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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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geschah. In ihrer kindlichen Einfältigkeit flehte sie den Vater an, ihr den Hund zurückzugeben, und bettelte darum, ihn behalten zu dürfen.
    Ihr Vater antwortete nicht darauf. Mit ausdrucksloser Miene hielt er den Welpen so, dass sie ihn ansehen musste, und brach dem hilflosen Tier mit einer ruckartigen Bewegung das Genick. Das erschlaffte Tier warf er seiner völlig fassungslosen Tochter vor die Füße und sagte: »Für Siebente gibt es keine Freunde! Du bist zu anderem berufen.«
    An diesem Tag erfuhr sie, was es bedeutete, zu hassen. Niemals wieder hatte sie versucht, Freunde zu gewinnen, und sich niemals mehr das Gefühl der Zuneigung erlaubt. Verängstigt und verunsichert hatte sie sich in einen Mantel der Unnahbarkeit gehüllt und ihre wahren Gefühle hinter einer Mauer aus Hass und Hochmut verborgen.
    Ein leises Fiepen in unmittelbarer Nähe riss Vhara aus den trostlosen Gedanken.
    Einem jungen Lagaren war der schwere Aufstieg gelungen. Nun hockte er mit angelegten Flügeln neben ihr auf dem Boden und blickte sie mit seinen großen runden Augen neugierig an, während sich seine Brüder und Schwestern noch damit quälten, die Hänge der Mulde zu erklimmen.
    Die Luft war erfüllt von Krächzen, Fiepen und Scharren, als plötzlich ein ungeheures Brüllen den Boden erschütterte.
    So schnell, dass selbst Vhara erschrocken einen Schritt zurückwich, schoss ein gewaltiger Schädel aus der gegenüberliegenden Muldenwand hervor und schnappte nach den jungen Lagaren. Die doppelte Reihe messerscharfer Zähne riss mit einem Biss gleich zwei der kleinen Leiber mühelos in Stücke und schnappte schon nach den nächsten Opfern, während die riesige Echse ihren rot geschuppten Leib gleichzeitig vom Sand befreite.
    In der Mulde brach Panik aus. Wild mit den Flügeln schlagend, versuchten die kleinen Lagaren der Gefahr zu entrinnen, doch der Sand unter ihnen gab immer wieder nach und trieb die jungen Flugechsen ein ums andere Mal direkt vor das blutverschmierte Maul des gefräßigen Räubers. Innerhalb weniger Atemzüge war das grausige Mahl beendet. Kein Einziger der jungen Lagaren hatte den Rand der Senke erreicht. Nur das Blut auf dem aufgewühlten Sand und ein paar zerbrochene Eihüllen zeugten von ihrem grauenvollen Ende.
    Vhara stand wie erstarrt. Fassungslos blickte sie auf das gewaltige Untier, das den schlüpfenden Lagaren die ganze Zeit im Sand verborgen aufgelauert hatte. In den unzähligen Wintern ihres langen Lebens hatte Vhara schon vieles gesehen, doch diese blutrünstige Echse war ihr fremd. Das Wort Raapir kam ihr in den Sinn, und sie erinnerte sich an eine alte Legende der Fath in Andaurien, die von einem heimtückischen Untier namens Raapir erzählte, das sich viele Silbermonde reglos im Wüstensand verbarg, um dort auf Beute zu lauern.
    Ein Raapir! Niemals hätte Vhara es für möglich gehalten, dass es diese Raubtiere der Wüste wirklich gab. Bis jetzt!
    Ohne den Blick von der Echse abzuwenden, bewegte sich Vhara langsam rückwärts von der Mulde fort. Der Raapir kauerte noch immer am Boden und wandte ihr den geschuppten Rücken zu, während er mit seinen klauenbewehrten Krallen im Sand nach unzerbrochenen Eiern scharrte. Er wirkte beschäftigt, doch die Hohepriesterin wusste, dass sie noch lange nicht in Sicherheit war. Verstohlen tastete sie mit der Hand nach dem gebogenen Opferdolch und löste ihn von ihrem Gürtel. Die blitzende Klinge wirkte angesichts des gewaltigen Gegners geradezu lächerlich, doch es war immerhin eine Waffe, und sie würde nicht zögern, sie einzusetzen.
    Je weiter sie sich von der Mulde entfernte, desto mehr wurde die Raubechse von den Rändern der Senke verdeckt. Schließlich war sie aus ihrem Blickfeld verschwunden. Vhara atmete auf. Alles in ihr schrie danach, sofort zu fliehen und so viele Speerweiten wie möglich zwischen sich und den Raapir zu bringen, doch gerade als sie loslaufen wollte, hörte sie ein vertrautes Krächzen.
    Das Lagarenjunge, das zuvor neben ihr gesessen hatte, war dem Wüten des Raapirs entgangen und Vhara unbemerkt gefolgt. Mit unbeholfenen Flügelschlägen kam es nun auf sie zu, als wolle es bei ihr Schutz suchen.
    Vhara zögerte. Etwas an dem kleinen Lagaren erinnerte sie an den Welpen, den sie damals nicht hatte schützen können. Für einen Augenblick war sie versucht, das Junge aufzuheben und mitzunehmen, aber dazu fehlte ihr die Zeit.
    Mit einer Gewandtheit, die Vhara dem Raapir niemals zugetraut hätte, schoss die Echse über den Rand der

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