Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin
Gruppe gesellten, um auch ihnen kurz den Inhalt der Botschaft zu erläutern. »Ferner hat Gathorion Falken ausgesandt, die die Nachricht über die drohende Gefahr im ganzen Land verbreiten sollen. Der Hohe Rat in Sanforan ist bereits unterrichtet.« Wieder verstummte er, aber Ajana spürte, dass er noch nicht alles gesagt hatte. Und so war es auch. »Nun ist also geschehen, wovor uns der Hofschreiber Isben Adu vom Blute der Fath vor vielen hundert Wintern warnte: Die Häscher des dunklen Gottes bedrohen unser Volk.« Mit finsterer Miene blickte Bayard in die Gesichter der Umstehenden. »Und wir sind die Einzigen, die das Unheil noch abwenden können.«
Vhara erwachte mit schmerzenden Gliedern und setzte sich mit gequältem Stöhnen auf. Sie war es nicht gewohnt, auf nacktem Fels zu schlafen, und verfluchte die Ungewissheit, die sie dazu zwang, so lange in den unwirtlichen Höhlen der Orma-Hereth auszuharren, bis die Feuerkrieger ihr Werk vollendet hatten.
Wohin sollte sie auch gehen?
Die Nunou barg viele Gefahren, und Andaurien war zu weit entfernt. Da ihr auch die Lagaren nicht mehr zur Seite standen, die sie auf ihrem Rücken durch die Lüfte hätten tragen können, wäre es sinnlos, sich überhaupt auf den Weg zu machen. Der Kampf gegen die Ungläubigen hatte begonnen. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Verzweiflung der Bevölkerung und die Zerstörungen in Nymath so gewaltige Ausmaße annahmen, dass die Vereinigten Stämme sich ihrer Macht unterwarfen.
In Gedanken sah sie die Angehörigen des Hohen Rates bereits auf Knien vor sich liegen und um Gnade für die von Elend und Hungersnöten gepeinigten Stämme winseln.
Für das Versprechen, die Feuerkrieger zurückzurufen und den verheerenden Bränden Einhalt zu gebieten, würden ihr die Ratsmitglieder in ihrer Verzweiflung alles zubilligen, was sie verlangte, und sie bedingungslos zur alleinigen Herrscherin Nymaths erklären.
Ehe es jedoch so weit war, gab es noch ein paar unbedeutsame Hindernisse zu überwinden.
Ein unergründliches Lächeln huschte über das makellos schöne Gesicht der Hohepriesterin. Sie wusste, dass die Erbin Gaelithils noch nicht in ihre Welt zurückgekehrt war, und hatte bereits Vorkehrungen getroffen, die eine Rückkehr verhindern würden.
Am Ende würde die Verzweiflung in Nymath so übermächtig sein, dass die Ungläubigen das Mädchen freiwillig opfern würden.
Der Tod der Nebelsängerin bedeutete das Ende der magischen Nebel und den Beginn einer neuen Ära, die ganz im Zeichen ihres Meisters – und ihrer Alleinherrschaft – stehen würde.
Vhara lachte in sich hinein. Noch war sie allein, aber die Menschen waren schwach, und es war immer wieder das gleiche Spiel: Sobald erst alle Ratsmitglieder und Elbenführer hingerichtet waren und die Macht in ihren Händen ruhte, würden jene, die sich von ihrer Gefolgschaft einen Vorteil versprachen, sogleich die Seiten wechseln.
Speichelleckerei war eine Eigenschaft, die Vhara zutiefst verachtete, doch wusste sie die Überläufer als Gefolgsleute durchaus zu schätzen. Anders als die zögerlichen und ständig abwägenden Stammesfürsten der Uzoma, war ihr Handeln allein von Gier und Machtstreben geprägt. Sie würden nicht zögern, ihr den Weg zur absoluten Herrschaft mit aller Härte und Brutalität zu ebnen.
Die Hohepriesterin nahm sich die Zeit, in Gedanken noch eine Weile in der verheißungsvollen Zukunft zu schwelgen, und spann den Faden sogar noch ein Stückchen weiter.
Die zahlreichen Hinrichtungen und Blutopfer, die die Zeit des Umbruchs mit sich brächten, würden ihre Kräfte und die ihres Meisters schier ins Unermessliche steigern. Dann würde sie endlich auch den versprochenen Lohn dafür erhalten, dass sie es war, die die letzten Freigläubigen dem Willen ihres Meisters unterworfen hatte: ein eigenes Reich, in dem ihr Menschen und Uzoma gleichermaßen dienten und sie allein bestimmte, wer leben durfte und wer sterben musste.
Dann konnte sie endlich Rache nehmen für all das, was ihr die Menschen vor vielen hundert Wintern angetan hatten. Sie würde sie lehren, was es hieß, eine Siebentgeborene zu verachten und ihr die ersehnte Liebe zu verwehren. Katauren, Onur, Fath und Raiden, Elben und selbst die Uzoma, sie alle würden mit ihrem Blut für die sieben leidvollen Jahre bezahlen, die Vhara als ihre Kindheit in Erinnerung hatte.
Die Rachegedanken lenkten Vharas Aufmerksamkeit von der Zukunft auf ein sehr gegenwärtiges Ereignis. Die Sonne war unter- und
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