Das Erbe der Uraniden
in das Haus gehalten hätte. Selbst der ernste alte van der Meulen, angeregt von dem frohen Geplauder, lachte des öfteren sein stilles Lachen. Nach beendeter Mahlzeit war Ronald der Einladung van der Meulens gefolgt und mit ihm in sein Arbeitszimmer getreten. –
Schon stundenlang dauerte die Unterredung darin. Violet strich immer wieder mit klopfendem Herzen an der Tür vorbei, konnte sich nur mit Mühe bezwingen, das Ohr nicht an das Schlüsselloch zu halten und zu horchen. Auch Hortense war von einer seltsamen Unruhe ergriffen.
Endlich, eine Ewigkeit schien schon vergangen, öffnete sich die Tür. Ronald Lee trat heraus, sein Gesicht war bleich, doch die Augen leuchteten in heller Siegerfreude.
Hortense ging unwillkürlich ein paar Schritte auf ihn zu, in ihren Augen drängte die stumme Frage: Wie ist’s geworden?
Ronald Lee streckte ihr die Hände entgegen.
»Die große Güte Ihres Vaters wird es mir erlauben, meine Pläne in die Tat umzusetzen, Miß van der Meulen.«
Hortense drückte impulsiv seine Hände stärker.
»Ich freue mich, Mr. Lee, freue mich mit Ihnen auf die Zeit, die jetzt kommen wird.«
»Ich taxiere, Hortense, daß du Schülerin von Mr. Lee werden willst«, lachte van der Meulen, der in die Tür getreten war. »Hüten Sie Ihr Geheimnis, Mr. Lee!« –
Der Bau war beschlossen. Ein Raumschiff sollte es werden, den älteren, bisher bekannten und benutzten Wasserstoffraketen in seinen Leistungen unendlich überlegen. Nicht mehr die auspuffenden Verbrennungsgase sollten dies neue Schiff durch den Raum treiben. Elektronen, die, durch die Gormsche Energie frei gemacht, beinahe mit Lichtgeschwindigkeit von den Triebflächen ausgestoßen wurden, sollte die Energie für den Flug liefern.
In der Unterredung der beiden Männer war es Lee gelungen, durch die Kraft der Überzeugung, die aus seinen Worten klang, den skeptischen Alten ganz für sich zu gewinnen.
Als die Kostenfrage zur Sprache gekommen war, hatte Ronald Lee nur zögernd die hohe Summe genannt, im stillen gefürchtet, daß daran zu guter Letzt vielleicht noch alles scheitern könne. Doch van der Meulen hatte nur stillschweigend genickt.
Noch in der Nacht waren Angestellte van der Meulens in Buenos Aires fieberhaft beschäftigt, nach seinen telefonischen Direktiven die Bestellungen auszuführen, die für den Bau einer Werft in Buena Vista notwendig waren. Im Laufe der nächsten Tage kamen schon die ersten Transportflugschiffe an.
Am Nachmittag kam Canning nach Buena Vista. Er wußte, daß Ronald Lee erwartet wurde. Er hatte jedoch von vornherein stärkste Bedenken geäußert.
Als er auf dem Außenhof landete, sah er zu seinem Erstaunen Hortense und van der Meulen mit einem Fremden in lebhaftem Gespräch vor großen Stapeln von Baumaterialien aller Art stehen. Eine größere Anzahl von Arbeitern war auf dem Platz beschäftigt Sie schleppten Balken, Bretter, Träger und dergleichen zu verschiedenen Stellen hin.
Er trat auf die Gruppe zu, küßte Hortense die Hand und begrüßte van der Meulen.
»Mr. Ronald Lee«, stellte van der Meulen den Fremden vor. »Sie sehen uns schon in bester Arbeit, Don Roberto.«
»Ah! Wär’s möglich! Sie haben sich so schnell entschlossen?« Er deutete auf die Arbeiter. »Sie bauen gar schon?«
Wie mißtrauisch gingen seine Augen von einem zum anderen.
»Nun!« lachte van der Meulen, »Mr. Lee kam schon gestern. Wir hatten eine Unterredung, und… hier sehen Sie das Ergebnis. Wir bauen das neueste Raumschiff, das heißt zunächst die Werft.«
»Also doch!« Canning zuckte die Achseln, wandte sich dann zu Lee. »Verzeihen Sie, mein Herr, wenn ich offen rede. Ich habe, freilich ohne Ihre Pläne zu kennen, Mr. van der Meulen gewarnt. Ich bin selbst Physiker und halte nach dem jetzigen Stand der Wissenschaft ein derartiges Unternehmen für verfrüht. Aber vielleicht werde ich meine Meinung ändern, wenn ich mit Ihren Plänen genauer bekannt sein werde – das heißt, ich will keineswegs in Ihr Geheimnis eindringen. Selbstverständlich müssen Sie die größte Zurückhaltung üben…«
Ronald Lee warf einen fragenden Seitenblick auf van der Meulen. Dieser zögerte einen Augenblick, sprach dann:
»Nun, die Grundzüge Ihrer Erfindung sind wohl kein Geheimnis. Man beschäftigt sich ja schon lange mit diesen Theorien. Nur eins – aber schließlich auch das mag die Welt erfahren – das eine, zweifellos Interessanteste – das alles beruht auf Gormschen Ideen. Das gab für mich den Ausschlag.«
»Wie?
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