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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Purkabaums.
    Eins!
    Faizah nahm alle Kraft zusammen und wagte den ersten Schritt. Die Brücke schwankte erneut, doch diesmal stieg das Gefühl der Angst nicht mehr überraschend in ihr auf, und der Schrecken war nicht mehr so heftig.
    Zwei, drei, vier …
    Schritt um Schritt tastete sie sich voran, die Hände wie Klauen um die Seile gekrallt, die Füße mit jedem Schritt auf der Suche nach sicherem Halt.
    »Fünfundzwanzig, sechsundzwanzig, siebenundzwanzig …« Mit bebenden Lippen zählte sie leise jeden Schritt. Nur nicht nachdenken, nicht überlegen und nicht zweifeln an dem, was sie tat.
    »… einundvierzig, zweiundvierzig …«
    Sie konnte die Rinde des Purkabaums schon erahnen. Vermutlich hatte sie die Hälfte der Hängebrücke überwunden.
    »… fünfzig!«.
    Faizah spürte, wie sich der Ring aus Furcht langsam löste, der ihr den Atem raubte. Nur noch wenige Schritte, dann war sie in Sicherheit. Für den Bruchteil eines Augenblicks kam ihr der Gedanke, das letzte Stück schnell und in großen Sätzen zurückzulegen, doch sie blieb besonnen und unterdrückte ihre Ungeduld.
    »Einundfünfzig, zweiundfünfzig …« Langsam zählte sie weiter.
    Am Ende waren es achtundsechzig Schritte, die die beiden Seiten der Schlucht voneinander trennten. Achtundsechzig Schritte! Nicht einmal ein Bruchteil des Wegs, den sie allmorgendlich zurücklegte, um Kilvarbeeren zu sammeln, und doch erschien er ihr so unendlich weit, dass sie glaubte, ein ganzes Leben läge zwischen den beiden Felswänden.
    Geschafft!
    Faizah schloss die Augen, lehnte sich mit dem Rücken an die raue Rinde des Purkabaums und sog die kühle Nachtluft tief in ihre Lungen, während sie darauf wartete, dass sich ihr hämmernder Herzschlag beruhigte. Gern hätte sie noch eine Weile so verharrt und darauf gewartet, das auch die letzten Anzeichen der Furcht aus ihren Gliedern wichen, doch die Sorge, dass der Abstand zu den Fremden bedenklich angewachsen war, ließ ihr keine Ruhe.
    Als der große Mond wenig später sein silbernes Licht durch die schwindende Wolkendecke sandte, vergewisserte sie sich kurz, ob La auch wieder in die Schultertasche geklettert war. Dann machte sie sich auf den Weg, in der Hoffnung, die Fremden noch einzuholen.
     
    Mildes Licht erhellte den schmalen Pfad, der sich von der Brücke entlang der Hänge auf eine schroffe Felswand zuschlängelte, die sich wie ein schwarzer Riese dem nächtlichen Himmel entgegenreckte. Es gab keine Weggabelung und keine plötzliche Richtungsänderung. Hier war nur dieser eine Weg, und obwohl Faizah es nie gelernt hatte, Spuren zu lesen, erkannte sie im spärlichen Mondlicht Stiefelabdrücke im lockeren Sand. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie auf dem richtigen Weg war.
    Den Spuren folgend, eilte Faizah durch das Unterholz, immer darauf bedacht, sich nicht durch auffällige Geräusche zu verraten. Die Nacht schritt voran, und sie musste damit rechnen, dass sich die Fremden irgendwo im Schutz der Felsen eine Rast gönnten.
    Immer wieder hielt sie inne und lauschte in die Dunkelheit hinein. Doch die Schatten blieben stumm. Nichts deutete darauf hin, dass die Fremden in der Nähe waren. Längst hatte sie die Felswand erreicht – eine gewaltige steile Klippe –, die sich so finster und bedrohlich über ihr erhob, wie es die Wände des Wehlfangs einst getan hatten.
    Die Wände des Wehlfangs … Wie in den Träumen, die sie des Nachts heimsuchten, tauchten plötzlich die Bilder der Vergangenheit vor ihrem geistigen Auge auf. Wie schon so oft sah sie den halbwüchsigen Kurvasa vor sich, der auf dem rutschigen Pfad ausgeglitten war, und wurde aufs Neue Zeuge des grauenvollen Augenblicks, da er sich im Fallen die lederne Haube von Kopf riss und sie mit einer Mischung aus Unglauben und Flehen anstarrte. Und wie in ihren Träumen glaubte sie auch diesmal wieder das grauenhaft zischende Geräusch zu hören, mit dem sein Körper in den Fluten verdampfte …
    »Beim Barte des Asnar, pass doch auf!« Es war die Stimme des Katauren, die sie aus den Fängen des Albtraums befreite. »Wenn du mit dem Wasser weiterhin so nachlässig umgehst, wirst du verdursten, ehe wir das erste Vorratslager erreichen.«
    »Verzeiht, Heermeister. Das wollte ich nicht.« Die weibliche Stimme war deutlich leiser und klang beschämt. »Das nächste Mal werde ich vorsichtiger sein.«
    »Ja, schon gut«, hörte Faizah den Katauren unwirsch antworten. »Das Feuer ist ja nicht erloschen.«
    Ich habe sie eingeholt! Faizahs Herz tat vor

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