Das Erbe der Uraniden
Ronald Lee, »hat es fertiggebracht, den dunklen Kopf zu erleuchten. Aber so wahr ich hier sitze, gemacht wird das Experiment doch! Dafür wird die blinde Menschheit schon sorgen… zumal es ja gar nicht so große Schwierigkeiten machen wird.«
»Nun, mögen sie! Es wird jedenfalls ein schönes Schauspiel werden«, sagte Hortense und wandte sich dann zu Lee.
Sie erhob sich, nickte den anderen leicht zu und ging mit Lee aus dem Zimmer. Canning sandte dem Paar einen finsteren Blick nach.
»Ja, ja, Mr. Canning!« lachte van der Meulen, »Hortense entwickelt sich zu einem perfekten Ingenieur. Keine anderen Gedanken hat sie als die Werft, den Bau des Schiffes.«
»Ich sehe… Leider! Kaum, daß Hortense mir einen Blick, ein paar Worte gönnt.« Er sah kurz nach Violet hinüber, die sich, verlegen erhob und hinausging.
»Ein Wort unter uns Männern, Mr. van der Meulen! Sie selbst hatten das Glück, eine geliebte Gattin zu besitzen. Sie werden sich der schönen Zeit Ihres Brautstandes erinnern. Vergleichen Sie, und Sie werden einsehen, daß das Verhältnis zwischen Hortense und mir sich in einer Weise entwickelt hat…«
Van der Meulen strich sich den Bart und nickte nur stumm vor sich hin.
»Ihr Schweigen sagt mir genug – «, Canning ging erregt im Raum auf und ab. »Wäre meine Liebe zu Hortense nicht so groß, schon längst hätte ich dem allen ein Ende gemacht.«
»Ich sehe es ein. Sie haben recht, Don Roberto. Doch ich kann und will mich nicht einmengen. Hortense ist mein einziges Kind. Sie muß allein entscheiden. Sprechen Sie mit ihr. Ich will hoffen, daß sich alles zum Guten wenden wird. Doch wenn sie ihre Liebe gewandelt hat – ein Zwang von meiner Seite ist ausgeschlossen.«
»Gut, Mr. van der Meulen. Vielleicht, daß Hortense sich herabläßt, mir eine Unterredung zu gewähren, daß sie die Gesellschaft dieses Lee auf kurze Zeit entbehren kann«, setzte er in halbem Tone hinzu.
»Don Roberto! Den Vorwurf, der in Ihren Worten lag, muß ich zurückweisen. Hortense van der Meulen vergißt sich nicht! Ich werde selbst gehen, sie hierherschicken.«
Zu einer Ewigkeit dehnte sich die Zeit für Violet, die in Hortenses Zimmer saß und sie erwartete. Van der Meulen hatte ein Pferd bestiegen und war fortgeritten.
Schon seit einer halben Stunde waren die beiden allein in dem Teeraum. Unerträglich war die Spannung! Violets Herz war bei Hortense. Sie wußte, welch schweren Kampf sie kämpfte.
Hortense… Würde sie dem alten Zauber wieder unterliegen?
Violets Hände falteten sich, als müsse sie den Himmel bitten, der geliebten Freundin beizustehen.
Ein polterndes Geräusch drinnen riß sie auf. Mit zitternden Knien eilte sie zu der Tür. Da sprang diese auf. Canning stürmte heraus. Fast hätte er sie umgerissen. Mit ein paar Sprüngen war sie in dem Zimmer.
»Hortense! Liebe Hortense!« Violet kniete neben ihr.
»Alles wird gut werden«, flüsterte sie ihr ins Ohr. »Er ist fort, dieser Mann! Nie werden Sie ihn wiedersehen.«
In dieser Stunde erreichte Harrod in Johannesburg das Radiogramm Cannings:
»Wir bauen!«
*
Gorm und Sidney Stamford saßen in der Abendkühle vor der Wellblechhütte. An der Ecke des Hauses hinter einer Schutzwand ruhte Majadevi auf einem Liegestuhl. Die beiden unterhielten sich in deutscher Sprache, die Majadevi nicht beherrschte.
»Woher der plötzliche Rückfall?« fragte Gorm mit einem besorgten Blick zu der Schläferin. »Seit zwei Tagen ist ihr Zustand wieder schlechter geworden. Ich stehe vor einem Rätsel.«
»Der Arzt findet das erklärlich. Sie dürfen nicht vergessen, Gorm, daß Majadevi erst kurze Zeit bei uns in Sicherheit ist. Mit Rückfällen muß man rechnen. Man weiß ja nicht, wie lange die Ärmste in den Händen dieses alten Halunken gewesen ist. Es wäre mir sehr wertvoll, das zu wissen. Aber wie schon immer gesagt, muß ich warnen, allzusehr in sie zu dringen. Ich bin überzeugt, hätten wir sie nicht dem Inder weggenommen, würde sie bald ein trauriges Ende gefunden haben. Die Bande, mit denen sie der Alte an sich gekettet hatte, sind so stark, daß es noch langer Zeit bedarf, ehe ich die letzten Hemmungen bei ihr überwinden werde. Meine Kraft reicht nur aus, sie durch unausgesetztes Beeinflussen ihres Willens vor heimlichem Entfernen zu bewahren. Ihre Seelenkraft ist durch die jahrelange Hörigkeit, in der sie der Inder gehalten hat, so geschwächt, daß ihr mit nachhaltiger Wirkung noch nicht beizukommen ist.«
»Unerklärlich!« erwiderte Gorm,
Weitere Kostenlose Bücher