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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Mulde hinweg und schlang das Junge zusammen mit einer gehörigen Portion Sand herunter. Das Bersten von Knochen erfüllte die Luft, als die mächtigen Kiefer den kleinen Körper zermalmten, dann wurde es still.
    Vhara presste die Lippen zusammen und verharrte regungslos. Der Raapir kauerte kaum zehn Schritte von ihr entfernt am Boden und ließ sie nicht aus den Augen. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis er auch sie angreifen würde.
     

     
    Die ganze Nacht hindurch hatte Oona den Mahoui durch das finstere Tunnellabyrinth im Herzen des Pandarasgebirges geführt.
    Der Schein einer seltsamen kleinen Lampe aus grobmaschigem Geflecht, die am Brustgeschirr des großen Reitvogels befestigt war und ein sanftes grünliches Licht verströmte, eilte ihnen mit tanzenden Bewegungen voraus, gereichte jedoch nicht dazu, die bizarren Höhlen, kuppelartigen Gewölbe und tiefen Schluchten jenseits des Pfades auszuleuchten.
    Maylea war nicht traurig darüber. Sie legte keinen großen Wert darauf zu sehen, was sich ringsherum auftat.
    Zunächst führte der Weg in einer sanften Neigung bergab, stieg dann aber alsbald wieder an, ganz so, als folgten sie dem Lauf eines gewaltigen unterirdischen Flusses, der sich seinen Weg vor Urzeiten aus einer höher gelegenen Quelle gebahnt hatte.
    Ehrfurcht und Neugier, die Maylea noch zu Beginn der Reise verspürt hatte, wichen allmählich einer drückenden Beklommenheit, die nicht zuletzt daher rührte, dass sie sich immer deutlicher der unvorstellbar großen Felsmassen bewusst wurde, die über ihr in den Himmel ragten. Jedes Mal, wenn die Wände zurückwichen und der Lampenschein statt festem Gestein beängstigend dünne und wenig tragfähig erscheinende Felsensäulen streifte, auf denen in Schwindel erregender Höhe vermutlich die Höhlendecke ruhte, sandte sie ein stummes Gebet am Emo, dass die Säulen dem gewaltigen Druck des Gesteins noch eine kleine Weile standhalten mochten.
    Die Welt unter der Erde war Maylea fremd, und sie dachte mit Unbehagen an das, was in den Schatten jenseits des Lichtkegels lauern mochte. Hin und wieder glaubte sie einen warmen Luftzug auf dem Gesicht zu spüren, der nach Schwefel roch, und manchmal streifte sie der Geruch glühenden Eisens.
    Am schlimmsten aber war die Stille. Je weiter sie in die Berge vordrangen, desto stiller wurde es. Außer den kratzenden Lauten, die die Krallen des Mahoui auf dem schwarzen Gestein verursachten, und den wenigen Geräuschen, die sie selbst von sich gaben, war das Schweigen nahezu vollkommen. Es war mehr als nur das Fehlen von Geräuschen, mehr als nur die Ruhe, die eine Winternacht in sich barg. Es war die hörbare Abwesenheit allen Lebens und gleichzeitig die stumme Warnung, dass beseelte Wesen hier nichts verloren hatten. Die schwarzen Wände strotzten vor Feindseligkeit, und das gleichmäßige Tock-tock des Mahouis hallte wie ein Frevel durch die Finsternis.
    Manchmal erhob sich ein fernes, dumpfes Grollen wie von einem Gewitter über die Stille, drohend und unheimlich, wie das Schnarchen eines gewaltigen Ungetüms, das sich irgendwo in den Tiefen des Berges zur Ruhe gelegt hatte und das jederzeit – vor allem durch fremde Geräusche – erwachen konnte.
    »Was ist das?«, flüsterte Maylea Oona zu, nachdem ein besonders lautes Grollen verklungen war.
    »Wir nennen es Aotum , den Atem der Berge.« Die junge Vaughn schien durch das Geräusch kein bisschen beunruhigt. »Es kommt aus den Tiefen des Pandaras, von Orten, an die sich selbst mein Volk noch nicht vorgewagt hat. Aber sei ohne Furcht, es liegt nichts Böses darin. Bei uns geht die Legende, dass alle Zeit endet, wenn der Aotum verstummt. Dann, so heißt es, wird allein das Feuer über Nymath herrschen und alles Leben vernichten.« Sie wandte sich um und schenkte Maylea ein Lächeln. »Dort, wo ich zu Hause bin, kann man ihn auch hören. Er begleitet unsere Kinder in den Schlaf. Ich finde es beruhigend, denn das Geräusch gibt mir die Gewissheit, dass das Ende der Zeit noch fern ist.«
    »Ich verstehe.« Maylea nickte. Beruhigen konnte Oona sie nicht. Dies war eine fremde, lebensfeindliche Welt und kein Ort, an dem man sich lange aufhalten sollte. Maylea sehnte den Augenblick herbei, da sie die endlose Weite des Himmels wieder über sich sehen konnte.
    Ein heftiges Stechen im Arm erinnerte sie daran, dass die Wirkung des Nnyrrith langsam nachließ und die Schmerzen zurückkehrten. Doch diesmal war sie vorbereitet. Wie Oona es ihr geheißen hatte, griff sie nach dem

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