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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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wenn er es hört. Komm schon, Alter Vryhh. Ich bin ihr Gefasel satt.
    Hyaroll schüttelte die Hand der Frau ab und wandte sich an Eisenkopf. »Megathen, begleite sie hinaus.«
    Willow beugte sich vor, unterdrückte ein breites Grinsen und wartete.
    Die Frau starrte auf die glänzenden und kantigen Flächen des Nicht-Gesichts von Eisenkopf. »Rühr mich nicht an. Ich komme der Aufforderung auch so nach.« Sie bedachte Hyaroil mit einem brennenden Blick. »Das dreckige Halbblut wird es hier nicht einmal ein Jahr lang aushalten. Verlaß dich drauf. Warte nur ab . . .«
    Sie wirbelte um die eigene Achse und marschierte in Richtung der zottelig wirkenden Kadraesh-Bäume und der weißen Platten davon, auf denen die Gleiter landeten.
    Willow schnitt eine Grimasse und drehte sich um, so daß Sonnenkind nicht die in ihren Zügen zum Ausdruck kommende Enttäuschung sah und entsprechende Fragen stellte.
    Hyaroll wanderte auf das Haus zu, gefolgt vom schweigenden Eisenkopf, der sich so elegant bewegte, als sei er ein lebendiges Wesen, als bestünde er nicht aus starrem Metall. Die dem Vryhh dienenden Eisenmänner faszinierten und erschreckten Willow, brachten sie gelegentlich auch in Rage. Sie hatte oft genug mit Bodri und Sonnenkind über sie gesprochen, um zu verstehen, daß es sich bei ihnen weder um Dämonen noch beschworene Geister handelte und es keinen Grund gab, sich vor ihnen zu fürchten.
    Dann und wann jedoch hatte sie das Gefühl, daß der Alte Vryhh sie aus den Augen der Eisenmänner beobachtete. Das gefiel ihr nicht, und somit ging sie ihnen aus dem Weg.
    »Er sieht alt aus.« Sonnenkind klang überrascht und schockiert.
    »Der Alte Steinerne Vryhh - irgendwann erstarrt er so sehr, daß er sich überhaupt nicht mehr rührt.« Willow wischte die Nadel an einem Lederstreifen ab und legte sie in den Kasten, den Hyaroll ihr vor einigen Wachperioden gegeben hatte. »Er ist so alt wie diese Erde hier.« Sie klopfte auf den Boden. »War es schon immer.«
    »Aber noch nie wirkte er so müde.« Sonnenkind musterte
    Willow mit dem Butterschimmern seiner Augen, trüben Pupillen, so blind wie die leeren Augenhöhlen der uralten Statuen, die langsam zerbröckelten und wieder zu der Erde wurden, aus der sie einst entstanden waren. Hyaroll hatte sie in einem anderen Teil des Gartens aufgestellt, vor so langer Zeit, daß er sich nicht einmal mehr an sie erinnerte. Willow wußte nicht, auf welche Weise Sonnenkind wirklich sah, obgleich er ihr das mehrmals zu erklären versucht hatte. Sie fuhr sich mit den Händen über die Augen, den Mund, berührte mit der Zungenspitze Ober- und Unterlippe. Sonnenkind - ein goldener Gott, geformt aus hellem Glanz, als er neben ihr kniete. Und angesichts seiner Pracht hielt Willow unwillkürlich den Atem an. Bei jeder Wachperiode ließ sie sich wenigstens einmal von seinem wunderschönen Erscheinungsbild überraschen, erstaunte er sie erneut, bis sie sich wieder an ihn gewöhnte und nicht mehr in erster Linie das Äußere sah, sondern den Freund darin. Er fing einige vorbeischwebende Saatflocken ein, sah zu, wie sie auf seiner Hand tanzten, ließ sie dann wieder davonsegeln. »Hast du dir Gedanken darüber
    gemacht, was mit uns geschieht, wenn Hyaroll stirbt? So erschöpft, wie er heute war … nun, dieser Anblick bewirkte eine tiefe Sorge in mir.«
    Willow strich mit der Fingerspitze behutsam über das neue Muster in der Haut, schnalzte mit der Zunge und klopfte sich auf den Oberschenkel, in einem Takt, anschließend in einem anderen.
    Doch diese Art von Musik brachte keine neue Hoffnung, und so ließ sie die Hände nach einigen Sekunden auf den Beinen ruhen.
    »Ich weiß, was du meinst, und die Furcht wohnt auch in mir, brennt in meinem Bauch, ist wie ein beißender Geruch, der mir in die Nase steigt. Und aus Bauchschmerzen und einem üblen Duft kann man ein Lied komponieren.«
    Ein grollendes Lachen, und Bodri kam herangewankt, nahm neben Willow im Gras Platz, neigte den Rückenschild zur Seite und seufzte. »Kurz und treffend ausgedrückt, ein Flüstern in meinem Herzen. Ohne ausreichende Daten kann man zu keinen Schlußfolgerungen gelangen. Versucht man es, so wird das Gehirn überlastet; deshalb der Gestank.«
    Die Konturen der Gestalt Sonnenkinds verschwammen kurz, und aufgrund der Emanationen Bodris entwickelte er zarte Fühler.
    Doch Willow war die stärkere Aussenderin, und so bot er sich seinen beiden Freunden weiterhin als Otter dar. »Also sollten wir besser damit beginnen, die

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