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Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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…«, begann er zögernd.
    In Aurelia erstarrte alles. Nein, bitte das nicht! Nicht jetzt.
    Enrico seufzte. »Wir konnten es nicht ertragen, dass in dieser Art über Catarina geredet wurde.« Er lenkte den Blick zum Horizont, und Aurelia bemerkte die kalte Wut in seinen Augen. »Es wurde über sie geredet, als sei sie eine Verrückte.« Mit voller Wucht schlug er mit der Hand auf den Fels.
    Wenn er es doch bloß wüsste, dachte Aurelia bei sich. Das Gerede hatte sich nicht allein darauf beschränkt, dass Catarina verrückt sei, sondern vielmehr, dass er sie umgebracht und sich noch dazu auf eine Affäre mit seiner Schwägerin eingelassen habe.
    »Wie schrecklich muss das für dich gewesen sein!« Sie schämte sich, weil sie den kursierenden Gerüchten zumindest teilweise Glauben geschenkt hatte. Sie hatte Enrico unterstellt, Catarina hintergangen zu haben, weil sie ihm nicht vertraut hatte.
    »Die Wahrheit ist …« Er senkte den Kopf.
    Wie gern hätte sie ihn an sich gezogen, ihn getröstet, aber sie fühlte sich nach wie vor zu unbeholfen. Womöglich würde er sie erneut zurückweisen.
    »… dass Catarina sich mehr und mehr von mir zurückgezogen hat. Schon vor Stefanos Geburt lebte sie in einer mir unzugänglichen Welt. Sie war sehr verschlossen und hat sich niemandem geöffnet.«
    »Wie meinst du das?« Sie hatte sie stets als zufriedenes Paar wahrgenommen. Als das perfekte Paar, das absolut glücklich und sorgenfrei war und hier wie im Paradies lebte.
    »Sie war geradezu besessen von der Erinnerung an ihren Bruder Antonio«, antwortete er mit erbittertem Lächeln. »An deinen Vater. Die Art und Weise, wie er zu Tode gekommen war, die schwelende Feindseligkeit gegenüber der Familie Timpone. Die Erinnerungen in Zusammenhang mit dem Talisman, von dem alle derart fasziniert sind, sowie an das wundervolle Labyrinth …«
    »Du liebe Güte! Dann warst du gewiss überglücklich, als ich das Labyrinth nach Catarinas Plänen anlegen wollte.«
    Sie spürte seine Erleichterung. »Es schien unvermeidlich zu sein, cara mia .«
    Schweigend blickten sie aufs Meer. Zu dieser Tageszeit zauberte die Sonne einen goldenen Schimmer auf das Wasser. Man vernahm nur das sanfte Rauschen der Flut, die den Strand erreichte, um sich sogleich wieder zurückzuziehen und in diesem sich stetig wiederholenden Rhythmus gegen die Felsen zu schlagen. Und Enricos Atem neben ihr.
    »Machst du dir noch immer Sorgen um Stefano?«, fragte sie ihn.
    »Er hat eine Menge Fragen gestellt.«
    Sollte sie es ihm erzählen? Aurelia rückte auf einen trockenen Fleck. Warum nicht? Es war schließlich kein Geheimnis. »Catarina hat ein Gedicht verfasst«, sagte sie. »Stefano hat es mir vorgelesen. Er hält es für ein Rätsel.«
    »Was es vermutlich auch ist.« Er wirkte niedergeschlagen.
    »Er scheint etwas zu suchen«, fügte Aurelia stirnrunzelnd hinzu. Sie sollten lieber wieder zum Strand zurückschwimmen, ehe es zu spät und zu kalt wurde. Sie zog die Beine eng an den Körper und schlang die Arme darum. Im Frühling kühlte es rasch ab. Sie mussten sich vor einer Erkältung hüten.
    »Meinst du?« Nichts war aus seiner Frage herauszuhören. Aurelia fragte sich wohl zum ersten Mal, wie nahe sich Vater und Sohn waren.
    »Ich finde, du solltest ihm die Wahrheit über den Tod seiner Mutter sagen«, riet Aurelia ihm.
    Enrico starrte sie fassungslos an. »Wozu soll das gut sein?«
    »Vielleicht ist es das, wonach er sucht«, entgegnete sie behutsam.
    »Die Wahrheit?« Er warf ihr einen skeptischen Blick zu. Daran hatte er offenbar noch nie gedacht.
    Sie rieb sich die Arme. Allmählich kroch ihr die Kälte in die Glieder. »Wer weiß, was er sich in seiner Phantasie alles zusammenreimt.« Ihre Blicke trafen sich. »Sag ihm die Wahrheit!«
    »So wie ich dir die Wahrheit hätte sagen sollen?«
    »Vergangen ist vergangen.« Aurelia schauderte. »Ich hätte dir Glauben schenken sollen.« Das stimmte. Sie hätte ihm, dem Mann, den sie kannte, Glauben schenken sollen.
    »Ist es zu spät?« Er blickte ihr tief in die Augen. Vermutlich viel tiefer als sie sich vorstellen konnte. Bis in ihr Herz? Du meine Güte! Was für eine alberne alte Frau sie geworden war …
    »Es ist nie zu spät.«
    Er hatte den Arm um ihre Schultern gelegt und zog sie fest an sich. »Ich hatte geglaubt, auch du würdest von mir abrücken«, murmelte er. »Genau wie sie.«
    Niemals. Hatte sie das laut gesagt? »Niemals.« Im Laufe der Jahre war sie ihm immer nur nähergekommen.
    »Ich hatte

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