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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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selbstverständlich den Arm um die Schultern, zog sie zärtlich an sich und hielt sie fest. »Ich habe nie daran gezweifelt, dass es dir gelingen würde«, sagte er voller Stolz, und in seinen sanften Augen las sie, dass er die Wahrheit sprach. »Jetzt wird alles gut.«
    Ajana sagte nichts. Keelins Nähe tat ihr gut. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter, blickte mit ihm auf das beeindruckende Schauspiel der wogenden Nebelschleier und schwieg lange.
    »Aber wozu sollen die Nebel gut sein?«, fragte sie schließlich mit so leiser Stimme, als spräche sie zu sich selbst. »Damit ist doch nichts gewonnen. Ich habe dem Heer der Uzoma den Rückweg abgeschnitten. Mehr nicht.« Sie wandte sich von den Nebeln ab und sah Keelin an. »Ich kann mir nicht vorstellen, welchen Vorteil die Krieger am Pass davon haben.«
    »Es ist weder die Aufgabe eines Kriegers, über Befehle nachzudenken, noch diese in Frage zu stellen«, warf Bayard ein, bevor Keelin etwas erwidern konnte. Der Heermeister, der die Pferde mit sich führte, hatte Ajanas Worte mit angehört. »Wo kämen wir hin, wenn jeder Krieger über den Sinn eines Befehls und dessen mögliche Folgen erst noch lange nachdächte! Wichtig ist nur, dass wir denen vertrauen, die uns Befehle erteilen. Ihr habt Gaelithil vertraut und darauf, dass der vorbestimmte Weg der richtige ist. Dieses Vertrauen gab Euch die Kraft, über Euch selbst hinauszuwachsen und zu vollbringen, was kein anderer erreicht hätte. Wozu also zweifeln?« Er schüttelte den Kopf und deutete auf die Nebelwand. »Seht Euch das doch an«, sagte er voller Ehrfurcht. »Diese Nebel sind ein mächtiges Bollwerk wider die Finsternis. Stark und unbezwingbar.« Voller Bewunderung geriet der sonst so wortkarge Kataure ins Schwärmen. »Nie habe ich etwas so Wundersames gesehen. Den Anblick, da sich die ersten zarten Schleier über den Wassern des Arnads erhoben, werde ich niemals vergessen. Niemals …« Seine Stimme schwankte, als die Gefühle ihn zu überwältigen drohten. »Asnar ist mein Zeuge, es ist ein Wunder! Ajana hat Nymath gerettet und den Opfern dieser Reise einen Sinn gegeben.«
    »Aber das Heer ist damit doch nicht bezwungen!«, warf Ajana ein. »Was haben wir denn gewonnen?«
    Bayard räusperte sich, als wäre ihm sein Gefühlsausbruch plötzlich unangenehm, und fand wieder zu seiner unnahbaren Haltung zurück. »Dies hier zu erreichen war unser Geheiß«, sagte er mit fester Stimme. »Welchen Nutzen es bringt, ist jetzt nicht die Frage. Wichtig ist nur, dass wir – dass Ihr – den Befehl ausgeführt habt.« Er führte die Pferde näher an die Uferböschung heran und blickte nach Osten, wo der neue Tag mit einem prächtigen Morgenrot heraufzog. »Woran niemand mehr geglaubt hat, hat sich erfüllt«, sagte er entschieden. »Was daraus wird, liegt in Asnars Händen. Horus ist mit der frohen Kunde bereits auf dem Weg zur Festung und nach Sanforan. Auch wir sollten nun zurückreiten.«
     
     
     
    Die ersten Sonnenstrahlen fanden Abbas im Schatten eines niedrigen Gebäudes auf der Nordseite des Tempelhügels. Im Schutz der Dämmerung war er dem Uzoma unauffällig gefolgt und beobachtete nun aus sicherer Entfernung, wie der Krieger Maylea zu einem flachen Gebäude trug, das wie ein Kerker anmutete. Statt Fenstern hatte es nur schmale Belüftungsschlitze, und vor dem einzigen Zugang stand ein verschlafen wirkender Wachposten, der dem Krieger soeben die Tür öffnete. Mit der besinnungslosen Wunand auf den Armen ging er hinein und kam kurz darauf ohne sie wieder. Er wechselte noch ein paar Worte mit dem Posten und eilte dann mit großen Schritten davon.
    Als er hinter der Hügelkuppe verschwunden war, machte sich Abbas bereit. Die drei Küchenmesser in der Hand, lehnte er sich mit dem Rücken an die rissige Lehmmauer. Die Augen geschlossen, die Messer angriffsbereit in der Hand, atmete er tief durch und sammelte sich.
    In Sanforan galt er unter dem Küchengesinde als unangefochtener Meister im Messerwerfen. Seit vielen Wintern hatte er kein Ziel mehr verfehlt. Doch diese Messer waren ihm fremd, die Klingen kürzer, die Stiele klobiger als die in Sanforan. Und diesmal war es kein Wettkampf. Diesmal hatte er nur einen Versuch. Wenn der erste Wurf das Ziel verfehlte, war alles verloren.
    Es wird dir gelingen!, sprach er sich in Gedanken Mut zu. Ein Messer ist ein Messer. Tu es für Maylea!
    Ein letztes Mal schöpfte er Atem, dann trat er mit einem großen Schritt um die Ecke des Gebäudes. Der Wachtposten hob den

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