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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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seltsam verzerrt, als erreichten sie Vhara aus weiter Ferne, und zeugten davon, dass der Geist des Uzomas noch nicht wieder in seinen Körper zurückgekehrt war.
    »Das weiß ich«, murmelte Vhara verdrießlich. »Ein Lagarenreiter hat mir bereits die Botschaft überbracht. Was ist mit dem Angriff auf das Heer?«
    »Von Lemrik kommen Reiter«, fuhr der Heiler mit seinem monotonen Bericht fort.
    »Reiter?« Die Hohepriesterin horchte auf. »Ich denke, es ist alles zerstört?«
    Der Uzoma schloss für wenige Herzschläge die Augen, als wollte er sich an etwas erinnern, und öffnete sie dann wieder, um erneut in die Ferne zu starren.
    » Sie ist dabei.«
    »Sie!« Vhara stieß einen zischenden Laut aus. »Ich hätte nicht gedacht, dass die Elbenbrut schon so nahe am Pass ist. Was siehst du noch?«
    »Einen See … verbrannte Erde … tote Krieger.«
    »Ah, das ist der Lagerplatz, von dem der Lagarenreiter sprach.« Ein dämonisches Lächeln umspielte Vharas Lippen. »Gut. Sehr gut! So ist auch dieser Angriff erfolgreich gewesen.« Sie rieb sich die Hände. »Die Vereinigten Stämme haben die Schlacht schon so gut wie verloren, sie wissen es nur noch nicht. Sobald die letzten Lagaren gezähmt sind, werden wir die Festung am Pass angreifen. Den flüssigen Feuern des Wehlfangs vermag nichts Stand zu halten.« Sie lachte hämisch, während sie im Geiste bereits den Augenblick des Triumphs durchlebte. »Sie werden um Gnade winseln wie räudige Hunde!«
    »Ehrwürdige Vhara, vergesst Ihr dabei nicht etwas sehr Wichtiges?« In die Augen des Uzomas war das Leben zurückgekehrt, und er maß die Priesterin mit zweifelndem Blick.
    »Wer bist du, dass du es wagst, mich zu belehren?«, herrschte Vhara ihn an, die genau wusste, worauf der Seher anspielte. »Kümmere dich um deine Mahoui-Knochen, alter Mann. Alles andere überlass getrost dem Whyono und mir. Der Elbenspross stellt keine Gefahr für uns dar. Sie wird diese Gefilde nie erreichen, dafür habe ich längst gesorgt.«
     
     
     
    Maylea hockte auf einer Anhöhe im Schutz niedriger Brombeersträucher, lauschte den Geräuschen der Nacht und starrte in die Dunkelheit über dem Imlaksee. Die Monde hatten sich hinter einer Wolkenbank verkrochen, die am frühen Abend von Westen herangezogen war und den Himmel nun wie ein düsterer Mantel bedeckte.
    Die Finsternis verbarg gnädig den schrecklichen Anblick der verkohlten Körper. Nur der allgegenwärtige Schwefelgeruch erinnerte noch daran, was sich hier zugetragen hatte.
    In der Ferne heulte ein Wolf.
    Maylea erschauerte. Die verbrannte Haut ihres Gesichts schmerzte. Die Knie dicht an den Körper gezogen, kauerte sie sich zusammen und bemühte sich, mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Die grauenhaften Bilder des Erlebten verfolgten sie gnadenlos; ihr Atem ging schnell und stoßweise, und das Herz hämmerte so laut in der Brust, dass sie glaubte, es könne sie verraten. Zweimal flatterte etwas ganz nah an ihrem Versteck vorüber, pfeilschnelle Geschöpfe der Nacht, deren rasche Flügelschläge die bedrückende Stille durchbrachen und Mayleas überreizte Sinne peinigten.
    Die junge Wunand schob sich tiefer in den Schutz der dornigen Büsche. Spitze Stacheln verfingen sich in ihren Haaren und ritzten ihr tief in die Haut, doch sie achtete nicht weiter darauf. »Das Heer muss schon sehr nahe sein«, murmelte sie leise vor sich hin, um sich selbst Mut zu machen, und spähte angespannt in die Richtung, aus der die Krieger kommen mussten.
    Die Zeit verrann, und die Lider wurden ihr schwer, aber sie zwang sich, wach zu bleiben und die Augen offen zu halten.
    Nicht einschlafen, ermahnte sie sich in Gedanken. Sie müssen jeden Augenblick kommen. Um sich abzulenken, summte sie leise ein altes Wunandlied, das sie ihren kleinen Schwestern häufig vorgesungen hatte: das Lied von dem Mondkitz, das auf der Suche nach seinem Vater rastlos über den Himmel wandert …
    Und als hätten die Monde sie erhört, teilten sich für einen kurzen Augenblick die Wolken, und der kleine, kupferfarbene Mond sandte sein mildes Licht aufblitzendes Metall in der Ferne.
    Das Heer! Das musste das Heer sein!
    Unter Schmerzen glitt Maylea aus dem Schutz der Büsche hervor, richtete sich auf und blickte in die Ferne. Aber der Mond war bereits wieder hinter der Wolkenbank verschwunden und hatte sein Licht mitgenommen. Dort, wo sie eben noch die Rüstungen zu sehen geglaubt hatte, war nun alles dunkel. Nichts regte sich auf den sanft gewellten Hügeln im Süden, über

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