Das Erbe der Templer
Ich lieh mir einen Wagen. Es war ein schneller BMW der 300er Klasse. Zum Glück kam ich gut durch. Gegen Mittag mußte ich trotzdem eine Pause einlegen, die Müdigkeit wurde zu groß. Nach einem erfrischenden Schlaf von zwei Stunden, verließ ich den Parkplatz und fuhr weiter. Ich hatte bereits den südlichen Landesteil von Frankreich erreicht. Das Wetter besserte sich sogar. Es war nicht mehr so kalt, ich brauchte auch nicht mit Schnee und Glatteis zu rechnen, während es im Norden anders ausgesehen hatte. In Lourdes hielt ich mich nicht auf, so interessant dieser Ort auch war. Bald sah ich die wuchtige Gebirgskette vor mir, die sich von Westen nach Osten zog. Die Pyrenäen.
Gewaltig kam sie mir vor. Wie eine unüberwindliche Barriere. Die Berge bildeten die Grenze zwischen Frankreich und Spanien. Auch ich hatte in dieser Gegend schon mehrere Fälle erlebt und auch schon gegen die Horror-Reiter gekämpft, als sich die AEBA-Dämonen in einem Pyrenäen-Kloster verschanzt hatten. Jetzt schaute ich immer öfter auf die Karte. Ich durchfuhr einige Dörfer, von denen manche wie ausgestorben wirkten. Das Chateau Croix de mer mußte in Sichtweite des Meeres liegen. Ich sah das Meer noch nicht, dafür sehr hohe Berge, die mit einer dicken Schneedecke bedeckt waren.
Manchmal durchzogen Raubvögel auf der Suche nach Beute die klare Luft. Sie zauberten ein prächtiges Bild und gaukelten einen stimmungsvollen Frieden vor, der aber jäh unterbrochen werden konnte, wie ich schon manches Mal erfahren hatte.
Jetzt kam ich in das Dorf, das, laut Karte, in unmittelbarer Nähe der Burg liegen mußte. Es war ein Ort im Tal, malerisch gelegen, von mehreren Bächen durchflössen, die aus den Bergen strömten und in schaumigen Wasserfontänen zu Tal schössen.
Ich mußte den breitesten Bach überqueren und fuhr über eine Steinbrücke. Sie wurde von zwei kantigen Mauern begrenzt. Kantig waren auch die Gesichter der Männer, die mir begegneten, als ich durch das Dorf fuhr. Man trug hier tief sitzende Baskenmützen, hatte Winterkleidung übergestreift und beobachtete den Wagen mit mißtrauischen Blicken.
Zu beiden Seiten öffnete sich das Tal ein wenig, die Hänge stiegen sanfter an. So etwas wie eine Hauptstraße teilte den Ort. Schnell erreichte ich die Ortsmitte. Als ich den Wagen neben einer mit Revolutionsparolen beschmierten Plakatwand parkte und ausstieg, spürte ich sofort die kalte und klare Luft.
Mein Blick fiel nicht nur auf die grauen Fronten der Steinhäuser und auf die aus den Schornsteinen steigenden Rauchfahnen, er erfaßte auch den hellen Turm einer Kirche, die wie ein Schutzschirm zwischen den Häusern stand.
In jedem noch so kleinen Dorf gibt es jemand, der etwas zu sagen hat. Auch hier würde es sich nicht anders verhalten, und gerade diesen Mann suchte ich.
Zunächst einmal war ich einem Polizisten aufgefallen. Der Mann mit der etwas rundlichen Figur setzte eine strenge Miene auf, als er die Straße überquerte und auf mich zukam.
Einige Bewohner hatten bemerkt, was sich zwischen uns anbahnte. Sie blieben stehen und schauten.
Der Mann sprach mich an, und ich konnte nur höflich lächeln, weil ich ihn nicht verstand. Weil ich kein Baskisch konnte, versuchte ich es mit Französisch.
Das konnte der Mann auch. »Sie sind fremd hier?«
»Ja, ich komme aus England. Mein Name ist John Sinclair.«
»Nie gehört.«
»Das kann ich mir denken. Monsieur. Ich bin auch aus einem bestimmten Grund zu Ihnen gekommen.«
»Schickt Sie die Regierung?«
»Nein, ich möchte ein Schloß besuchen, das Chateau Croix de mer…«
Geschlagen hatte ich den Mann nicht und ihm auch keine schlechte Nachricht überbracht. Trotzdem reagierte er heftig, ging zurück, winkte ab und schickte mir einen Fluch entgegen. Ich schüttelte den Kopf. »Was ist mit Ihnen? Was haben Sie, Monsieur?«
»Sie wollen zum Schloß?« rief er. »Wirklich? Das kann ich nicht glauben.«
»Doch.«
»Was haben Sie damit zu tun?«
»Bisher noch nichts.«
»Wissen Sie denn nicht, daß man dort nicht hingeht? Schon gar icht als Fremder!«
»Es war mir unbekannt.«
Er deutete auf meinen Leihwagen. »Dann setzen Sie sich wieder hinein und fahren Sie ab.«
»Weshalb?«
»Auf dem Schloß ist es nicht geheuer. Dort spukt es. Da gehen Geister um.«
»Welche?«
Das Gesicht des Mannes nahm einen verschwörerischen Ausdruck an.
»Haben Sie schon mal etwas von den Templern gehört?«
»Klar, deshalb bin ich doch gekommen.«
Da wurde er noch blasser. »Sie sind
Weitere Kostenlose Bücher