Das Erbe der Templer
für die…«
Jean hörte gar nicht hin. Sein Gesicht war starr geworden. Wie vereist wirkten die Züge. Seine Gedanken beschäftigten sich mit etwas anderem. »Wenn sie den Wald hinter sich gelassen haben, können wir sie bestimmt besser sehen. Und dann dauert es nicht mehr lange, bis sie das Dorf erreicht haben.«
»Für eine Evakuierung ist es jetzt zu spät!« flüsterte der Polizist. »Die anderen sind immer schneller.«
»Was sollen wir denn dann machen?«
»Uns verstecken.«
»Alle Bewohner?«
»Ja. Wir müssen die Türen verrammeln, die Fenster schließen und beten.« Gomez fuhr herum. »Wir haben doch ein großes Kreuz in der Kirche. Das holen wir und stellen es auf.«
»Wo denn?«
»Auf dem Dorfplatz. Die Templer haben sich von dem Kreuz abgewandt, für das sie einmal gekämpft haben. So sagte man es. Verstehst du das? Vielleicht hält sie das Kreuz auf.«
»Wenn das mal gutgeht.«
»Ein Versuch kann nicht schaden. Hör zu.« Gomez sprach die folgenden Worte schnell. »Während ich das Kreuz hole, gehst du in die Bodega und sagst den anderen Bescheid. Sage ruhig die Wahrheit. Jeder soll es wissen. Die Leute müssen ihre Familien benachrichtigen. Du aber kommst zu mir und hilfst mir beim Tragen. Es ist unsere einzige Chance.«
Jean hatte einen so trockenen Hals bekommen, daß er kaum sprechen konnte. »Ja, das machen wir.«
Noch blieben die beiden, schauten wieder zum Hang und sahen plötzlich die Reiter.
Diesmal deutlicher, obwohl es so finster war. Sie hatten das obere Waldstück verlassen, waren schon wesentlich tiefer geritten und auch deutlicher zu erkennen.
Wie auch das matte Blinken ihrer Schwerter und Lanzen. Zwar ritten sie im Dunkeln, doch ein Licht war da.
»Ein toter Schein!« flüsterte Gomez.
»Das ist die Höllenglut. Sie stehen mit dem Teufel im Bunde!« Jean schüttelte sich und schlug ein Kreuzzeichen. »Sie haben bestimmt den Teufel bei sich. Ich… ich… sehe es genau. Der… der wird von ihnen auf den Schultern getragen. Sie haben ihn hochgenommen. So klein ist der Teufel? Das habe ich mir nicht vorgestellt.«
Er redete noch mehr, bis er von Gomez angestoßen wurde. »Renn! Lauf, beeil dich! Warne die anderen. Sie sollen in die Hauser zurück, und dann hilft nur noch Beten!«
Gomez wartete so lange, bis er Jean nicht mehr sah. Er warf einen letzten Blick auf den Hang. Die Reiter mußten jetzt ungefähr die Stelle erreicht haben, wo sie zwischen zwei verschiedenen Wegen wählen konnten. Sie brauchten nicht unbedingt ins Dorf.
Aber sie nahmen die scharfe Kehre, die sie in einem ziemlich steilen Winkel in die Nähe der Menschen brachte.
Als Gomez das festgestellt hatte, gab es auch für ihn kein Halten mehr. Er rannte los und hätte am liebsten seine Angst in die Nacht hinausgeschrien…
***
Ich wurde plötzlich wach, als Blut über mein Gesicht lief, und zwar mein Blut!
Dieses Wissen trieb mich hoch. Ich verzog das Gesicht und schloß die Augen.
So blieb ich zunächst einmal sitzen. Nur allmählich öffnete ich die Augen, und mein Blick fiel auf das Kreuz, das aus meiner Faust ragte. Während meiner Bewußtlosigkeit hatte ich es wie im Krampf festgehalten, und auch jetzt noch dachte ich nicht daran, es aus der Hand zu geben, da es mir das Leben gerettet hatte. Ja, das Kreuz mußte es einfach geschafft haben. Ich dachte zurück, erinnerte mich an die Angst, den Terror, das Pferd, den Reiter, die über mir schwebenden Hufe und das gezückte Schwert.
Hätte ich meinen silbernen Talisman nicht in der Hand gehalten, wäre ich wahrscheinlich schon tot gewesen. So aber war es meinem Kreuz gelungen, diesen Comte de Melville zu stoppen.
Ich saß auf dem Boden, spürte die Kälte und kümmerte mich nicht darum. Erst einmal mußte ich mit der Tatsache fertig werden, daß mein Leben verschont worden war.
Dies bedeutete nicht nur die Rettung, gleichzeitig auch eine Verpflichtung, es meinen Gegnern zu zeigen. Ich mußte sie einfach stellen oder mich auf ihre Fersen setzen, denn der Gang war leer. Keine Spur mehr vom Anführer der Templer.
Ich stand auf.
Es fiel mir nicht leicht, der Druck im Kopf verstärkte sich. Zum Glück war es kein Volltreffer gewesen. Die kleine Platzwunde verdaute man schnell.
Mit der Schulter lehnte ich mich gegen die Wand. Die Lampe brannte noch. Mit ihr leuchtete ich in die offene Tür hinein und wenig später auch in den Krater.
Die Stühle waren noch vorhanden, der Altar auch, aber er war leer. Die fünf Templer hatten ihre Baphometh-Statue
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