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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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zum Verlassen des Grinlortals die richtige war, setzte leiser Schneefall ein, als sich die Krieger schließlich zu dürftigen Marschsäulen sammelten und das Tal unter dumpfem Trommelschlag verließen.
    Zurück blieb eine verwüstete Landschaft: Abdrücke von abertausend Füßen, von Karren und Hufen und die Überreste Hunderter schwarz verkohlter Feuerstellen, die den gefrorenen Talboden wie hässliche Pockennarben verunstalteten. Unrat und Exkremente, die man nach dem unerwartet frühen und heftigen Wintereinbruch nicht mehr hatte verscharren können, bildeten einen Ring stinkender Hinterlassenschaften, die von dem rasch zunehmenden Schneefall alsbald mit einer weißen Schicht bedeckt wurden.
    Als der letzte Krieger das Tal verlassen hatte, kehrte Stille ein.
    Nichts regte sich, und nichts war zu hören, als inmitten des Schneegestöbers die dunkle Gestalt des einsamen Wanderers auf einer Anhöhe erschien und schweigend innehielt. Die Hände tief in den weiten Ärmeln seines Umhangs verborgen, das Haupt von einem breitkrempigen Hut bedeckt, starrte er eine Weile in das Tal hinaus, nickte bedächtig und wandte sich dann nach Westen, wo er wie ein Geist im wirbelnden Flockentanz verschwand.
    Er war jedoch nicht der Einzige, der das frühmorgendliche Schauspiel aufmerksam beobachtete. Von den Mauern der Festung aus verfolgten Gathorion, Inahwen und ein halbes Dutzend Heerführer den überraschenden Aufbruch der Uzoma aus der Ferne.
    »Callugar sei Dank.« Artis’ leise gemurmelte Worte waren in der Stille der Bergwelt deutlich zu vernehmen. Der Onur-Heermeister stand einen halben Schritt hinter Gathorion auf den Zinnen des äußeren Verteidigungsrings. Die Hände mit den dicken Handschuhen aus Burakifell vor der Brust verschränkt, trat er dicht an die Mauerbrüstung heran und spähte durch den immer stärker werdenden Schneefall in das dunkle Tal. »Du hattest Recht«, meinte er und griff dabei die Vermutung auf, die Gathorion bei der Versammlung des vergangenen Abends geäußert hatte. »Dem frühen Wintereinbruch vermögen sie nicht zu trotzen. Bis der Frühling naht, werden wir hier nichts zu befürchten haben.«
    »Wer kann schon sagen, was in den Köpfen der Uzoma vorgeht.« Gathorion blieb vorsichtig. »Vergiss nicht, dass sie ihren obersten Heerführer hingerichtet haben. Jene, die das Heer jetzt befehligen, mögen neue Ziele verfolgen.«
    »Ihr erstes Bestreben dürfte dem Überleben gelten.« Einer der Fath-Heermeister grinste voller Genugtuung. »Doch das wird sie in der kargen Landschaft nördlich der Berge vor eine schier unlösbare Aufgabe stellen. Wenn ihr mich fragt, wird das, was Hunger und Kälte von ihnen übrig lassen, keine Gefahr mehr für uns sein.«
    »Es würde mich nicht wundern, wenn sie halb verhungert und bettelnd vor unseren Toren auftauchen, sobald der Schnee geschmolzen ist.« Artis zog sein Schwert aus der Scheide und hielt es lachend in die Höhe. »Dann wäre es mir eine große Ehre, ihnen die Gnade eines schnellen Todes zu erweisen.«
    »Auch ich habe noch ein paar gute Pfeile für sie in meinem Köcher«, ergänzte einer der Raiden, der schon die ganze Zeit hasserfüllt ins Grinlortal hinausschaute. »Zehn für jeden Falken, den diese Bastarde getötet haben.«
    »Ja, sie sollen nur kommen.« Der Fath-Heermeister hatte seinen Dolch gezogen und führte ihn in einer eindeutigen Geste an seiner Kehle entlang. »Wir werden ihnen einen gebührenden Empfang bereiten.«
    »Die Krieger der Vereinigten Stämme vergehen sich nicht an Wehrlosen!« Mit einer blitzschnellen Bewegung nahm Gathorion dem Fath das Messer aus der Hand. »Das sinnlose Töten muss irgendwann ein Ende haben. Wir dürfen uns nicht …«
    »Seht!« Inahwen, die den Worten der Männer nur beiläufig gelauscht hatte, deutete in das Tal hinaus. »Da bewegt sich etwas.«
    Fast gleichzeitig wandte sich der Blick aller in die Richtung, die Inahwen vorgab. Die Krieger der Vereinigten Stämme konnten längst nicht so gut sehen wie die Elben und erkannten zunächst nichts. Gathorion hingegen vermochte den dichten Schleier aus Schneeflocken ebenso mühelos wie seine Schwester zu durchdringen. »Das ist ein Falke!«, stellte er fest, gab dem Raiden-Heermeister ein Handzeichen, näher zu treten, und sagte: »Er fliegt auf uns zu. Nehmt ihn entgegen.«
    Kaum dass der Falkner den Arm hob, landete der Raubvogel auch schon flügelschlagend auf dessen ledernem Handschuh. »Das ist Horus! Keelins Falke!«, rief der Raide erstaunt aus.

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