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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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grinsende, feiste Männer, die sie festhielten. Erinnerungen an unsägliche Schmerzen, an ihre eigenen Schreie und an die Erkenntnis, dass es kein Entkommen gab. Man hatte sie benutzt und geschändet, gefoltert und gedemütigt. Man hatte sie bis zur Bewusstlosigkeit gequält und noch darüber hinaus und sie dann wie ein Stück Dreck in den Wüstensand geworfen, ohne ihre Wunden zu versorgen.
    Die Erinnerungen peitschten die Flammen des Hasses erneut in die Höhe und verdrängten die Furcht aus ihren Gliedern. Entschlossen trat sie an den Abgrund, doch diesmal blickte sie nicht hinunter. Sie biss die Zähne zusammen und zwang sich, zur anderen Seite der Schlucht hinüberzublicken, dorthin, wo die Brücke fünfzig, vielleicht auch sechzig Schritte entfernt an dem dicken Stamm eines knorrigen Purkabaums gesichert war.
    Plötzlich spürte sie ein vertrautes Pieken auf dem Rücken. Es war La, der sich nach einem ausgedehnten Schläfchen aus der Schultertasche befreit hatte, und sich nun daran machte, seinen Lieblingsplatz auf Faizahs Schulter mit Hilfe seiner winzigen scharfen Krallen zu erklimmen.
    »Bleib lieber in der Tasche«, ermahnte Faizah ihn. »Jetzt wird es gefährlich.«
    Doch La schien keine Höhenangst zu kennen. Im Gegenteil. Mit einem kurzen Laut sprang er von Faizahs Schulter und lief mit großen Sätzen, die man ihm ob seiner geringen Körpergröße kaum zugetraut hätte, auf die Brücke zu.
    »Komm zurück!« Faizahs Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Sie wusste nicht, wie weit ihr die Fremden schon voraus waren, und wagte daher nicht, laut zu rufen. Doch selbst ein Schrei hätte La nicht zurückgehalten. Ohne sich auch nur einmal nach Faizah umzublicken, lief das Baumhörnchen auf die Brücke hinaus und setzte mit traumwandlerischer Sicherheit darüber hinweg.
    Faizah blickte ihm verblüfft nach. So eigenwillig hatte sie ihren pelzigen Freund bisher noch nicht erlebt. Dass er nicht auf sie gehört hatte, ärgerte sie, aber sein Beispiel machte ihr auch Mut. »Du kannst es!«, sagte sie zu sich selbst. »La und die Fremden haben es schließlich auch geschafft.« Ohne den Blick von dem Purkabaum abzuwenden, hob sie die Arme und griff nach den Halteseilen. Drei Herzschläge verstrichen, dann schob sie ihren bloßen Fuß tastend vorwärts, bis sie die rauen Fasern des dicken Seils unter den Zehen spürte.
    Geh voran!, spornte sie sich selbst in Gedanken an, dennoch verstrichen noch einmal Dutzende von Herzschlägen, ehe sie es wagte, den Fuß ganz auf den schwankenden Boden der Brücke zu setzen.
    Das Seil gab leicht nach.
    Faizah schloss die Augen, beugte den Oberkörper etwas nach vorn und schob die Hände an den Halteseilen vorwärts. Es war tröstlich zu wissen, dass ihr linker Fuß noch immer festen Boden unter sich hatte. Sie zögerte, den sicheren Grund zu verlassen. In Gedanken schalt sie sich einen Feigling und rief sich in Erinnerung, dass sich der Abstand zu den Verfolgten mit jedem Augenblick des Zögerns immer weiter vergrößerte, doch die Vernunft tat sich schwer, die Angst vor dem Abgrund zu überwinden.
    Geh!
    Faizah atmete schwer und biss erneut die Zähne zusammen.
    Geh endlich!
    Tränen drangen durch ihre geschlossenen Lieder. Es war schwer, so unendlich schwer, und sie schämte sich für ihre Furcht.
    Noch einmal atmete sie tief durch, dann nahm sie allen Mut zusammen und löste den Fuß von der Felskante.
    Der Boden schwankte, die Halteseile schwankten, und Faizah schwankte mit ihnen. Ihre nackten Zehen krallten sich in das faserige Geflecht, und ihre Hände hielten die Halteseile fest umklammert, während sich das Gefühl, jeden Augenblick das Gleichgewicht zu verlieren, wie ein eiserner Ring um ihre Brust legte. Jeder Atemzug wurde zur Qual. Keuchend balancierte sie auf dem Seil, rang mit ihren Ängsten und wartete darauf, dass sie in den Abgrund stürzte.
    Nach endlosen Augenblicken ließ das Schwanken endlich so weit nach, dass Faizah es wagte, die Augen zu öffnen.
    Um sie herum war es noch dunkler geworden. Die Berge schienen wie schwarze Giganten vor dem wolkenverhangenen Himmel zu drohen, und die Nebel am Grund der Schlucht waren nur noch als feine Gespinste zu erkennen, die sich wie Schleier über den bodenlosen Abgrund breiteten.
    Der bodenlose Abgrund … Faizah spürte, wie ihr eine neue Woge von Furcht entgegenschlug. Schau voraus!, ermahnte sie sich selbst in Gedanken und richtete den Blick schnell wieder auf die schwarzen Umrisse des knorrigen

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