Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin
Heimat war. »Die Ebenen und Hügel waren voller Farben, und vor den Bergen lag eine dunkle Wildnis. Es war ein schönes, starkes und friedliches Land, in dem niemand Not leiden musste.
Als die Flüchtlinge aus Andaurien kamen, gab es auch für sie ausreichend Platz. Mein Volk nahm sie freundlich auf und gewährte ihnen das Recht, an der Küste zu siedeln.
Onur, Katauren, Raiden, Wunand und Fath waren viele Winter Gäste in unserem Land, doch sie haben die Gastfreundschaft meiner Ahnen schändlich missbraucht.« Bitternis erfüllte Faizahs Stimme, als sie weitersprach. »Mit Hilfe der Elben haben sie mein Volk vertrieben und in das lebensfeindliche Land hinter den Nebeln verbannt. Sie haben sich genommen, was uns gehörte, und ihre Städte auf gestohlenem Boden errichtet.
Für eine Rückkehr in dieses Land – für die alte Heimat – wollten unsere Krieger kämpfen. Für ein besseres Leben und für ihre Kinder, die keine Not mehr leiden sollten. Doch gegen die magischen Nebel der Elben waren sie machtlos.«
Das Amulett! Ajana überlief es eiskalt.
Plötzlich war sie froh, das magische Kleinod, dem Faizah die Schuld an ihrem Unglück zu geben schien, sorgfältig unter den abgelegten Gewändern verborgen zu haben. Faizah hielt sie für eine Elbin, und das war gut so. Sicher hätte sie nicht so offen mit ihr gesprochen, wenn sie die Wahrheit geahnt hätte. Vermutlich hätte die Uzoma sie sogar verachtet. Innerlich aufatmend wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Faizah zu, die bereits weitersprach:
»… Hunderte Winter gingen ins Land. Winter in denen sich die Not und Verzweiflung mit jeder neuen Generation tiefer in unsere Herzen grub und der Hass auf jene, die uns dereinst so grausam vertrieben hatten, ins Unermessliche wuchs.
Als die fremde Priesterin aus Andaurien kam, brachte sie meinem Volk die Magie und damit auch die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr nach Nymath. Um dieser Hoffnung willen schworen viele den alten Göttern ab und huldigten nur noch dem einen neuen Gott der Priesterin, der ihnen den Sieg über die verhassten Menschen versprach.
Doch der Eifer machte sie blind. In ihrer Gier nach Rache brachten sie dem neuen Gott immer größere Blutopfer dar und bemerkten nicht, dass längst ein neuer Feind den Fuß in ihre Hütten gesetzt hatte.« Faizah hielt kurz inne und fuhr dann fort: »Sie glaubten den Worten der Priesterin, dass der Sieg durch immer größere Blutopfer noch schneller zu erringen sei, und machten bald nicht einmal mehr davor Halt, selbst Angehörige ihres eigenen Volkes zu opfern.
Einen Krieger aus Andaurien, der mit der Priesterin ins Land gekommen war, erhoben sie zum Whyono, zum obersten Herrscher der Uzoma, und übertrugen ihm somit alle Macht.
Doch es gab auch andere Stimmen.
Einige Stammesfürsten misstrauten den Versprechungen der Priesterin und spürten, dass ein großes Unrecht geschah. Aber es waren nur wenige, und ihre Stämme waren zu klein. Sie gehörten nicht zu den Mächtigen meines Volkes und wagten es nicht, öffentlich die Stimme gegen sie zu erheben. So verbündeten sie sich im Verborgenen und schmiedeten einen Plan, mit dem sie den Whyono, die Priesterin und damit auch den neuen Gott stürzen wollten.
Sie konnten nicht länger tatenlos zusehen, wie sich das Volk der Uzoma von einem Fremden knechten ließ, und erhoben schließlich ihre Waffen gegen jene, die dem Whyono treu ergeben waren …« Faizah verstummte und schaute gedankenverloren auf die Oberfläche des Weihers.
»Und was geschah dann?«, hakte Ajana gespannt nach.
»Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen«, fuhr Faizah fort. »Viele starben, doch denen, die am Leben blieben, erging es noch schlimmer. Alle Angehörigen der Stämme – Männer, Frauen und Kinder, gleichgültig ob sie von der Verschwörung wussten oder nicht – wurden geächtet und mussten fortan als Kurvasa ein elendes Dasein fristen. Sie alle sind seither verdammt dazu, den siegreichen Stammesfürsten unter unwürdigen Bedingungen zu dienen. Wer zu schwach ist oder krank wird, findet ein grausames Ende auf den Blutaltären des einzigen Gottes.«
»Warum fliehen sie nicht?«, warf Ajana erschüttert ein.
»Fliehen?« Faizah lachte bitter. »Wohin sollten sie fliehen? Das Land der Uzoma besteht fast nur aus Wüste. Ohne Wasser und ein schnelles Pferd kommt man nicht weit. Außerdem werden die Lager der Kurvasa gut bewacht und …«
»Ajana!« Mayleas empörter Ausruf hallte durch die Höhle. Mit einem Kleiderbündel auf
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