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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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durchquerten Ajana und Abbas den Arnad an einer Furt und zogen nach Norden, bis die Sonne so hoch stand, dass das Fortkommen zur Qual wurde. Wie schon auf dem Weg zu den Orma-Hereth, harrten sie auch diesmal während der Hitze des Tages im spärlichen Schatten einer Sanddüne aus, schiefen ein wenig, aßen und tranken, um weiterzuziehen, kaum dass sich die Sonne dem Horizont zuneigte.
    In der kalten Wüstennacht kamen sie gut voran. Die Pferde liefen kraftvoll, und die Sterne wiesen ihnen sicher den Weg nach Norden. Sie sahen keinerlei Anzeichen von Leben, bemerkten weder Mensch noch Tier und trafen weder auf Lagaren noch auf Talpungas – sie waren allein und fühlten sich auf bedrückende Weise verloren inmitten dieses trockenen Ozeans aus rotem Sand.
    Das Gefühl der Verlorenheit wurde stärker, je weiter sie sich entfernten. Ihnen war nur zu bewusst, dass sie sich Schritt für Schritt einer ungewissen Zukunft näherten.
    Die Unsicherheit begleitete sie drei Nächte hindurch, dann wurde sie von anderen Sorgen verdrängt. Das Wasser ging zur Neige. Anders als die genügsamen Talpungas, die ihnen bei ihrem letzten Ritt durch die Wüste als Reittiere gedient hatten, schienen die Pferde ständig durstig zu sein. Zwar hatten Ajana und Abbas die Wasserschläuche am Arnad noch einmal prall gefüllt, aber die Pferde schwitzten stark und mussten ständig saufen.
    Angesichts des drohenden Wassermangels erschien es ihnen fast wie ein Wunder, als sie im ersten Licht des vierten Morgens am Horizont die Umrisse einer kleinen Oase entdeckten. Es war nicht mehr als ein dunkler Flecken vor dem Hintergrund der Wüste, doch genügte allein der Anblick, um ihnen neuen Mut zu geben und die Pferde noch einmal anzutreiben.
    Und wieder hatten sie Glück. Ehe die Hitze unerträglich wurde, ritten sie in den willkommenen Schatten der Palmen, die sich rings um einen kleinen See wie ein Bollwerk der Natur gegen die zerstörerische Kraft der Nunou behaupteten.
    Die Pferde witterten das Wasser und waren nicht mehr zu halten. Ein kurzer Galopp brachte sie an das Ufer des Sees, wo sie mit langen Zügen zu saufen begannen. Ajana und Abbas zögerten nicht, saßen ab und taten es ihnen gleich.
    Das Wasser war kühl und erfrischend. Nach dem warmen und abgestandenen Vorrat aus den Wasserschläuchen erschien es Ajana geradezu köstlich. Als sie den Durst gestillt hatte, schöpfte sie sich mit den Händen Wasser ins Gesicht, löste das Haarband und tauchte den Kopf vorsichtig in das kühle Nass, um Sand und Staub aus ihren Haaren zu spülen.
    Danach fühlte sie sich wie neu geboren. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, welches Glücksgefühl der Genuss von sauberem Wasser in einem Menschen hervorrufen konnte. Und obwohl es ihr unsäglich fern erschien, musste sie daran denken, wie vielen Menschen in ihrer Welt dieses Erlebnis versagt blieb.
    Ich werde wohl so manches mit anderen Augen sehen, wenn ich heimkomme, dachte sie und überlegte, ob sie sich wohl sehr verändert hatte. Ganz sicher hatten sie die Erlebnisse in Nymath geprägt, doch wie, vermochte sie nicht zu beurteilen.
    Sie werden es mir schon sagen, wenn ich wieder zu Hause bin, dachte sie bei sich. Um sich abzulenken, machte sie sich daran, ihr Pferd abzusatteln. Danach füllte sie gemeinsam mit Abbas die leeren Wasserschläuche auf und half ihm, die schwindenden Vorräte durch Früchte zu ergänzen, die an den Bäumen und Sträuchern rings um den See wuchsen, ehe sie sich im Schatten einer Palme auf den Boden setzte, um auszuruhen und etwas zu essen.
    Abbas hatte eine Knochenflöte aus seinem Bündel genommen und spielte eine traurige Melodie. Ajana kannte sie nicht, aber sie klang so schön, dass sie den Tönen ergriffen lauschte.
    »Das war wunderschön«, sagte sie bewundernd, als Abbas die Flöte beiseite legte. »Gibt es dazu auch ein Lied?«
    »Ja, das gibt es.« Abbas nickte. »Aber es ist ein trauriges Lied. Es erzählt von einer Wunand, die sich dereinst unsterblich in einen Onur verliebte. Doch der Onur verschmähte sie, und so nahm sie sich aus Kummer selbst das Leben. Die Frauen in meiner Heimat mögen es sehr. Ich könnte es für Euch singen, fürchte aber, meine Stimme wird Euch nicht erfreuen.« Er schnitt eine Grimasse. »Ich war nie ein guter Sänger.«
    »Das macht nichts.« Ajana winkelte die Beine an und schlang die Arme um die Knie. »Ich habe die Traurigkeit auch ohne Worte gespürt.« Sie warf einen sehnsuchtsvollen Blick nach Süden. Irgendwo dort, nur

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