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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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in diesem wandte sich Naish Ha-erai, Sprecher der Fünfzehn, während des doppelten Vollmondes an ihn, um ihm mitzuteilen: So will es das Abkommen, o Vryhh: Gib uns den Regen oder laß uns gehen. Der Regen kam nicht. Doch die Stämme konnten auch nicht gehen. Amaiki behandelte die Tazukli mit zärtlicher Behutsamkeit, lauschte dabei dem Wortwechsel zwischen den Seltsamen und spürte ihren Ernst. Obgleich sie damit rechnen mußten, daß Hyaroll sie hörte, fuhren sie mit den Planungen des Angriffs auf ihn fort. Dabei arbeiteten sie geduldig und methodisch, tasteten sich langsam ihrem Ziel entgegen, in dem Bewußtsein, daß all das, was sie unternahmen, vergeblich bleiben mochte, denn schließlich konnte dem alten Steinernen Vryhh keine ihrer Handlungen verborgen bleiben. Vielleicht beobachtete er gerade jetzt ihre Bemühungen mit an Gleichgültigkeit grenzender Belustigung. Vielleicht ließ er sie deshalb weitermachen, weil ihre entschlossene Aktivität die Leere in ihm füllte.
    Amaiki stützte die Hand auf den Oberschenkel, als Zorn in ihr entflammte. Sie hatte nichts gegen die Tazukli, obgleich sie das Wasser beanspruchten, das ihr Volk so dringend brauchte. Sie schloß die Augen und saß ganz still, bis ihr Zittern nachließ.
    Zwar setzten der Käfermann und die kleine Frau ihr Gespräch fort und wiederholten dabei das, was bereits gesagt worden war, doch Amaiki lauschte nun nicht länger, sondern konzentrierte sich ganz auf die Stauden und arbeitete ruhig und gleichmäßig.
    Sie mußte das zu Ende führen, was sie begonnen hatte, wenn die Pflanze keinen Schaden nehmen sollte, und das wollte sie nicht zulassen. Sie zügelte ihre Ungeduld, verdrängte den Ärger in einen entlegenen Teil ihres Ichs und formte den Tazukli-Strauch nach ihren Vorstellungen. Sie versiegelte die Schnitte, stabilisierte die Zweigrollen und entfernte Knospen, die an falschen Stellen wuchsen. Und nach einer Weile stützte sie erneut die Hand auf den Oberschenkel und schloß die Augen. Erneut erbebte sie am ganzen Leib, als sie ihre Emotionen nicht länger unter Kontrolle halten konnte. Eine Woge aus Zorn und Angst durchflutete sie, zerschmetterte die Dämme in ihrem Innern und ließ sie befürchten, ihr Selbst könne einfach davongespült werden.
    Sie senkte den Kopf, bis ihre Stirn die Knie berührte, und sie wimmerte leise, bis die krampfartigen Zuckungen nachließen.
    Einige Sekunden lang verharrte sie in dieser Stellung; dann straffte sie den Rücken und sah auf, gerade rechtzeitig genug, um ein goldenes Schimmern zu erblicken, das hinter den Bäumen zum Vorschein kam: Sonnenkind, der sich nun seinen Gefährten hinzugesellte, deren Stimmen nach wie vor hinter der blättrigen Barriere zu hören waren. Für einen Augenblick dachte sie daran, erneut zu horchen, um in Erfahrung zu bringen, ob jenes Wesen den Bemerkungen seiner Freunde etwas hinzuzufügen hatte, doch dann schüttelte Amaiki den Kopf. Das spielte keine Rolle.
    Außerdem kam es ihr jetzt darauf an, sich mit ihrer Familie in Verbindung zu setzen, den sanften und tröstenden Gedankenhauch des Naish Se-passhi zu spüren, der ihr Sprecher der Ferne war, der alles miteinander verband und die Einheit bildete.
    Amaiki bewegte sich stumm und präzise, als sie die Werkzeuge einsammelte, sie reinigte, untersuchte und anschließend in die Taschenschlaufen zurückschob. Nach einer Weile kniete sie nieder und lauschte einige Sekunden lang dem erregten Gespräch zwischen den drei Seltsamen, lächelte und schloß, daß sie sich inzwischen nicht mehr darum scherten, wer ihnen zuhörte oder nicht. Sie mußten wissen, daß er alles vernahm. Sie versuchten, eine Möglichkeit zu finden, Hyaroll eine Falle zu stellen, und jeder von ihnen fand Schwachstellen in den Plänen der anderen, was dazu führte, daß sie auf der Stelle traten. Amaiki stand wieder auf, blickte sich im Tazukliring um, betrachtete die beiden Stauden, die sie behandelt und neu geformt hatte und die neben den anderen wuchernden Pflanzen elegant und ästhetisch wirkten, und verabschiedete sich seufzend von einem Projekt, das ihr große Freude gemacht hätte.
    Amaiki saß auf dem Hykaros-Schmuckläufer, wobei es sich um das Geschenk einer ihrer Mütter handelte und der ihr dabei helfen sollte, in die Geborgenheitswärme der Familie zurückzukehren, während sie im Innern des Domes ein Leben im Exil führte. Er machte es ihr leichter, Kontakt mit dem Sprecher der Ferne ihres Stammes aufzunehmen. Sie überkreuzte die Beine in Höhe

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