrinnen von Neuenwalde. »Wenn Ihr mir da Näheres berichten könnt …«
    Clara zuckte die Schultern. »Also, so gut kenne ich sie nun auch nicht. Ich war nur ein knappes Jahr mit ihr in der Schule bei den Ordensfrauen in Sankt Theodor. Und da fiel sie nicht besonders auf. Höchstens als graues Mäuslein, sie war fürchterlich schüchtern. Was wieder nicht verwunderlich ist, wenn man sich überlegt, wie wir anderen sie behandelten. Sie war verfemt, kaum dass uns die erste Kunde davon erreichte, wie ihr Vater an sein Lehen gekommen ist. Im Nachhinein schäme ich mich richtig für all die Schmähungen und Neckereien. Sophia konnte ja nichts dafür, wie die Ordensfrauen auch nicht müde wurden zu betonen. Die mochten Sophia, sie war brav und lernwillig – nicht so wie manche von uns.« Claras Augen blitzten mutwillig, sie war ein äußerst temperamentvolles Geschöpf.
    »Und wenn Ihr Euch mal vor Augen führt, wie sie hausen auf Lauenstein«, fügte Ethelberta hinzu. »Das Mädchen konnte sich nur zur Hure oder zur Nonne entwickeln – verzeiht meine harte Ausdrucksweise. Aber die Kerle, die Roland da als seine ›Ritter‹ sammelt, sind alles andere als minniglich. Ein Mädchen konnte ihnen nachgeben oder vor ihnen fliehen. Die kleine Sophia wird Letzteres gewählt haben. Mir tat sie damals leid, als wir alle Druck auf die Nonnen ausübten, um sie der Schule zu verweisen. Aber wir konnten natürlich nicht dulden, dass sich ein Räuber und Gauner die Privilegien eines Burgherrn herausnimmt. Das wäre auch nicht in Eurem Sinne gewesen, Frau Gerlin.«
    Gerlin nickte und dankte der alten und treuen Freundin. Aber das Schicksal des jungen Mädchens Sophia rührte nun erstmalig an ihr Herz. Bisher hatte sie sich die unwillkommene Minneherrin ihres Sohnes als starke, kühle Schönheit vorgestellt. Aber wenn er sich nun tatsächlich in ein schüchternes, unglückliches Mädchen verliebt haben sollte, würden sich ihre Ressentiments gegen Sophia von Ornemünde nicht halten lassen.
    »Du solltest Neuenwalde aber auch nicht zu auffällig bevorzugen.«
    Während die Pferde der Ritter einen Hang mehr herunterrutschten als -traten, gab Florís seinem unbekümmerten Pflegesohn weiterhin einen Ratschlag nach dem anderen – ein Verhalten, das ihm eigentlich gar nicht ähnlich sah. Im Allgemeinen ließ er den jungen Mann gern selbst entscheiden und freute sich an seinen meist schon recht weisen Überlegungen. Aber jetzt schien der Ritter entschlossen, nichts dem Zufall zu überlassen. Florís de Trillon widmete inzwischen schon sein halbes Leben der Erhaltung der Feste Lauenstein für das Geschlecht des Dietrich von Ornemünde. Wenn es nun endlich zur entscheidenden Schlacht kam, durfte nichts schiefgehen.
    Dietmar verdrehte die Augen. »Das werde ich schon nicht. Und ich glaube auch nicht, dass irgendjemand eine Allianz von mir und Herrn Conrad gegen den Rest des fränkischen Adels fürchtet. Da müssten die mehr Angst vor der Unterstützung

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