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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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das ich für ihn band, fertigte er Zeichnungen und Skizzen von ihnen an. Und beschrieb mit Stichworten ihre Eigenschaften. Es war gefährlich, aber ich sah mich außerstande, ihm ein solches Geschenk vorzuenthalten. Dann kamen die Priester und brachten ihn fort, nahmen ihn mit, damit er seinen Pflichten im Dorf T’nink nachging. Als ich ihn unterwies, warnte ich ihn davor, anderen Leuten zu erzählen, er könne lesen. Als man ihn mir nahm, hatte ich gerade noch Zeit genug, diese Warnung zu wiederholen.
    Ich machte mir eigentlich keine allzu großen Sorgen um ihn. Er war sehr klug und wußte, wie er sich verhalten mußte. Andererseits jedoch … ach, er war so hübsch!
    Und deshalb befürchtete ich Schwierigkeiten. Das war die Falle, die um ihn herum zuschnappte.
    Die Unsterbliche kam durch das Dorf, in dessen T’nink er diente.
    Avagrunn sah und begehrte ihn. Nahm ihn mit.
    Ich hatte Freundinnen in jener Siedlung. Eine von ihnen sah, was geschah, und sie kam zu mir, um mich davon zu unterrichten, um zu versuchen, mich zu trösten.
    Juranot verriet seine Kenntnisse. Vermutlich konnte er gar nicht anders - er war nur ein Junge und hatte es mit einer Frau zu tun, die in Äonen die Kunst der heimtückischen Verführung und des Schreckens erlernt hatte. Er sagte ihr nicht alles, da bin ich ziemlich sicher, aber irgendwie muß er ihr gezeigt haben, daß er die Bedeutung von Buchstaben und geschriebenen Wörtern verstand.
    Das genügte Avagrunn. Man brachte mir seinen Kopf, die Priester und eine Gruppe von Jägern. Sie brandmarkten mich und vertrieben mich aus meinem Heim. Sie ließen alles in Flammen aufgehen, töteten meine Verwandten, brachten alle um, bis auf mich. Mich ließen sie leben, damit ich mich erinnern und meine Vergehen beweinen konnte. O ja, sie sterilisierten mich auch, um sicherzustellen, daß mein schändliches Blut niemals wieder in den Adern einer anderen Person fließen kann. Und jetzt? Avagrunn wird sich niemals verändern. Solange sie lebt, solange ihre Macht das Matriarchat stützt, bleibt alles beim alten. Weißt du, Hoffnung - das ist die einzige Pein, die ich nicht zu ertragen vermag. Ich hoffe nicht.
    Ich werde den Rest meiner Tage hier verbringen, in der Einsamkeit. In jedem Frühling schere ich die Schafe, und mit dem Erlös der Wolle kaufe ich mir die Dinge, die ich benötige. Wenn die Zeit kommt, werde ich hier sterben, und dann endlich habe ich wieder einen Nutzen. Dann wird mein verwesender Körper die Bäume düngen und den Aasfressern die Mägen füllen. Ob ich das Damals bedauere? Ich bedauere überhaupt nichts. Stellte man mich heute vor die Wahl, würde ich die gleichen Entscheidungen treffen. Mein lieber Junge - wie konnte ich seine Seele mit Unwissenheit betäuben? Sollte ich ihm das Bein brechen, um ihn zu einem Krüppel zu machen, ein Auge ausreißen, um die herrliche Symmetrie seines Gesichts zu zerstören? Ebensowenig war ich dazu in der Lage, seinen Wissensdurst zu ignorieren. Ich fühle mich nicht schuldig für das, was ich tat. Die Schuld liegt allein bei der Unsterblichen, bei Avagrunn. Wenn ich ihr die Hände um den Hals legen könnte, würde ich mich freuen festzustellen, wie unsterblich sie wirklich ist. Aber in dieser Hinsicht gibt es keine Hoffnung, und deshalb hoffe ich nicht. Ah, ich bin es satt, darüber zu sprechen. Es hat keinen Sinn; derartiges Gerede führt zu nichts. Geh jetzt. Ich habe dir nichts mehr zu sagen. Geh!
    Vrithian
    Handlung am Rande (3)
    Amaiki berührte den Schirm, und als er sich daraufhin erhellte, faltete sie die Hände zusammen, um ihr Zittern zu unterdrücken. Vor sich sah sie die Gesichter derjenigen, die sie liebte. Der kleine Muri ganz vorn; Kimpri, die sich über seine Schulter beugte; Keran, die sie alle überragte, ein schiefes Lächeln im schmalen Gesicht; Betaki. die sich an sie lehnte, ein fröhliches Blitzen in den ellipsoiden Augen. Und Se-Passhi, ihr Naish, an Muri geschmiegt.
    Amaiki mochte sie alle und sehnte sich nach ihnen. Sie auf diese Weise zu sehen, ohne sie berühren oder riechen zu können das war fast mehr, als sie zu ertragen vermochte. Betaki hielt den jüngsten Brütimg empor, einen kleinen und goldenen Naish, der Segen des Segens eines Partnerschaftszirkels.
    Amaiki schnappte unwillkürlich nach Luft und beugte sich näher an den Schirm heran, hob die Hand, um das kleine und blinde Gesicht zu berühren, das Herz so voller Freude, daß sie keinen Ton hervorbringen konnte. Sie vollführte die Segnungsgeste, beschrieb

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