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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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den Hängen entgegenfegte. Je näher sie dem Pandarasgebirge kamen, desto kälter wurde es. Der eisige Luftzug traf schmerzhaft auf Mayleas ungeschützte Haut. Ihre Lippen waren trocken und aufgerissen, das Atmen fiel ihr schwer. Aber sie beklagte sich nicht. Zitternd vor Kälte kauerte sie sich zusammen und suchte Schutz hinter Oonas schmalem Rücken, während sie das baldige Ende des Ritts herbeisehnte.
    In immer kürzeren Abständen fielen ihr vor Erschöpfung die Augen zu, und sie glitt in einen Dämmerschlaf, der sie Kälte und Schmerzen für kurze Zeit vergessen ließ.
    »Wir haben es gleich geschafft«, hörte sie Oona sagen. »Nur noch ein kurzes Stück, dann wird es wärmer.«
    Wärmer? Unwillig öffnete Maylea die Augen. Doch wohin sie auch blickte, ringsumher schien die Welt nur aus Felsen und Schneefeldern zu bestehen. Angesichts der bis weit in die Täler hinein von Schnee bedeckten Bergriesen, die sich unmittelbar vor ihnen in den Himmel reckten, erschien ihr das Wort Wärme fast wie ein Hohn.
    Maylea schloss seufzend die Augen, lehnte den Kopf wieder an den Rücken der kleinen Reiterin und gab sich erneut den Verlockungen des Schlafes hin. Die wiegenden, weich federnden Bewegungen des Mahoui, an die sie sich zunächst nur schwer hatte gewöhnen können, erschienen ihr längst wie ein Teil ihrer selbst, und sie spürte, wie sie von ihnen davongetragen wurde – in einen Traum, in dem es weder Kälte noch Schmerzen gab.
    Bilder kamen und gingen. Erinnerungen blitzten in ihren Gedanken auf und verblassten wieder, um neuen Anblicken zu weichen. Die Bilder kündeten von Orten und Menschen, nach denen Maylea sich sehnte, von Liebe und Freundschaft und von ihrer Heimat, die so unendlich weit entfernt war. Sie sah das kleine Dorf im Herzen des Mangipohr-Deltas im milden Sonnenschein liegen und ihre Mutter vor einer der Hütten stehen. Die ergraute Frau blickte nach Norden, ganz so, als warte sie auf etwas, und ihr Gesicht war von tiefer Sorge gezeichnet. Bald verblasste die Vision und mit ihr der Anblick des Dorfes, aber Maylea spürte auch weiterhin die wärmenden Sonnenstrahlen auf der Haut.
    Wieder sah sie Licht. Es strömte in gleißenden Strahlen durch die Ritzen einer großen zweiflügeligen Pforte. Dort, wo man den Riegel vermutete, zierten zwei eiserne Ringe die hölzernen Flügel des Tores und luden dazu ein, es zu öffnen. Dahinter waren Stimmen zu hören.
    Vertraute Stimmen!
    Maylea horchte auf. Die Stimmen lachten und sangen, und sie riefen ihren Namen!
    Neugierig bewegte sich die Wunandamazone auf das Tor zu und streckte die Hand nach einem der Eisenringe aus. Als sich ihre Finger um das kühle Metall schlossen, spürte sie eine freudige Erwartung in sich aufsteigen, ein Gefühl des Glücks und des Nach-Hause-Kommens, wie sie es nie zuvor erlebt hatte.
    Sie wollte, nein, sie musste hinein, denn jene, die sie riefen, warteten auf sie. Entschlossen öffnete sie das Tor.
    Das Licht flammte auf und wurde schließlich so grell, dass sie die Augen mit den Händen beschattete. Zunächst sah es so aus, als gäbe es dort nichts als gleißende Helligkeit, doch schon nach wenigen Augenblicken erkannte Maylea Gestalten, die sich in dem Licht bewegten. Sie waren bizarr und schemenhaft und doch auf anrührende Weise vertraut. So vertraut, dass Maylea es nicht erwarten konnte, sie anzusehen. Mit klopfendem Herzen trat sie auf das Licht zu. Und dann, als hätte jemand einen Schleier gelüftet, erkannte sie sie!
    Es waren Ylessa und Jamyde, ihre Schwestern, die zu finden sie ausgezogen war und die sie so sehr vermisste.
    Die beiden lachten, winkten ihr zu und forderten sie auf, ihnen zu folgen, während sie langsam immer weiter in das warme Leuchten hineinschwebten. Maylea zögerte nicht.
    Ich komme! Ein tiefes Glücksgefühl breitete sich in ihr aus, als sie sich langsam auf die beiden zubewegte, Schritt für Schritt, bis sie plötzlich nicht mehr weiterkam. Irgendetwas hielt sie auf. Etwas oder jemand versuchte sie daran zu hindern, ihren Schwestern zu folgen.
    Maylea stemmte sich mit aller Kraft gegen die unsichtbare Macht, die sie zurückhielt. Außer sich vor Wut schlug sie um sich, doch weit und breit gab es keinen Gegner, gegen den sie hätte kämpfen können …
    Ein brennender Schmerz zerstörte jäh das Bild aus Licht und Wärme und vertrieb die Gestalten, die sich darin abzeichneten. Der Anblick zerbarst wie eine splitternde Eisplatte und wich dem Antlitz einer dunkelhaarigen Frau mit geschlitzten

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