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Das Erbe der Uraniden

Titel: Das Erbe der Uraniden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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gesagt. Na! Das soll der Deubel begreifen!
    Da, wahrhaftig! Er preßte sein Gesicht an die Fensterscheibe. Majadevi hatte sich erhoben. Sie stand einen Augenblick, streckte wie abweisend die Hände aus. Dann… die Arme sanken hernieder. Den Kopf gebeugt, schritt sie langsam, als zwinge sie eine äußere Gewalt, um das Haus herum. Nun begann sie dem Abhang nach den Felswänden hin zuzuschreiten.
    Vom Hinterfenster des Hauses konnte Tim Broker den Weg ein großes Stück verfolgen.
    Kaum war das Mädchen am Fuß der Klippen angekommen, kroch Tim mit der Geschwindigkeit eines Wiesels den Weg hinan und hielt sich dabei immer im Schatten des dichten Gestrüpps zur Seite. Am Fuß der Felswand sah er das Mädchen wieder, wie es wie eine Schlafwandelnde einen halsbrecherischen steinigen Pfad emporklomm, der nur für Schwindelfreie gangbar war.
    Der Schein des schwindenden Tageslichtes fiel voll auf die Felswand. Wollte er nicht gesehen werden, mußte er hier liegenbleiben und warten, bis Majadevi oben angekommen war. –
    Tage und Nächte, ununterbrochen, ohne Schlaf, kaum daß seine Lippen Speise berührten – lag Sarata hinter dem Felsgrat auf der Lauer. Ununterbrochen sandte sein Gehirn stärkste Wellen aus, arbeitete, die gelockerten Fesseln Majadevis fester zu knüpfen. Als er jetzt endlich – schon wollte er verzweifeln – Majadevi auf sich zukommen sah, vergaß er alle Vorsicht. Die ungeheure Anstrengung hatte ihn stark ermüdet. Sein Auge sah nichts als das Mädchen. Nur daß er ab und zu durch das Glas einen Blick nach der Werft sandte, wo Stamford und Gorm emsig arbeiteten. Er vergaß die Vorsicht so weit, daß er Majadevi die letzten Schritte entgegeneilte, sie an sich riß und zu dem Pfad führte, der sich am Hang entlangzog.
    An einer Stelle angekommen, wo der Weg so schmal wurde, daß nur einer bequem gehen konnte, zwang er Majadevi, vor sich herzugehen, sie zur schärfsten Eile anspornend.
    Da plötzlich sah er etwas Dunkles über seinem Kopf schweben. Noch ehe er begriff, was es war, schlang sich ein Strick um seinen Hals und riß ihn zu Boden. Der starke Aufprall auf den Felsboden betäubte ihn vollends. Er fühlte nicht, wie geschickte Hände ihm Arme und Füße zusammenschnürten.
    »Ging ja tadellos!« brummte Tim Broker vor sich hin. »Der läuft nicht weg. Leben tut er auch – hoffentlich –, aber jetzt?!«
    »Miß Majadevi!« Tim bemühte sich, seiner Stimme einen gewissen Schmelz zu verleihen.
    Sie hörte nicht und schritt weiter. Noch einmal derselbe Ruf, etwas lauter, aus Tims Munde. Doch wieder ohne Erfolg.
    Tim Broker beschleunigte seine Schritte. Er brummte vor sich hin: »Was soll ich jetzt machen? Sie will nicht, wie’s scheint… der Herr hat von so was nichts erzählt… ist aber doch ausgeschlossen, daß ich das arme Ding allein da weiterlaufen lasse. Mit Gewalt festhalten?«
    Ratlos schritt er hinter ihr her. Ein Stückchen weiter vor ihnen verbreiterte der Pfad sich wieder. Er dachte, so kann’s gelingen. An der breiten Stelle angekommen, sprang er an Majadevi vorbei, stellte sich ihr mit ausgebreiteten Armen in den Weg.
    Mit klopfendem Herzen sah er, wie sie weiterschritt, als wäre er nicht da. Jetzt! Sie stieß ihn an, schreckte zusammen. Ein lauter Schrei aus ihrem Munde. Wimmernd sank sie nieder. Fast zitterten Tim die Glieder. Was hatte er da getan?
    Da, in seiner höchsten Not, fiel ihm der Vaqueropfiff der Pampas ein. Er schob die Finger zwischen die Lippen, stieß einen schrillen Pfiff aus, der in vielfachem Widerhall von den Felswänden zurückgeworfen wurde. Noch ein paarmal denselben Pfiff.
    Der Doktor müßte ihn kennen, flüsterte er vor sich hin, er müßte wissen, daß ein Mann in Not ist…
    Eine Weile verharrte er, wollte eben wieder pfeifen, da sah er den Herrn im schnellen Lauf den Weg entlangeilen, Dr. Stamford dicht hinter ihm. Dieser blieb bei dem Inder stehen, während Gorm auf Majadevi zuschritt.
    »Was ist’s?« kam es keuchend von seinen Lippen. Tim stotterte ein paar unverständliche Worte. Gorm beugte sich zu der Liegenden. Wie eine Feder hob er sie auf und trug sie den Weg hinab.
    »Soweit wäre alles gelungen«, sagte Stamford, als sie in dem Wellblechhaus wieder zusammensaßen. »Tim hat seine Aufgabe gelöst. Jetzt wäre die Reihe an mir. Was dann mit diesem Halunken zu tun ist, weiß ich im Augenblick nicht. Jedenfalls reizt mich meine Aufgabe aufs höchste. Ich hatte noch nie Gelegenheit, meine Kräfte an einem so starken Gegner zu versuchen.

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