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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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zu trösten und mir voller angeblichem Mitgefühl sein Gewinsel anzuhören, träumte ich davon, wie die Dämonenherrin zu sein. Es heißt von ihr, in ihren Adern fließe Teufelsblut. Dann und wann haben die Unsterblichen Frauen aus Chiudu geholt, doch soweit ich weiß, gingen keine Kinder aus jenen Beziehungen hervor. Die wenigen von ihnen, die zurückkehrten, kamen allein. Andererseits: Es gibt nur sehr wenige Hellköpfe unter uns, was auf die Möglichkeit hindeutet, es könnte sich bei ihnen um Hybriden handeln - eine Annahme, die sie bekräftigen und von der sie profitieren. Sie sind schlau, ja, bestrebt, sich Privilegien zu sichern.
    Mein Patron hatte auch noch eine andere Mätresse, mit der er sich brüstete, wenn er mit den anderen großen Männern in der Stadt zusammen war. Ein wunderhübsches Mädchen, höchstens vierzehn Jahre alt. Er zeigte mir einmal ein Foto. Sie beneideten ihn, jene gierigen und lüsternen Männer, die er als seine Freunde bezeichnete - und gerade deshalb unterhielt er ein Verhältnis mit ihr. Sie ist wirklich schön und leistet nun einem seiner Bekannten Gesellschaft. Er sagte mir, sie sei wie eine anmutige Katze, mit weicher Haut, sehr lebendig, erfüllt mit einer Energie, die ihn manchmal so sehr erschöpfe, daß er es kaum noch ertragen könne.
    Sie war zwar ständig bei ihm, um sich sein Wohlgefallen zu sichern, auf daß er ihr Geschenke machte, aber er meinte einmal, er wisse nicht einmal genau, ob sie überhaupt sprechen könne, ganz zu schweigen von ihren Gedanken. Eine Katze, ein Tier. So dachte er von ihr. Ich sag’ dir was: Er hatte überhaupt keine Ahnung. Er verstand nicht das geringste. Weder mich noch sich selbst. Er war nicht dazu imstande, die Art seines Lebens zu verändern, obwohl er daran litt. Vermutlich war das auch der Grund, warum er starb. Einmal erzählte er mir voller Stolz auf sich selbst, wie er sich zusammen mit seinen Freunden davongeschlichen und irn geheimen all jene Verschwörer hingerichtet habe, deren Plan darin bestand, in die Berge zu ziehen, dort die Dämonenherrin anzugreifen und sie und die anderen ihrer Art aus Shiburr zu verjagen. Er fürchtete die Unsterblichen, doch das war nicht der Grund dafür, warum er gnadenlos gegen die Verschwörer vorging.
    Er hatte noch mehr Angst davor, nach der Vertreibung der Dämonenherrin seine Position einzubüßen, seinen Reichtum und alle Rechte zu verlieren. Selbst wenn er tatsächlich dazu in der Lage gewesen wäre, hätte er nichts gegen die Unsterblichen in den Bergen unternommen. Wenn. Ha!
    Du fragst mich, warum ich mich weiterhin meinen Patronen füge, obgleich ich sie so sehr verachte und über all diese Dinge Bescheid weiß. Nun. ich versuche zu überleben. Ich lebe so, wie ich muß. Wenn du mich aufgrund meines Verhaltens verurteilst, wenn du es für schändlich hältst, daß ich mich mit den Demütigungen abfinde, mit denen ich Tag für Tag und Nacht für Nacht zurechtkommen muß, so kann ich darauf nur antworten: Du bist nicht besser als ich. Wenn dich die Dämonenherrin in den Bergen dazu aufforderte, ihr den Staub von den Füßen zu lecken, so würdest du sofort auf die Knie fallen und ihrer Aufforderung nachkommen.
    Ich habe kaum noch etwas zu sagen, und deine Flasche ist fast leer. Doch es gibt einige unter uns, die bestrebt sind, Herrschaft und Macht der Dämonenherrin zu brechen, das uns von ihr aufgezwungene Joch abzustreifen - Leute, die das schon einmal versucht haben und nicht verzagen. Ich? Sei nicht dumm. Du weißt, was ich bin. Wer würde mir so etwas anvertrauen? Ich spreche von Gerüchten, die man auf der Straße hört, und ich habe dir meine geheimsten Träume und Sehnsüchte offenbart. Das ist alles. Ich träume und warte, ja, träume und warte.
    Vrithian
    Hinter den Kulissen (2)
    Willow eilte am Ufer des Sees entlang, und ihr langer und dünner Dämmerungsschatten tanzte und zitterte wie die diffuse Karikatur eines lebenden Wesens. Ihre Füße wirbelten ein wenig von dem regenfeuchten Sand auf, pochten in einem Rhythmus dahin, der ihren ganzen Körper erfaßte, bis hin zum Kopf, und sie atmete in gleichmäßigen Zügen. Sie eilte an Uferschwalben vorbei, die nach Körnern und Würmern pickten, erschreckte sie, so daß sie zwitschernd und zirpend aufstoben und davonsegelten, nur einige wenige Meter über dem Sand, um hinter Willow wieder zu landen und das Picken fortzusetzen.
    Eine frische Brise kräuselte die Oberfläche des Wassers, ließ dichte und komplexe Muster darauf

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