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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Haaren und auffälligen Augen in der Farbe des Kupfermondes, die dicht neben ihrem Lager stand. Ihr Gesicht war fein geschnitten und viel anmutiger als die derben Züge der Uzomafrauen. Sie hatte eine sehr kurze Nase, schmale Wangenknochen und trug das Abbild eines schwarzen, kunstvoll verschlungenen Streifens über der Stirn, der wie ein aufgemaltes Stirnband wirkte. Ihre Haare schmückten kleine blaue Federn, deren weiche Fahnen sich bei jeder Bewegung bauschten.
    Und erst die Augen! Nie zuvor hatte Faizah so schöne Augen gesehen. Nicht nur die Farbe, auch die leicht ovale Form war so bemerkenswert, dass die junge Uzoma nicht umhin konnte, sie bewundernd zu betrachten.
    »Wie fühlst du dich?« Die Fremde lächelte. Es war ein warmes, wohlwollendes Lächeln, wie Faizah es bisher nur von ihrer Mutter kannte.
    »Wo bin ich?«, fragte sie und erschrak über ihre brüchige Stimme.
    »In Sicherheit.« Die junge Frau reichte ihr eine hölzerne Wasserschale, die Faizah dankbar entgegennahm. Erst jetzt bemerkte sie, wie durstig sie war. Gierig hob sie das Gefäß an die Lippen und tat einen großen Schluck. Das Wasser war klar! Niemals hätte sie es für möglich gehalten, dass es so klares Wasser gab. Sie setzte die Schale ab und betrachtete den Inhalt auf eine Weise, als sähe sie dergleichen zum ersten Mal. Das Wasser war von einer solchen Reinheit, dass sie bis auf den Grund der Schale sehen konnte.
    »Was ist?« Die junge Frau hob besorgt die Augenbrauen.
    »Nichts.« Nun war es Faizah, die lächelte. »Ich … ich habe nur noch nie in meinen Leben so ungetrübtes Wasser gesehen.«
    »Oh!« Die junge Frau wirkte erleichtert. »Trink ruhig«, ermunterte sie Faizah. »Wir haben genug davon.« Geduldig wartete sie, bis Faizah ausgetrunken hatte, und schenkte ihr aus einem schweren Tonkrug nach.
    »Danke«, sagte Faizah. »Es ist … Ich … ich habe noch nie etwas so Köstliches getrunken.« Das Wasser hatte sie die drängenden Fragen vergessen lassen, die ihr auf der Zunge lagen. Doch nun, da sie getrunken hatte und sich erfrischt fühlte, kehrten sie mit unverminderter Dringlichkeit zurück. »Wo bin ich?«, fragte sie noch einmal. »Was ist geschehen? Wie bin ich hierher gekommen? Wie lange bin ich schon hier? – Und wer bist du?«
    »Ich bin Oona.« Als hätte sie die anderen Fragen nicht gehört, nannte die Frau nur ihren Namen und fragte dann: »Hast du Hunger?«
    Faizah nickte, worauf Oona sich umdrehte und leichtfüßig davonhuschte. Die junge Uzoma richtete sich auf und schaute sich um. Sie befand sich in einer kleinen, fensterlosen Kammer, eigentlich mehr einer Höhle, in der außer der Schlafstatt nur noch eine große geflochtene Truhe stand. Zwei Talglichter an der Wand spendeten Helligkeit, und anstelle einer Tür hing ein Burakifell vor dem grob behauenen Eingang. Es war angenehm warm, aber sie konnte nirgends eine Feuerstelle entdecken.
    Wo bin ich?
    Aufmerksam lauschte sie nach Worten in den Geräuschen, die von draußen in die Kammer drangen. Doch die Stimmen waren zu weit entfernt. So ließ sie sich auf die strohgefüllte Matratze zurücksinken, starrte zur Höhlendecke empor und versuchte sich daran zu erinnern, was geschehen war.
    Nur zögernd gelang es ihr, sich die Bilder ihrer Flucht ins Gedächtnis zu rufen: Bilder betrunkener Krieger, blutiger Hände, die ein viel zu kleines Messer umklammerten, von Dunkelheit und einem gleißenden Feuerblitz. Bilder von galoppierenden Pferden, von Tontöpfen mit glühendem Wasser. Und Bilder einer trostlosen, staubigen Ebene unter sengender Sonne, die die Erinnerung an Hunger, quälenden Durst und völlige Erschöpfung in sich trugen. Danach erinnerte sie sich an nichts mehr.
    Es raschelte, und Oona betrat den Raum. Eine Holzschale mit dampfendem Brei in den Händen, trat sie leise vor das Bett. »Ich bringe etwas zu essen«, sagte sie lächelnd und reichte ihr die appetitliche Schüssel.
    Faizah richtete sich auf und griff hungrig nach dem Holzspatel, der schon in dem Brei steckte. Sie aß nicht sofort, sondern bedankte sich und senkte den Blick, denn sie war es nicht gewohnt, dass man sie so freundlich behandelte. »Du bist sehr gut zu mir.«
    »Das mache ich gern.«
    »Aber du antwortest nicht gern, oder?«
    Oona zögerte und schien zu überlegen. »Es gibt Zeiten zu schlafen und Zeiten zu essen«, sagte sie schließlich. »Und es gibt auch Zeiten zu fragen.«
    »Gibt es auch Zeiten zu antworten?«, fragte Faizah fast ein wenig vorlaut.
    »Auch die.« Oona

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