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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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so still, dass sie ihren eigenen Herzschlag hören konnte.
    Yenu ließ den Blick über die Gestalten der schlafenden Rebellen schweifen, die sich zu beiden Seiten des Wegs niedergelegt hatten. Etwas abseits stand einsam ein Posten, ein verschwommener Schatten im Nebel.
    Yenu fröstelte und wickelte die Decke enger um ihre Schultern. Es war seltsam, als Einzige wach zu sein, aber es war immer noch besser, als erneut einen Albtraum zu durchleben. Sie beschloss zu warten, bis auch die anderen erwachten, starrte in die Nebel und beobachtete, wie das erste Grau des Morgens langsam an Helligkeit gewann. Ihr Leben hatte innerhalb kürzester Zeit eine geradezu unglaubliche Wandlung erfahren. Sie war zum Tode verurteilt worden und geflohen, hatte dem Tod durch Urwargift getrotzt und war dem Schicksal des Menschenopfers entgangen.
    Und nun bin ich auf dem Weg in die Tempelstadt, um an der Seite der Rebellen zu kämpfen. Yenu lächelte versonnen. Welch seltsame Wege das Leben doch manchmal ging.
    Ein leises Rascheln irgendwo im Dickicht hinter ihr ließ sie aufhorchen. Aufmerksam wandte sie den Kopf und lauschte. Da war es wieder: Zweige knackten, und Blätter raschelten unter huschenden Schritten. Jemand näherte sich. Yenu hielt den Atem an und starrte in das Dickicht.
    Am Himmel trieb die aufgehende Sonne gerade die letzten Reste der Dunkelheit davon, doch hier am Waldboden hielt sich noch immer zäher Nebel. Es war schwer, etwas zu erkennen. Doch dann sah sie es: einen Schatten, der sich geduckt und nahezu lautlos durch das Unterholz bewegte.
    Ein Angreifer! Instinktiv wanderte Yenus Hand zu dem Messer, das Jarmil ihr gegeben hatte. Ihr Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an. Wer immer sich heimlich näherte, konnte kein Freund sein.
     
     

    ***
     
    Ajana schlief den ganzen Tag hindurch. Keelin, Inahwen und Kruin in der Nähe zu wissen schenkte ihr zum ersten Mal auf dieser Reise das Gefühl, in Sicherheit zu sein, und so gab sie sich ganz der Erschöpfung hin, die nun, nachdem sie fast verdurstet war, übermächtig von ihr Besitz ergriff. Sie bekam nicht mit, wie die anderen von Abbas Abschied nahmen und seinen Leichnam im Wüstensand bestatteten. Sie bemerkte nichts von Keelins Verzweiflung, der bei aller Freude über das Wiedersehen mit ihr doch schmerzlich um den geliebten Freund trauerte und nicht mehr von ihrer Seite wich, aus Furcht, sie auch noch zu verlieren.
    Nur selten erwachte sie aus ihren Träumen, die sie zurück zu den Ereignissen glücklicherer Tage führten, wo Hunger, Durst und Tod keine Rolle spielten und die erfüllt waren von Geborgenheit und Liebe. Noch einmal erlebte sie Keelins ersten Kuss im Tal der Vaughn, beobachtete ihn, wie er mit Horus eins wurde, und ritt an seiner Seite auf der Steilküste nahe Sanforan, während sich tief unter ihnen die Wellen des schwarzen Ozeans donnernd an den Klippen brachen.
    Wann immer sie die Augen aufschlug, fürchtete sie, Keelins Gegenwart hier in der Wüste nur geträumt zu haben, und suchte nach ihm. Aber immer fand sie ihn an ihrer Seite, spürte, wie er tröstend ihre Hand ergriff, und ließ sich auf den sanften Wogen des Schlafs erneut davontragen.
    Irgendwann wich die Erschöpfung einer bleiernen Müdigkeit, und als der Abend nahte, fühlte sie sich wieder so weit bei Kräften, dass es ihr schwer fiel, noch einmal einzuschlafen. Sie sehnte sich danach, mit Keelin zu sprechen, und wünschte sich verzweifelt, den Weg fortsetzen zu können. Aber sie wusste auch, dass sie dies nun nicht mehr allein zu entscheiden hatte. Inahwen und die anderen würden Erklärungen von ihr verlangen – Erklärungen, die sie noch nicht bereit war zu geben. Sie würden sie ermahnen, vernünftig zu sein, und versuchen, sie zur Umkehr zu bewegen. Vielleicht würden sie auch Druck auf sie ausüben oder, schlimmer noch, sie zur Umkehr zwingen.
    Ajana wusste, dass sie für eine solche Auseinandersetzung noch nicht bereit war. So sehr sie sich auch darüber freute, dass Keelin ihr gefolgt war und sich zu ihr bekannte, eine Umkehr kam für sie nicht in Frage. Abbas hatte sein Leben gegeben, damit sie ihr Ziel erreichte. Nichts und niemand würde sie jetzt noch davon abbringen, nach Andaurien zu reiten. So blieb sie ruhig liegen, hielt die Augen geschlossen und stellte sich schlafend, während die anderen mit dem schwindenden Licht allmählich munter wurden. Es dauerte nicht lange, da kam Inahwen, sie zu wecken. Doch die befürchteten Fragen und Vorwürfe blieben

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