Das Erbe der Uraniden
wir sie nicht empfangen könnten, sondern die schwebenden Sternwarten der amerikanischen Ostküste die Glücklichen wären. Doch vergeblich hatte ich darüber nachgesonnen, wie wir in unserer Bildersprache diesen Uraniden unseren Wunsch klarmachen könnten.«
Ein Assistent stand auf.
»Wie wäre es, wenn wir ihnen einen unserer neuesten Lehrfilme über den Stand unserer Metallurgie zeigten. Ich halte diesen Zweig unserer Technik deshalb für besonders geeignet, weil wir gerade an der Schwelle zwischen der Stahlzeit und der kommenden Zeit des Leichtmetalls stehen. In einer solchen Sendung von unserer Seite liegt nach meiner Meinung eine ausgesprochene Frage dahin: auf welchem Stand der Metallurgie seid ihr?«
»Gut!« rief Professor Franke, »der Vorschlag läßt sich hören. Ein passender Film wird sich beschaffen lassen. Warten wir indes auf weitere Zeichen.«
Doch die Zeit verrann. Schweigen da oben. Eine Stunde später brachte ein Botenschiff den verlangten Film. Der Assistent stellte die Sendestation ein, ließ den Film rollen. –
Der Film war abgelaufen. Gespannt wartete alles auf die Antwort. Es dauerte eine geraume Weile. Die Fluoreszenzscheibe blieb dunkel.
Endlich blitzte es auf dem Schirm auf. Alles war aufgesprungen, drängte herzu. Ein bedrucktes oder beschriebenes Blatt. Eine Menge kleiner Zeichen, die wohl als Schriftzeichen anzusehen waren.
Der Aufnahmeapparat der Warte filmte alles, was auf der Fluoreszenzscheibe erschien. Vielleicht, daß später einmal der Schlüssel für diese Zeichen gefunden würde.
Ein paar Minuten waren vergangen. Das Blatt verschwand. Das lebende Bild begann zu rollen.
Die Zuschauer, alle Wissenschaftler von Rang, zitterten vor Erregung. Ihre Nerven waren aufs höchste gespannt, ihre Augen gruben sich in die Bilder… Träume von zukünftigen Tagen irdischer Technik… hier mußten sie verwirklicht sein, mußten als Teile oder gar nur als Bausteine einer unendlich hohen Technik bildhaft werden.
Was zu sehen war, übertraf alle Erwartung. Kaum daß das Auge die Wunder dieser Höchstleistung denkenden Geistes zu fassen vermochte. Vieles, für das die Begriffe fehlten, blieb unverständlich.
In atemloser Spannung verharrte alles, blieb in stummer, staunender Bewunderung noch lange, als längst das letzte Bild des Filmes erloschen war. –
Ein Räuspern hier und da. Bewegung kam in die Menschen. Einige erhoben sich. Da! Die Fluoreszenzscheibe leuchtete wieder auf. Aller Augen wandten sich dahin.
Ein neuer Film?
Nein! Eine Direktübertragung!
In einen Liegestuhl zurückgelehnt sah man die Gestalt eines älteren Mannes. Die klugen Augen unter der hohen Stirn, die durchgeistigten Züge verrieten den Gelehrten. Neben ihm auf einem Tischchen lag ein umfangreiches Buch.
Er blätterte darin langsam. Man sah Bilder, ohne Einzelheiten zu erkennen. Blätter, anscheinend mit mathematischen Zeichen bedeckt. Die Augen des Mannes waren in weite Fernen gerichtet, als blicke er zu denen, die das Buch sehen sollten.
Nach einer Weile ließ die Hand das Buch los und sank schlaff herunter. Er schloß die Augen. Seine Züge verzogen sich schmerzhaft. Die Decke über seiner Brust hob sich unter schweren, stoßweisen Atemzügen.
Nach einer Weile schlug er die Augen wieder auf. Der Blick ging wie in fernste Fernen. Die Hand tastete sich nach einer Schale mit Früchten. Die Finger ergriffen einen schönen Apfel. Er hob ihn hoch, warf ihn von sich. Seine Blicke drückten Abscheu, Widerwillen aus… Dann fiel er in den lethargischen Zustand zurück.
Plötzlich war das Bild verschwunden. Noch lange verharrten die Versammelten um Professor Franke regungslos in Erwartung neuer Zeichen. Die Scheibe blieb dunkel.
Schrilles Glockensignal. Verbindung mit Greenwich! Professor Moore rief Franke an. Der ergriff den Hörer. Ein lebhaftes Zwiegespräch. Die anderen verstanden nur bruchstückweise den Inhalt der Unterhaltung, warteten neugierig auf das Ende.
Endlich legte Professor Franke den Hörer fort.
»Nun, meine Herren, diesmal gehen unsere Meinungen über das Gesehene nicht auseinander. Die Zeichen und Bilder waren so deutlich, daß ein Mißverständnis nicht aufkommen konnte. Trotzdem sind wir dahin übereingekommen, unsere Berichte vollkommen unabhängig voneinander abzufassen und bekanntzugeben.«
Am nächsten Abend brachten Presse- und Radioagenturen die Berichte der Berliner und Greenwicher Luftsternwarten.
Die Welt stürzte sich darauf. Nach langem Harren war die Neugierde aufs
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