Das Erbe der Uraniden
nicht aus den Augen verloren, wäre ihm Tag und Nacht auf den Fersen geblieben, um so vielleicht die Spur zu Majadevis Aufenthalt zu finden.
Unter einem Baume schlug er sein Nachtlager auf. Noch einmal machte er die Probe. Majadevi war wieder hier im Lande, weit oben im Norden – der telepathische Konnex, der ihn seit langem mit ihr verband, hatte es ihn sicher erfühlen lassen.
Noch ehe die Sonne sich erhob, sprang er auf, warf das Bettlergewand ab, holte aus seinem Bündel einen Anzug, wie ihn die Händler trugen. Er wollte bei seinem Suchen nach Majadevi in der Rolle eines Wollkäufers auftreten…
Da stand er auf dem Flugplatz, bestieg das erste Kursflugzeug, das nach Norden ging.
Während des Fluges kam ihm ein Gedanke. Er wandte sich an den Steward und fragte ihn nach drei Personen, die vor kurzem ebenfalls mit dieser Linie nach Norden geflogen seien. Er beschrieb dem Steward genau das Aussehen von Gorm, Stamford und Majadevi. Ob der Steward sie vielleicht gesehen habe und sich ihrer erinnern könne.
Der Steward verneinte und wollte weitergehen. Dann, als fiele ihm etwas ein, drehte er sich nochmals um.
»Wann wären die Leute geflogen? Vor einigen Tagen? Nein! Ich erinnere mich aber, daß vor einigen Wochen zwei Passagiere an Bord waren, auf die die Beschreibung wohl paßt. Es waren Westländer, die mir durch ihre Größe auffielen. Sie waren selbst für Westländer große Männer.«
Im Augenblick hatte Sarata die Lage erfaßt. »Sie waren damals ohne das Mädchen? Nicht wahr?«
Der Steward nickte. »Gewiß!«
»Ah! Wissen Sie noch, wie weit sie flogen? Wo sie ausgestiegen sind?«
»Gewiß! In Dargu.«
»Nun, das genügt mir.« Er drückte dem Steward ein Geldstück in die Hand und ging in die Kabine. Hier atmete er erleichtert auf. Ein großer Teil seiner Arbeit war ihm abgenommen. Von Dargu aus würde ihm die Suche leichter werden. Westländer hielten sich nicht häufig in diesem Hochgebirge auf. –
In Dargu verließ er das Flugzeug.
Schon am Abend wußte er, daß der eine der beiden Fremden bisweilen in das Kloster Suru kam. Unverzüglich machte er sich auf den Weg dorthin.
Kaum, daß der nächste Morgen anbrach, umschlich er das Kloster und den Garten, die von einer gemeinsamen Mauer umgeben waren. Alle Türen waren verschlossen. Nur auf Klopfen wurden sie durch den Pförtner geöffnet. Er überlegte lange. Sollte er klopfen, sich erkundigen, sollte er hier auf gut Glück warten in der Hoffnung, daß Gorm wieder einmal hierherkäme?
Eine leichte Staubwolke dort hinten auf dem Weg nach Osten ließ ihn aufmerken. Er suchte sich zu verbergen, sprang über die Mauer, die teilweise verfallen und niedrig war, und versteckte sich im Gebüsch. – Durch die schattigen Gänge des Gartens bewegte sich die Gestalt eines Mannes. Die hageren Glieder umschloß das gelbe Mönchsgewand. Häufig blieb er stehen, murmelte wirre Worte vor sich hin. Die Arme, zum Himmel erhoben, gestikulierten wild durch die Luft. Er ging ein paar Schritte weiter, dasselbe Schauspiel wiederholte sich…
Jetzt schoß er plötzlich wie ein Blitz hinter die hinabhängenden Zweige eines Baumes und blieb verschwunden. Nach einer Weile bogen sich die Zweige weit auseinander… der Irre starrte mit weitgeöffneten Augen, in denen tödliches Entsetzen stand, nach Sarata, der eben über die Mauer gesprungen und in dem dichten Gebüsch verschwunden war.
Das Gesicht des Mannes schien wie erstarrt in hilfloser Angst. Vergeblich sah er sich nach allen Seiten um, wohin er flüchten könne. Er wollte schreien, öffnete den Mund, schlug sich mit der Hand darauf, wagte es nicht. Seine Hände umklammerten den Stamm des Baumes, als trügen ihn die zitternden Knie nicht länger…
Da horchte er plötzlich auf. Die Tür, die zum Kloster führte, hatte sich geöffnet. Der Abt, an seiner Seite ein Westländer, trat in den Garten.
Der Mann hinter dem Baume sah, wie der Inder jetzt die Zweige auseinanderbog, mit haßerfüllten Blicken nach den beiden schaute. Sah, wie er die Fäuste ballte, sich bückte, als setzte er zu einem Sprung an. Der Mann hinter dem Baum fuhr sich über die Augen. Der irre Blick darin verlor sein Flackern.
Jetzt reichte der Abt dem Fremden die Hände, als wolle er sich verabschieden, sprach noch ein paar Worte, machte das heilige Zeichen über ihn und ging ins Kloster zurück. Der andere schritt auf dem Wege weiter, der zu einem Tor der Umzäunung führte.
Kaum war er in die Nähe des Gebüsches gekommen, in dem Sarata
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