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Das Erbe der Uraniden

Titel: Das Erbe der Uraniden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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wechselvollen Bilder der unter ihnen dahinziehenden Landschaft. Je mehr man sich dem Hochgebirge näherte, desto schärfer spähte Lee durch sein Glas.
    Der Rauch! War’s eine Täuschung seiner Augen gewesen? Er kannte die Stelle wieder, wo ihn der Unfall getroffen hatte. Der Schlag, der Schuß? Absichtlich hatte er es vermieden, über das Ereignis viel zu sprechen. Und doch! Die Gedanken daran ließen ihn nicht los. Was war da geschehen mit ihm? Die anderen hatten wohl gemerkt, daß er nicht gern über den Vorfall sprach, und unterließen infolgedessen Fragen darüber…
    Lees Auge haftete unverwandt an der kleinen Höhe, wo sie ihn gefunden hatten, und untersuchte dann näher die Umgebung. Da! Er stieß einen lauten Ruf der Überraschung aus. Nicht weit von der Höhe lag ein schmales Wiesental. Am östlichen Ende stand ein großer Baum, über und über bedeckt mit Früchten.
    »Ein Apfelbaum!« rief er laut.
    Die anderen kamen zu ihm geeilt.
    »Wo ist er? Äpfel? Äpfel, von denen die Uraniden gegessen haben?«
    Die Spannung, die Neugierde war bei allen übergroß. Hierra hatte das Schiff angehalten. Es stand jetzt in geringer Höhe fast senkrecht über dem Baum.
    »Merken wir uns die Stelle!« rief General Serrato, »sie ist nicht weit vom Lager. Sobald wir zurück sind, werden wir den Baum, und die Früchte untersuchen.«
    »Nein! Nein! Nicht später! Jetzt!« Lee trat zu Hierra heran. In seinen Augen glänzte es wie leichtes Fieber. »Ich kenne die Frucht nur zu genau. Ich will und muß diese hier sehen, vergleichen. Der Tod dieser kühnen Männer kam durch dieses tückische Gewächs. Hat es jemals in der Geschichte der Menschen eine größere Tragik gegeben? Wie konnte die Natur unter der Gestalt einer prächtigen Frucht, die durch ihre Schönheit, ihren Duft jedes Menschen Mund zum Genuß verführen muß, heimlichen Tod verbergen? Die Natur ist doch die allgütige, allsorgende Mutter der Menschen.«
    Auf seinen Befehl senkte sich der Jonas Lee langsam in das Tal hinab und setzte auf. An Serratos Arm ging Lee auf den Baum zu. Schon in seinem Umkreis lagen ein paar Früchte im Gras. Lee hob sie auf und roch daran. Die Erregung ließ ihn blässer werden.
    »Es sind die Äpfel der Uraniden!« Beide steckten ein paar von den Früchten in die Tasche. Sie wollten sich wieder abwenden. Da hielt Lee an. Er bog den Kopf zur Seite. Sein Auge glitt suchend über den Boden.
    Da, im hohen Grase halb verborgen… lag da nicht ein Mensch?
    Der letzte Uranide! Sein Mund wollte es schreien, doch die Lippen versagten den Dienst. Stumm deutete sein Arm dahin. Serratos Blick folgte ihm. Auch er schrak zusammen.
    »Ein Mann?« sprach er flüsternd, heiser. »Ein Uranide?«
    Vorsichtig schritten sie näher. Serrato ließ Ronald Lees Arm los. Der stützte sich gegen den Stamm. Der General beugte sich zu der liegenden Gestalt. Lees Augen, weit geöffnet, starrten auf das Bild. Furchtbar! Neben dem Mann die Reste vieler Früchte… Ein Uranide, der sich selbst gemordet? Denn anders…
    Da hob Serrato den Körper des Mannes in die Höhe und wendete das Gesicht, das dem Boden zugeneigt war, um.
    »Canning!« Ein Schrei des Entsetzens gellte durch das Tal.
    Keiner, der nicht erblaßt und bis in die innerste Tiefe erschreckt war. Es war wahr, was Lee gesagt hatte. Da lag Canning. Anscheinend in tiefem Schlaf. Um ihn herum lagen die Früchte, von denen er gegessen hatte.
    »Wir müssen ihn sofort ins Lager bringen«, sagte Royas. »Vielleicht, daß doch irdische Arzneikunst ihn retten kann. Dr. James Harding, der ihre Expedition als Arzt begleitet, genießt am Smithsonian Institute den Ruf eines tüchtigen Toxikologen. Wenn eine Rettung möglich ist, dann nur durch ihn.«
    Die Insassen beider Lager wunderten sich, daß der Jonas Lee nach so kurzer Zeit schon wieder zurückkehrte. Noch größer war ihr Staunen, als er unmittelbar neben dem Stern aufsetzte.
    Anwesend waren nur Oberst Robartson und Dr. Harding. Schnell waren sie aufgeklärt. Noch immer lag Canning in tiefem Schlaf. War es der Vorläufer des Todes… War es nur der Schlaf übergroßer Ermüdung? Seine Kleider, seine Schuhe verrieten, daß er einen langen, schweren Marsch hinter sich gehabt hatte…
    Behutsam wurde Canning in sein Zelt gebracht. Der Jonas Lee kehrte zu seinem Liegeplatz zurück. Man hatte für diesen Tag die geplante Erkundungsfahrt aufgegeben.
    Van der Meulen, Serrato und Robartson standen im Gespräch vor dem Zelt. Dr. Harding und Professor Royas untersuchten

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