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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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gehalten, dass auch Keelin dabei war. Zitternd hob sie die Hand und berührte die Wange des Falkners, während sie bangend darauf wartete, dass auch er sich, wie zuvor der Arnad, einfach in Luft auflöste.
    Aber Keelins Antlitz verschwand nicht. Nicht, als sie sanft über seinen Kinnbart strich, und auch nicht, als er zärtlich ihre Hand ergriff.
    »Ich bin da.« Worte, so schlicht und doch so wertvoll, dass es Ajana die Sprache verschlug. Die Trauer um Abbas rückte für einen Augenblick in den Hintergrund, während alle Enttäuschung und alle Wut, die sie jemals auf Keelin empfunden hatte, zu einem winzigen Etwas zusammenschrumpften, das sie aus ihrem Herzens verbannte. Er war da, das allein zählte, und sie klammerte sich an ihn, als hätte es den Streit und die hässliche Szene am Stall nie gegeben.

 

     
     
     
     
     
    Jarmil lenkte den Trupp der verkleideten Streiter nach Norden. Der Marsch führte sie aus dem sumpfigen Dschungel hinaus in ein flaches, dicht bewaldetes Hügelland. Der Weg wurde breiter und sonniger, das Land ringsumher trockener, und die lästigen Insekten, die die feuchtwarmen Gefilde liebten, blieben hinter ihnen zurück.
    Yenu bekam von alledem kaum etwas mit. Sie war erschöpft und vermochte sich nur mit größter Mühe auf dem Rücken des Tarpans zu halten, den Jarmil ihr gegeben hatte.
    Nachdem Miya den Banbuck-Rausch beim höchsten Sonnenstand endgültig überwunden hatte, hatte der Anführer der Streiter Callugars es den beiden Hedero frei gestellt, sie in die Tempelstadt zu begleiten oder ihrer eigenen Wege zu gehen.
    »Dies ist nicht euer Kampf«, hatte er ohne einen Vorwurf in der Stimme zu ihnen gesagt und hinzugefügt: »Ihr habt genug gelitten. Ihr seid frei.«
    Miya, die schon so lange davon träumte, sich den Streitern anzuschließen, hatte das Angebot entschieden abgelehnt. Sie war stolz und glücklich, nun endlich gemeinsam mit den anderen gegen die Unterdrücker kämpfen zu können.
    Yenu hatte zunächst gezögert. Sie war keine Kriegerin und fürchtete sich vor dem, was sie in der Tempelstadt erwarten mochte. Aber dann hatte sie erfahren, dass die Streiter planten, eine Felis zu befreien, die als Höhepunkt des Festes durch ein Gottesurteil hingerichtet werden sollte … jene Felis, die sie verraten hatte.
    Die Nachricht hatte ihr die Entscheidung abgenommen. Zu dem Hass auf die Priesterin, die sie so schändlich betrogen hatte und Wilnu, ihren geliebten Gefährten, hatte meucheln lassen, mischten nun sich auch Schuldgefühle. Dass die Felis hingerichtet wurde, war ihre Schuld. Sie allein trug die Verantwortung dafür, wenn der Mythos der unbesiegbaren Katzenwesen für immer zerstört wurde – ein Makel, der sie ihr ganzes Leben lang verfolgen würde.
    Beseelt von dem Wunsch, das angerichtete Unheil und die Fehler der Vergangenheit zumindest ein wenig wieder gutzumachen, hatte sie sich entschlossen, bei den Streitern zu bleiben. Jarmil hatte ihre Entscheidung akzeptiert. Wie selbstverständlich hatte er ihr ein Messer gereicht und ihr einen Tarpan besorgt, auf dem sie reiten konnte.
     
    Der Marsch hatte am frühen Nachmittag begonnen und zog sich bis zum Abend hin. Yenu spürte, dass ihre Kräfte rasch schwanden, aber sie klagte nicht und hielt sich tapfer auf dem Rücken des Tarpans. Als die Nacht hereinbrach und Jarmil endlich das Zeichen für die Rast gab, brach sie zusammen und schlief auf der Stelle ein, noch ehe Miya ihr ein Lager bereiten konnte.
    Sie schlief sehr unruhig. Immer wieder schreckte sie aus wirren Albträumen auf Mal kniete sie vor einem blutigen Opferstein, während neben ihr eine Priesterin stand, die das Gesicht einer Felis trug. Dann wieder erwachte sie aus Träumen, die sich um ihre Flucht drehten und in denen sie um ihr Leben rannte, gehetzt von einem namenlosen Grauen, das sie zwar hinter sich spüren, aber nicht sehen konnte. Jedes Mal dauerte es lange, bis sie sich bewusst wurde, dass sie nur geträumt hatte, und noch länger, bis sie wieder einschlief, nur um in die Fänge des nächsten Albtraums zu geraten.
    In ihrem letzten Traum durchlebte sie noch einmal den Augenblick, da sie Wilnu tot in der Höhle fand, mit all dem Grauen, das sie damals empfunden hatte.
    Der entsetzliche Anblick brachte sie in die Wirklichkeit zurück. Schlagartig war sie wach, setzte sich auf und sah sich um. Über den Wipfeln der Bäume dämmerte es bereits. Die Feuer waren erloschen. Nebel hing zwischen den Bäumen, die Luft war kühl und feucht. Es war still,

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