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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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in die Ferne schweifen. Die bedrohlichen Rauchsäulen der brennenden Gehöfte, die über den Wäldern aufstiegen, und der rötliche Feuerschein, der allerorts die Nacht erhellte, wurden gnädig von der Dunkelheit verdeckt, aber die Ausdünstungen verbrannten Holzes hingen unverändert in der Luft. Seit der Wind am Morgen gedreht hatte, trug er den Brandgeruch wie eine unheilvolle Mahnung bis zur Festung. Doch hier gab man sich vorbereitet und kämpferisch.
    Beim ersten Licht der Dämmerung hatte Gathorion, Sohn des großen Elbenführers Merdith, alle jene zusammengerufen, die noch in der Festung ihren Dienst taten, und ihnen den Befehl erteilt, unverzüglich alle Feuer innerhalb der Festungsmauern zu löschen. Die Kamine in den Schlafsälen und die Herdfeuer, ja selbst die Fackeln, die die Wege innerhalb der Festung des Nachts erhellten, durften erst dann wieder entzündet werden, wenn Gathorion selbst den Befehl widerrief. Über die empörten Rufe der Versammelten hinweg hatte er überzeugend erklärt, warum diese überaus harten Maßnahmen zwingend notwendig waren, doch konnte er die erregten Gemüter diesmal nicht beruhigen.
    Mitten im Winter hungernd und frierend in einer Festung auszuharren war eine Härte, die nur wenige bereit waren, auf sich zu nehmen. So hatten sich denn auch unzählige Freiwillige gemeldet, den Kriegern um die brennenden Gehöfte herum bei den Löscharbeiten zu helfen. Dort war es wenigstens warm.
    Auf diese Weise hatte die Festung bis zum Abend mehr als die Hälfte ihrer Bewohner verloren und wirkte nun, da die Dunkelheit Einzug gehalten hatte, finster und verlassen. So finster wie Keldas Gedanken und so verlassen, wie sie sich in diesem Augenblick fühlte. Dabei waren es nicht die brennenden Gehöfte und Getreidespeicher, die ihr Kummer bereiteten, als vielmehr die Erkenntnis der ganz persönlichen Niederlage, die sie erlitten hatte.
    Abbas war nicht in der Festung!
    Sie hatte überall gesucht, aber sie hatte ihn nirgends finden können.
    Unmittelbar nachdem sie die Festung erreicht hatte, war sie auf die Suche gegangen. Jeden Krieger und jeden Dienstboten, der ihr über den Weg lief hatte sie nach dem jungen Wunand gefragt und immer nur Schulterzucken oder Kopfschütteln geerntet. Niemand kannte seinen Namen, und niemand schien sich eines Küchenburschen zu erinnern, der ausgezogen war, um im Kampf gegen die Uzoma Ruhm und Ehre zu erringen. Einer der Falkner glaubte sich immerhin an einen Keelin erinnern zu können, der sich mit der Nebelsängerin und einer Hand voll Krieger auf den Weg zum Arnad gemacht haben sollte. Sicher bestätigen konnte er es aber nicht.
    Und wenn Abbas Keelin gefolgt war?
    Der Gedanke ließ Kelda nicht zur Ruhe kommen. Sie wusste, dass kein Heermeister jemals einen Wunandknaben in seinen Dienst nehmen würde, und der Gedanke, dass Abbas sich ausgerechnet einem Spähtrupp angeschlossen hatte, der mitten in feindliches Gebiet führte, erschien ihr doch sehr weit hergeholt. Dennoch lag etwas darin, das sie nicht zur Ruhe kommen ließ.
    »Zuzutrauen wäre es ihm, diesem dummen Esel«, murmelte sie in sich hinein, während sie sich an Abbas’ Worte in der Herdküche der Bastei erinnerte: Wenn ich kein Krieger sein kann, werde ich schon eine andere Aufgabe finden …
    Wenn er sich diese Aufgabe nun selbst gesucht hatte? Wenn er dem Spähtrupp heimlich gefolgt war? Wenn er ohne jegliche Kenntnisse der Umgebung ins Gebirge gegangen war? Wenn er den Uzoma ohne Waffen begegnet war?
    Kelda wagte es nicht, den Gedanken zu Ende zu führen. Vor ihrem geistigen Auge sah sie den schmerzlich vermissten Küchenjungen bereits zerschmettert am Grund einer Schlucht oder von schwarzen Pfeilen durchbohrt sterbend in seinem eigenen Blut am Boden liegen.
    »Schluss mit dem Unsinn!« Mit einer großen Willensanstrengung wischte Kelda die erschreckenden Bilder fort. Dennoch: Etwas in ihr hatte sich verändert. Plötzlich erschien es ihr gar nicht mehr so schlimm, wenn sie erfahren würde, dass Abbas bei der Schlacht um die Festung sein Leben gelassen hatte. Dann konnte sie wenigstens um ihn trauern und Blumen an sein Grab bringen. Es war kein erfreulicher Gedanke, doch endlich Gewissheit zu haben kam ihr in diesem Augenblick fast wie eine Erlösung vor.
    Zur Festung zu reisen war ein Fehler gewesen, das wurde ihr schmerzlich bewusst. Im fernen Sanforan hätte sie wenigstens noch hoffen können, doch hier … Kelda seufzte und barg ihr vom Kummer gezeichnetes Gesicht in den Händen. Statt

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