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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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»Du weißt doch gar nicht, wo sie sie hinbringen.« Er beschrieb eine weit ausholende Geste. »Wie willst du sie in dieser endlosen Einöde finden?«
    »Ich finde sie!«, beharrte Abbas, und sein Blick zeugte davon, dass er fest entschlossen war, das Wagnis einzugehen. »Ich finde sie, verlass dich darauf. Fünf Pferde hinterlassen eine gut sichtbare Spur. Ich werde ihnen folgen – und wenn sie bis in die Feuer des Wehlfangs hineinreiten.« Mit diesen Worten schüttelte er Keelins Hand ab und ging auf eines der Pferde zu, die nicht weit entfernt grasten.
    »Abbas!« Verzweiflung lag in Keelins Stimme, als er dem Freund hinterhereilte. »Abbas, überleg es dir doch noch einmal. Sie sind zu fünft, und du bist allein. Was glaubst du, gegen sie ausrichten zu können? Was du vorhast, ist Wahnsinn. Du kannst ihr nicht mehr helfen.«
    »Aber ich muss es wenigstens versuchen!« Abbas ließ sich nicht beirren. Er hob einen gefüllten Wasserschlauch vom Boden auf und warf ihn sich über die Schulter, dann streckte er lockend die Hand aus und ging langsam auf einen prächtigen schwarzen Hengst zu.
    »Wo will er hin?« Ajana, die nicht recht wusste, worüber die beiden sich so ereiferten, trat neben Keelin und sah zu Abbas hinüber, der dem Hengst nun sanft über die Nüstern strich. Die Ohren des Pferdes waren vor Anspannung nach hinten gelegt, und es schnaubte nervös. Es schien jedoch zu spüren, dass ihm keine Gefahr drohte, und ließ Abbas gewähren.
    »Er hat sich in den Kopf gesetzt, Maylea zu befreien«, erklärte Keelin mit unterdrückter Wut und Kummer in der Stimme.
    »Warum? Wo ist Maylea?«, fragte Ajana verwundert.
    »Sie wurde von den Uzoma verschleppt.«
    »Verschleppt?« Ajana war zutiefst erschüttert. »Warum haben sie das getan?«
    »Das fragen wir uns auch«, erwiderte Keelin mit finsterer Miene. »Die Uzoma waren in der Überzahl. Hätte der Kampf nur wenig länger gedauert, wäre vermutlich keiner von uns mehr am Leben. Aber das war wohl nicht ihre Absicht.« Er wandte sich um und sah Ajana geradewegs in die Augen. »Es sieht ganz so aus, als hätten sie dich gewollt.«
    »Mich?« Ajana erschauerte. Plötzlich wurde ihr bewusst, welch ungeheures Glück sie gehabt hatte. »Aber dann haben sie …«
    »… Maylea vermutlich mit dir verwechselt«, beendete Keelin den Satz für sie. »Eine glückliche Fügung für uns, doch für Maylea …« Er verstummte und wandte seine Aufmerksamkeit wieder Abbas zu, der inzwischen aufgesessen war und die Zügel in der Hand hielt. »Abbas, warte«, rief er, und diesmal lag kein Zorn in seiner Stimme. Mit gemäßigten Schritten ging er auf den Hengst zu, um das nervöse Tier nicht zu erschrecken, und klopfte ihm mit der Hand beruhigend auf den Hals. »Möge Gilian, der Herrscher der Lüfte, über dich wachen«, sagte er leise und streckte Abbas zum Abschied die Hand entgegen. Abbas beugte sich ein Stück herunter und umfing den Unterarm des Falkners in der traditionellen Art der Krieger. »Ich werde sie finden, und ich werde sie befreien. Emo!«, schwor er mit den Worten der Wunandamazonen und fügte leise hinzu: »Wünsch mir Glück, mein Freund.«
    Ein sanfter Tritt mit den Fersen genügte, und das Pferd trabte an. Im schwindenden Licht des Sonnenuntergangs, dessen feurige Farben im Westen in zarten Pastelltönen verblassten, folgte Abbas der Spur der Uzoma und war bald nur noch als dunkler Umriss vor dem hellen Steppensand zu erkennen.
    »Beim Schwerte des Asnar, der Küchenjunge hat es faustdick unterm Sattel.« Bayard gesellte sich zu Ajana und Keelin, die Abbas schweigend nachblickten. »Wo hat er nur das Reiten gelernt?«
    »Wie es scheint, sind wir Stallburschen manchmal auch gute Lehrer«, sagte Keelin, ohne den Blick von dem sich rasch entfernenden Freund abzuwenden. »Aber es ist lange her, seit wir das letzte Mal heimlich zusammen ritten.«
    »Nun, er scheint es jedenfalls nicht verlernt zu haben«, sagte der Heermeister anerkennend. »Ich möchte nur wissen, was er vorhat.«
     
     
     
    Maylea wurde von wirren Träumen geplagt.
    Sie hastete durch dunkle Orte, und ihre einzigen Gefährten waren Worte im leeren Raum – Worte voller Hass und Verachtung.
     
    Ist sie es? Ist sie es?
    Vernichtet sie!
    Werft sie in den Schatten!
    Nichtswürdige Humardin!
    Eine Gestalt ragte vor ihr auf, ein Schatten, schwarz und gewaltig wie ein Berg. Der Kopf wurde von einer leuchtenden Aura gekrönt, und die Augen schimmerten wie Eis in der Finsternis, die das Gesicht sein

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