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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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und an einen viel zu schweren Körper, den sie mit bloßen Händen zu einer nahen Senke gezerrt und dort im lockeren Sand notdürftig verscharrt hatte. Sie erinnerte sich daran, wie sie die Spuren des Kampfes verwischt, sich nach einer Fluchtmöglichkeit umgesehen hatte und schließlich in die leere Proviantkiste auf einem der Karren gestiegen war, um sich unter Decken darin zu verstecken.
    Im Nachhinein erschien ihr all das wie ein furchtbarer Traum. Doch dieser Traum hatte ein glückliches Ende. Was sie nicht zu hoffen gewagt hatte, war eingetreten: Ihre Flucht schien gelungen.
    Nachdem sie mit ihren Überlegungen so weit gekommen war, fühlte sie sich besser. Eine Zeit lang versuchte sie, auf Geräusche zu achten, die von draußen in die Kiste drangen, doch das Knarren der Räder übertönte alles andere.
    Faizah spürte, wie sich ihre Muskeln verkrampften, und streckte sich vorsichtig aus. Sobald der Wagen anhielt, musste sie ihr Versteck verlassen. Wenn die Beine ihr dann den Dienst versagten …
    Sie führte den Gedanken nicht zu Ende. So vieles mochte geschehen, wenn der Wagen anhielt, dass es keinen Sinn machte, darüber nachzudenken. Sie konnte nur abwarten und darauf hoffen, dass das Glück weiter auf ihrer Seite war.
     
     
     
    Der Mittag kam und ging, und der Nachmittag zog sich träge in die Länge. Seit sich die Morgennebel aufgelöst hatten, schien die Sonne von einem nahezu wolkenlosen Himmel. Dennoch war es deutlich kälter als noch am Tag zuvor und der trügerische Hauch des Frühlings längst wieder verflogen.
    Der Weg, den Bayard eingeschlagen hatte, führt nun stetig bergan. Auch der Wald veränderte sich. Das farbige Blätterdach der Buchen und Eichen wich allmählich dem düsteren Grün der Nadelbäume, und der Wald wurde lichter.
    Am späten Nachmittag kamen sie an einem zerstörten Gehöft vorbei. Das Wohnhaus und die Ställe waren bis auf die Grundmauern niedergebrannt; rußgeschwärzte Dachbalken ragten aus der Asche empor. Ihr Auftauchen scheuchte eine Schar gieriger Aaskrähen auf, die ganz in der Nähe verbissen um das Fleisch eines aufgedunsenen Pferdekadavers stritten. Krächzend flohen sie in die blanken Äste eines großen Purkabaums in der Mitte des Gehöfts, dem das Feuer Borke und Blätter geraubt hatte. Wie ein skelettierter Riese erhob er sich über den Ort der Verwüstung.
    Schweigend zogen sie weiter. Das Feuer musste schon vor Tagen gewütet haben, und es war aussichtslos, hier noch Überlebende zu finden.
     
    Als sich die Sonne dem Horizont zuneigte, wurde der Weg steiler und der Aufstieg immer beschwerlicher. Der Wald blieb hinter ihnen zurück und gab den Blick auf die Gipfel des Pandarasgebirges frei, die unmittelbar vor ihnen in den Himmel ragten. Weit oben über den Schneeflächen trieb ein eisiger Wind die lockeren Eiskristalle vor sich her, wirbelte sie auf und trug sie mit sich davon. Obwohl Ajana die bedrückenden Bilder des zerstörten Gehöfts noch vor Augen standen, konnte sie nicht umhin, die Schönheit der einsamen Bergwelt zu bestaunen. Doch ihr blieb nur wenig Zeit, den Anblick auf sich wirken zu lassen, denn Bayard drängte zur Eile.
    »Schneller!«, spornte der Heermeister die Gefährten an. »Wenn wir die Garnison in Wilderwil vor Einbuch der Nacht erreichen wollen, müssen wir uns sputen.« Er wollte noch etwas hinzufügen, hielt aber inne, weil Keelin eilig zu ihm aufschloss. »Was gibt es?«, erkundigte er sich. »Irgendwelche Anzeichen von den Uzoma?«
    »Schlimmer noch«, keuchte Keelin. »Lagaren!«
    »Wo?«
    »Noch weit im Süden«, erklärte Keelin außer Atem. »Horus hat eine Gruppe von sechs Tieren entdeckt. Sie fliegen auf das Heerlager nahe der Festung zu.«
    »Thorns heilige Rösser.« Bayards Miene verfinsterte sich. »Das verheißt nicht Gutes. Gathorion muss unverzüglich davon erfahren.« Er warf einen Blick nach Westen, wo die Sonne kaum mehr eine Handbreit über dem Horizont stand. »Wenn wir Horus gleich mit einer Nachricht zur Festung schicken, könnte er diese noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen«, überlegte er laut und wandte sich wieder Keelin zu. »Ruf den Falken zurück«, befahl er. »Wir müssen Gathorion warnen. Wenn die Uzoma angreifen, bevor die letzten Pfeilkatapulte fertig gestellt sind, können wir nur noch beten.«
     
     
     
    Der einsame Wanderer hatte eben den Wald hinter sich gelassen, als er den Falken aufsteigen sah. In einer ansatzlosen Bewegung sprang er zur Seite und suchte Schutz hinter einem der

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