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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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wieder brauchte er nicht lange zu suchen. Als er den Blick hob, sah er das silberne Band eines breiten Flusses in der Ferne schimmern.
    Das musste der Arnad sein.
    Und die Reiter hielten genau darauf zu.
    Was wäre, wenn sie dort ein Floß oder ein Fährmann erwartete? Abbas’ Mut sank. Emos zornige Töchter, das darf nicht sein!, flehte er in Gedanken und betete darum, dass es einen anderen Weg über den Fluss geben möge.
     
    Es war noch nicht Mitternacht, als er das Ufer des Arnad erreichte. Der breite Strom floss langsam dahin und lag silbern schimmernd im Mondlicht. Kein Schilf, keine Binsen und nicht einmal das zähe Stachelgras, das überall in der Steppe zu finden war, säumten das Ufer, kein Tier schwamm auf den träge plätschernden Wellen, und kein Fisch durchbrach die glänzende Wasserfläche. Der Arnad war ein toter Fluss. Die Magie der Nebel hatte die Uzoma verbannt, aber sie hatte auch alles Leben im Fluss und um ihn herum vernichtet. Die Wunden, die sie der Landschaft zugefügt hatte, waren nicht zu übersehen.
    Abbas richtete sich auf dem Rücken des Pferdes auf und spähte voraus, bereute die Bewegung aber sogleich. Er war es nicht gewohnt zu reiten und hatte inzwischen das Gefühl, als säße er auf blanken Knochen. Wunandmänner ritten nie und die Frauen seines Blutes nur selten, doch wenn sie ritten, dann stets mit Sattel und nicht, wie die Uzoma, auf einer gewebten Decke. Als Keelin noch Stallbursche gewesen war, hatte er Abbas oft mit hinaus auf die Weiden genommen und ihn dort, unbemerkt von allen, das Reiten gelehrt. Abbas besaß ein natürliches Gespür für Pferde und hatte schnell gelernt. Immerhin war seine Mutter eine der wenigen Wunandamazonen gewesen, die es in der Reitkunst sogar mit einem Katauren hätte aufnehmen können. Sie war als eine der ersten Kriegerinnen mit an den Pass gegangen und hatte Abbas, ihr einziges Kind, in Keldas Obhut gegeben.
    »… bis ich zurückkomme«, hatte sie zum Abschied gesagt und ihm lächelnd einen Kuss auf die Stirn gehaucht, aber er hatte sie nie wieder gesehen.
    Abbas schüttelte den Kopf, als könnte er den Kummer darüber auf diese Weise vertreiben, und richtete sein Augenmerk auf die Spuren, die mitten ins Wasser hineinführten. Es bestand kein Zweifel daran, dass die Krieger, die Maylea entführt hatten, hier entlanggeritten waren. Doch wohin er auch blickte, von einem Floß oder einem Fährmann war weit und breit nichts zu sehen. Vor ihm lag das mondbeschienene Wasser, das zu tief und dessen Strömung zu schnell war, um eine Durchquerung zu wagen. Dennoch hatte es ganz den Anschein, als wären die Uzoma einfach in den Fluss hineingeritten.
    Abbas zögerte. Sollte er es wagen, ihnen zu folgen? Vorsichtig ließ er das Pferd ins seichte Wasser am Ufer gehen. Er rechnete damit, dass es sehr bald tiefer würde, doch zu seiner großen Überraschung reichte das Wasser dem Pferd kaum bis über die Fesseln.
    Eine Furt! Abbas konnte sein Glück kaum fassen und blickte sich um. Jetzt sah er auch die dunklen Pfähle, die zu beiden Seiten der Furt aus dem Wasser ragten, um deren Breite zu markieren. Sie waren im Mondlicht nur schlecht zu erkennen, aber wenn er wachsam bliebe, würden sie ihm den sicheren Weg über den Fluss weisen.
    Nun, da er eine Möglichkeit gefunden hatte, den Arnad zu durchqueren, kehrte auch die Zuversicht zurück, und obwohl er noch immer nicht wusste, wie, war er fest davon überzeugt, Maylea retten zu können.
    Ich werde sie befreien, dachte er entschlossen. Irgendwie – wenn ich sie nur erst gefunden habe.

 
     
     

     
     
    »Die Festung steht in Flammen!« Keelin, der vor Ajana ritt, zügelte erschüttert sein Pferd, als er das Bild des rot glühenden Himmels über den Gipfeln des Pandarasgebirges von Horus empfing.
    Unmittelbar nachdem sie losgeritten waren, hatte sich der Falke in die Lüfte geschwungen und war ungeachtet der Dunkelheit nach Westen geflogen, was Keelin sehr verwundert hatte. Für eine Weile hatte er keine Botschaft empfangen, aber das Bild der brennenden Festung erklärte Horus’ plötzliche Unruhe.
    »Asnar stehe uns bei! So früh?« Bayard hielt sein Pferd abrupt an. »Was kann dein Falke noch erkennen?«
    »Nicht viel …« Keelin hielt die Augen weiter geschlossen und presste die Hände an die Schläfen. »Er ist noch zu weit von der Festung entfernt und sieht nur den Feuerschein über den Bergen.«
    »Thorns heilige Rösser!« Bayard fuhr sich mit der Hand über den Bart. Es war nicht zu

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