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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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ihr in den Sinn, die Gefangennahme durch die Uzoma und das, was darauf folgte …
    Energisch schob Ajana die Erinnerung an Angst und Folter beiseite und ritt schnell weiter, als könne sie damit auch das beklemmende Gefühl hinter sich lassen, das die schrecklichen Bilder in ihr hervorriefen.
    Ihre Hoffnung erfüllte sich nicht. Je mehr das Licht schwand, je höher die Nebel stiegen, desto größer wurde auch ihre Angst.
    Auf einem Hügel ließ sie die Stute anhalten und hielt über den Nebel hinweg Ausschau nach etwas, das ihr Mut machen könnte: dem Licht einer menschlichen Behausung, dem Lagerfeuer eines Händlers, der auf dem Weg zum oder vom Pass in der Nähe sein Nachtlager aufgeschlagen hatte … irgendetwas, das ihr die Sicherheit gab, nicht allein zu sein. Aber wohin sie auch blickte, überall sah sie nur Düsternis und wogende Nebel.
    Dann hörte sie den Schrei eines Falken.
    Horus?
    Ob sie nach mir suchen? Der Gedanke kam ihr ganz unvermittelt. Gewiss war ihr Verschwinden in Sanforan längst bemerkt worden, und man sorgte sich um sie. Daran, dass man einen Falken schicken könnte, nach ihr zu suchen, hatte sie noch gar nicht gedacht. Sie presste die Lippen zusammen und schalt sich eine Närrin, dass sie es in ihrer Wut versäumt hatte, den Himmel nach den Kundschaftervögeln abzusuchen.
    Der Ruf des Falken ließ das Gefühl der Dringlichkeit erneut in ihr aufflammen. Sie würde nicht nach Sanforan zurückkehren, dessen war sie sich sicher, aber sie fühlte sich auch niemandem Rechenschaft schuldig. Sie hatte ihre Aufgabe in Nymath erfüllt, nicht mehr und nicht weniger. Was sie von nun an tat, ging niemanden etwas an.
    Wieder schrie der Falke, spitz und pfeifend. Und diesmal schien er ganz nah. Ajana schaute sich um, aber es war schon zu dunkel und zu neblig, um etwas am Himmel zu erkennen.
    Vermutlich ist er auf dem Rückweg nach Sanforan, beruhigte sie sich selbst. Sie wusste um die eingeschränkte Sicht der Vögel in der Dunkelheit und auch, dass sie nachts nur selten flogen, aber seltsamerweise beruhigte es sie nicht. Im Gegenteil, der Drang, möglichst schnell eine große Entfernung zu Sanforan zurückzulegen, wurde immer größer.
    Die Stute hatte angefangen zu grasen. Ajana zog die Zügel an und schnalzte leise mit der Zunge. Nur unwillig trennte sich das Pferd von den kurzen, saftig grünen Halmen, die unter dem welken Gras hervorschauten. Es schnaubte und schüttelte die weiße Mähne, aber es sträubte sich nicht. Folgsam ließ es sich den Hügel hinabführen, hinein in die wogenden Nebel.
    Sie waren den Hang noch nicht einmal zur Hälfte heruntergeritten, als Ajana über den Nebel hinweg einen winzigen hellen Lichtpunkt entdeckte, der weit im Norden aufflackerte.
    Ein Feuer?
    Der Gedanke an Nahrung und Wärme ließ ihr Herz höher schlagen. Sie war jedoch klug genug, Vorsicht walten zu lassen. Den Feuerschein fest im Blick, lenkte sie die Stute auf den Weg zurück und hielt auf das Lagerfeuer zu. Zwar verschluckte der Nebel in den Niederungen das Licht, von den Anhöhen aus war es jedoch noch gut zu erkennen. Bald wurde ihr klar, dass sich das Lagerfeuer unmittelbar am Wegesrand befinden musste.
    Zu gern wäre Ajana sofort dorthin geritten, mahnte sich aber zur Vorsicht. Sie hatte keine Lust, mitten in das Nachtlager jener Krieger hineinzustolpern, vor denen sie sich zuvor verborgen hatte, und wollte auch nicht riskieren, irgendwelchen Reisenden in die Arme zu laufen, von denen sie nicht wusste, wie viele es waren oder welche Absichten sie hegten. Auch in Friedenszeiten, das hatte sie in Sanforan schmerzlich erfahren müssen, lungerte in Nymath noch genügend übles Pack herum, dem man im Dunkeln besser aus dem Weg ging.
    Als sie sich dem Feuer bis auf wenige hundert Meter genähert hatte, glitt sie vom Rücken ihres Pferdes und führte es auf dem grasbewachsenen Streifen neben dem Weg am Zügel. Immer wieder hielt sie inne und lauschte auf Stimmen, doch der dichte Nebel schien alle Geräusche zu verschlucken.
    Aus Sorge, das Pferd könne sie durch ein Schnauben verraten, band sie die Stute schließlich an einem niedrigen Busch fest. »Sei jetzt ganz still!«, flüsterte sie dem treuen Tier zu, strich ihm sanft über die Nüstern und schlich allein auf das Lagerfeuer zu.
    Im flackernden Lichtschein glaubte sie eine Gestalt am Feuer zu erkennen. Sie kehrte ihr den Rücken zu und saß so reglos da, als schliefe sie. Die Konturen waren im Nebel nur schwer auszumachen. Es sah jedoch ganz so aus, als

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