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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Rast. Die beiden Männer waren von dem zermürbenden Kampf erschöpft, doch als sich die Monde über den Horizont erhoben, drängte Bayard zum Aufbruch. Wie schon zwei Nächte zuvor, nach dem Angriff des Ajabani, schien er sich nicht lange mit trüben Gedanken aufhalten zu wollen, sondern richtete den Blick nach kurzem Gedenken an Feanor gleich wieder nach vorn. »Wir haben Glück«, hörte Ajana ihn zu Keelin sagen. »Die Pferde der Uzoma werden uns gute Dienste leisten. Wenn alles gut verläuft, sind wir bei Sonnenaufgang am Arnad.«
    »Glück?« Für Ajana klangen die Worte des Heermeisters wie bittere Ironie. Zu Abbas und Maylea hatte sie in den vergangenen Tagen ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut, und der Gedanke, die beiden nie mehr wieder zu sehen, bereitete ihr großen Kummer. »Wie könnt Ihr jetzt von Glück sprechen? Feanor ist tot, Maylea verschleppt und Abbas in großer Gefahr.« Sie schüttelte verständnislos den Kopf. »Ein Glück wäre es, wenn wir alle noch beisammen wären.«
    »Kein Kampf bleibt ohne Verluste«, erwiderte Bayard, doch der kurze Seitenblick, den er dabei auf den frischen, vom Mondlicht beschienenen Grabhügel warf, zeugte davon, dass auch er nicht frei von bedrückenden Gefühlen war. »Maylea wusste um die Gefahr«, fuhr er mit fester Stimme fort. »Sie hätte in der Festung bleiben können. Aber sie bestand darauf, uns zu begleiten. Und dieser starrköpfige Küchenjunge«, er spie auf den Boden, »unterstand nicht meinem Befehl. Für seine Torheiten ist er selbst verantwortlich.« Er verstummte kurz und sah zu den Pferden hinüber, die noch immer im Mondschein grasten. »Das sind gute Pferde«, sagte er bewundernd.
    »Ich wusste gar nicht, dass die Uzoma reiten können«, warf Keelin ein.
    »Ich auch nicht.« Bayard wandte sich um und sah zu den getöteten Uzomakriegern hinüber, deren Körper steif und leblos auf dem Boden lagen. »Sieht ganz so aus, als ob diese Krieger etwas Besonderes waren.« Er seufzte und zog die Schultern hoch. »Nun, sie sind tot und werden uns nichts mehr verraten. Sucht unsere Sachen zusammen. Ich hole die Pferde.« Der Heermeister drehte sich um und ging langsam auf die grasenden Tiere zu.
    Ajana sah Keelin von der Seite an. Seit Abbas fortgeritten war, war er sehr schweigsam und wirkte niedergeschlagen. Sie hatte das Gefühl, etwas zu ihm sagen zu müssen, etwas Tröstliches, das ihm zeigte, dass auch sie die beiden Wunand vermisste. »Es tut mir sehr Leid um Abbas«, meinte sie leise und schaute Keelin mitfühlend an.
    »Er hätte mir nicht folgen dürfen.« Bitternis schwang in Keelins Worten mit, und Ajana spürte, dass er sich große Vorwürfe machte.
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagte sie schnell.
    »Das stimmt. Aber wenn ich mich nicht von ihm verabschiedet hätte, hätte er vermutlich erst viel später erfahren, dass ich fort bin, und uns nicht mehr folgen können.«
    »Wenn er uns nicht gefolgt wäre, stünden wir vielleicht jetzt nicht hier«, wandte Ajana ein und fasste Keelin sanft an der Schulter. »In meiner Welt gibt es Menschen, die mit der Überzeugung leben, dass nichts zufällig geschieht. Sie sagen, alles sei vom Schicksal vorherbestimmt, und keiner könne sich dem entziehen.«
    »Und du? Glaubst du daran?«, wollte Keelin wissen.
    »Hättest du mich das vor zwei Wochen gefragt, hätte ich nein gesagt«, gab Ajana ehrlich zur Antwort. »Doch jetzt …« Sie hielt inne, um nach den richtigen Worten zu suchen. »Ja, jetzt denke ich, es stimmt.« Sie holte das Amulett hervor. »Das ist mein Schicksal«, sagte sie. »Wir alle müssen das tun, was uns bestimmt ist. Das gilt für Abbas genauso wie für mich und jeden anderen.«
    »Eine tröstlicher, aber auch beängstigender Gedanke.« Keelin versuchte ein Lächeln, sammelte die Pfeile vom Boden auf, die er kurz zuvor vom Kampfplatz geholt hatte, und steckte sie in den Köcher zurück. »Ich hoffe nur, dass das Schicksal für Abbas und mich ein Wiedersehen vorherbestimmt hat.«
     
     
     
    Aus der Dunkelheit im Norden flogen sie heran und glitten wie schwarze Schatten durch die frostkalte Nacht. Ihre Leiber verdeckten das Funkeln der Sterne, und ihre Furcht erregenden Schreie hallten verzerrt von den steil aufragenden Felswänden wider. Sie kamen wie die Boten des Todes, und mit jedem Flügelschlag, mit dem sie sich der Festung näherten, schien sich die Nacht ein wenig mehr zu verfinstern.
    Ein jeder starrte zum Himmel empor, Angreifer und Verteidiger vereint in der

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