Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)
Angst«, gestand er.
»Ich auch.« Endlich spürte sie, wie ihre Anspannung nachließ. Lange hielt er sie so in den Armen.
»Bist du bereit?«, flüsterte er kurz darauf, seine Stimme dicht an ihrem Ohr.
»Ja.«
Gemeinsam tauchten sie ins Wasser und schwammen langsam und stetig, Seite an Seite, zurück zum Ufer.
K
apitel 44
»Noch mehr zu essen?« Edward verdrehte die Augen. »Beim wievielten Gang sind wir jetzt?«
Cari lachte. »Beim zwölften … schätzungsweise.«
Die Trauung hatte in der Dorfkirche stattgefunden, deren Inneres genauso eindrucksvoll war, wie Marco es beschrieben hatte: ein Fresko an der hinteren Wand, eine geschnitzte Pietà und ein herrliches Rosettenfenster.
Über dem Kirchenportal war ein weißes Band gespannt und zu einer Schleife geschlungen. »Als Symbol dafür, dass hier zwei Menschen den Bund fürs Leben geschlossen haben«, erklärte Stefano Cari. Natürlich war es eine traditionelle italienische Messe. Carmella sah in ihrem Kleid aus weißer Seide und Satin atemberaubend aus; die beiden Brautjungfern, Nichten des Bräutigams, trugen die Schleppe.
»Ah …«, raunte die Gemeinde bewundernd, als sie am Arm ihres Stiefvaters mit ihrem zartgelben Brautstrauß in der Hand den Mittelgang entlangschritt.
Nachdem das Ehegelübde gesprochen und die Fotos gemacht worden waren, Cari die Glückwünsche für ihre herrliche Kreation entgegengenommen und Braut und Bräutigam die mit Orangenbäumen gesäumte Piazza überquert und alle Gratulanten begrüßt hatten, ging es zurück zu La Sirena , wo der Hochzeitsschmaus stattfinden sollte.
Die langen Tische im Festzelt waren mit weißem Damast und kornblumenblauen Tischläufern dekoriert. Silberbesteck, Servietten und Kristallgläser standen in Reih und Glied auf der Tafel, ergänzt durch kleine Vasen mit Lavendel und Rosen. Neben jedem Set lag ein Tüllsäckchen mit dem traditionellen italienischen Konfekt – weiße Mandeln mit Zuckerguss.
Wie Edward bereits angedeutet hatte, wurde ein Gang nach dem anderen serviert, wobei zwischen den Hauptgängen Sorbets gereicht wurden, um den Gaumen neutral zu stimmen. Sie wurden von schwarz gekleideten Kellnerinnen mit weißen Schürzen an den Tisch gebracht. Es gab Crostini mit Trüffelscheiben; gefüllte Muscheln; einen vorzüglichen Kapaun; eine Pyramide aus Fisch und Gemüse mit einer schweren Sauce aus Olivenöl und Anchovis, dekoriert mit Medaillons von Hummer, Austern und Shrimps; ferner Tagliatelle mit köstlichstem ligurischem Pesto und soffritto , einer Sauce aus Zwiebeln, Kräutern und Speck; pollo al Messinese , Huhn auf Messiner Art; Rinderfilet; einen dekorierten Schwertfisch … Darüber hinaus torta di ricotta , einen Käsekuchen aus Ricotta mit grünen Mandeln, und nicht zu vergessen: ein Gebäck in Form von Frackschleifen, das mit viel Sciacchetra aus den Cinque Terre hinuntergespült wird – je nach Trinkvermögen des Einzelnen.
Die Italiener können wahrlich viel trinken, dachte Cari. Sobald die ausgelassene Stimmung zu erlahmen drohte, schoss einer der Männer von seinem Stuhl hoch und ließ das Brautpaar hochleben: Evviva gli sposi! – ein Toast, der nicht allein donnernden Applaus, sondern auch eine Fülle wohlmeinender Kommentare auslöste. Man spürte eine Begeisterung, die Cari fremd war. Mittlerweile war es Zeit für die Hochzeitstorte, einen Espresso mit einem Hauch crema und den erlesensten Prosecco – und natürlich für die Reden.
Offenbar stand es jedem frei, sich zu erheben und einen Spruch zum Besten zu geben. Cari verstand nicht alle Verse, hatte jedoch den Spickzettel von einer von Carmellas zahlreichen Tanten entziffern können … »Moglie e buoi dei paesi tuoi« stand darauf. Die Ehefrau ist ein Ochse aus deiner Heimat? Aurelia und Cari sahen einander verwundert an. Die Italiener und ihre Familie …
Selbst Elena meldete sich feierlich zu Wort: »Oggi una pioggia di fiori. Domani sorrisi di bimbi.« Ihr Spruch ging im Applaus unter. Aurelia beugte sich zu Cari und übersetzte: »Heute, am Tag deiner Hochzeit, wirst du mit Blumen überschüttet. Morgen mit dem Lächeln vieler Kinder.«
Kinder!, dachte Cari. Die Italiener und ihre Familie …
Die in drei Schichten gebackene Torte wurde von einer lächelnden Miniatur-Braut und einem nicht minder lächelnden Miniatur-Bräutigam gekrönt. Um das Paar war ein zartes weißes Netz drapiert, das an einen Glorienschein erinnerte. Ein Glorienschein? Cari wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Carmella
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