Das Erbe der Uraniden
das? Derselbe wie der in Lahore? Merkwürdig! Aber es war doch eine Kleinigkeit, den Namen dieses Mannes in Lahore festzustellen, Sie sagten doch, daß er dort ansässig gewesen sei, daß er in einem Haus in der Vorstadt eine Wohnung gehabt habe.«
Der Inder griff in seine Tasche, suchte unter den Papieren, die er herausgenommen hatte, und entfaltete einen kleinen Zettel.
»Der Mann, so sagte man mir, als ich mich erkundigte, heißt Dr. Sydney Stamford.«
»Stamford?« Canning war aufgesprungen, ging erregt hin und her. »Stamford? Ein Nachbar von mir, ein Haziendabesitzer, mit dem ich auf schlechtem Fuß stehe, heißt Stamford… Ah, ich erinnere mich, ein Verwandter von ihm ist Arzt. Er war, wie ich zufällig hörte, öfters Gast bei dem alten Stamford, und der sollte mit Gorm in Buenos Aires gewesen sein? Ah, jetzt verstehe ich, die werden auf der Durchreise nach Santa Marguerita über Buenos Aires gekommen sein. Sie sind vielleicht jetzt drüben bei dem alten Stamford.«
Sarata erhob sich jäh.
»Es ist, verzeihen Sie, Senor Canning, eine unerklärliche Unruhe, die mich plötzlich befallen hat. Gestatten Sie, daß ich mich auf kurze Zeit entferne.«
Canning sah dem Wegeilenden verwundert nach. Was ist mit ihm? Was hat er?
Noch dachte er nach, da wurde die Tür aufgerissen, der Inder stürzte herein. Der Turban war ihm vom Kopf gefallen, die Haare zerrauft, das pockennarbige Gesicht grün und gelb vor Wut.
»Sie ist fort! – Sie ist geraubt – Majadevi!« schrie er. Der Schaum stand ihm auf den Lippen. Wie ein Rasender rannte er in dem Raum hin und her, stieß in allen möglichen Sprachen die heftigsten Verwünschungen aus.
»Sind Sie des Teufels? Das Mädchen geraubt? Aus meinem Hause geraubt? Undenkbar! Wie kommen Sie auf…«
»Sie sagten es ja selbst… Stamford, Gorm, sie sind hier in der Nähe. Schon einmal in Lahore… niemand anders als…«
»Ah!« Canning war aufgesprungen. »Bei Gott, ich glaube, ich tat Ihnen unrecht. Nach dem, was Sie mir vorher erzählten… doch jetzt auf! Ist es so, dann können sie nicht weit sein.« Canning eilte, von dem Alten begleitet, hinaus. In kurzer Zeit war die Dienerschaft versammelt. Ein paar aufklärende Worte, dann begann man, von der Hundemeute unterstützt, den Park und die Umgebung des Hauses abzusuchen. Das helle Mondlicht erleichterte die Arbeit. Auch Canning und der Inder beteiligten sich aufs eifrigste.
Vom nördlichen Parktor erscholl plötzlich lautes Rufen. Canning eilte dahin.
»Hufspuren!« riefen ihm die Diener entgegen. »Die Spuren kommen von Norden her, führen auch wieder dahin zurück.«
»Zwei Autos herbei!« schrie Canning.
»Fremde Pferde, Senor Canning«, redete ihn der Majordomo an, »von unseren Tieren können es keine gewesen sein.« Die Wagen kamen. Canning mit einem Dutzend seiner Leute sprang in den ersten.
»Den Spuren nach«, rief Canning. Die Wagen setzten sich in Bewegung. Die Hufspuren waren im hellen Mondlicht leicht zu erkennen. Da hielt der erste Wagen an. Die Spuren der drei Pferde, die man bisher verfolgt hatte, waren plötzlich in die einer großen Pferdeherde eingemündet, die ihren Weg, von Westen kommend, nach Osten, dem Flusse zu, nahm.
Doch nur ein kurzes Stück. Dann, als seien die Tiere in Schrecken oder Verwirrung gesetzt, gingen die Spuren nach allen Seiten auseinander. Unmöglich, aus der Unzahl der Pferdetritte die Spuren der Verfolgten herauszufinden. Weiteres Suchen wäre nutzlos gewesen. Der Inder beschwor trotzdem Canning, die Suche fortzusetzen, doch der lehnte ab, schüttelte mißmutig den Kopf. »Es wäre ein blinder Zufall, wenn wir unter den vielen Hunderten die rechte Spur fänden.«
Er gedachte die Sache anders anzufassen. Zu Hause angelangt, schickte er einige seiner gewandtesten Leute aus, die Santa Marguerita beobachten und melden sollten, ob Sidney Stamford dort weile. Im Laufe des Morgens kamen die Boten zurück. Dr. Stamford war allerdings mit einem Freunde in Santa Marguerita gewesen, doch waren sie schon am Mittag des vergangenen Tages in einem Flugzeug fortgeflogen.
*
»Wer hätte gedacht, Mr. Harrod, daß sich schon so bald die Gelegenheit finden würde, die Früchte Ihrer Arbeiten praktisch zu verwerten. Ich habe keinen Zweifel, daß Ihre Rakete den Pestbrocken zum Mond bringt.«
»Ohne Zweifel, Mr. Canning. Man hätte ruhig ein schwereres Stück aus dem Boden herausarbeiten können. Die Tragkraft der Rakete ist groß genug.«
»So würde, vorausgesetzt, daß auch alles
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