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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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sie nur bestens vorbereitete Frauen zu mir. Sie liebten mich hingebungsvoll, jede einzelne von ihnen. Das wurde mir sofort klar, und ich reagierte auf ihre Empfindungen; etwas anderes blieb mir gar nicht übrig. Jedesmal dann, wenn eine von ihnen schwanger wurde, brachte man sie fort und ersetzte sie mit einer anderen, die mich ebenso leidenschaftlich liebte. Wie viele Kinder ich zeugte? Keine Ahnung. Nach einem Dutzend Trennungen empfand ich den Abschied als zu schmerzhaft, und deshalb hörte ich auf, mir mit tastenden Fingern ein Bild von den Frauen zu machen.
    Ich achtete nicht mehr auf die individuellen Stimmen, vergaß die Namen. Fortan waren sie wie Schatten, wie Schemen, die kamen und gingen und nur dem Zweck dienten, mich zu befriedigen. Und nach einer Weile wurde selbst das zu peinvoll. Mein Leib rebellierte und weigerte sich, weiterhin auf die Frauen zu reagieren. O ja, das war vor langer Zeit. Meine Pflichten? Ganz schlicht und einfach. Ich bin eine Art guter Wachhund, der nach Schwachstellen im Verteidigungssystem seiner Herrin Ausschau hält und von dem sie profitiert, indem sie ihn ausleiht. Wenn zwei Händler ein Geschäft abschließen, so bin ich zugegen, um festzustellen, ob sie auch beide die Absicht haben, sich an die Vereinbarung zu halten. Wenn es irgendein Problem gibt, wenn es um einen Diebstahl oder gar einen Mord geht, so kommt mir die Aufgabe zu, bei der Befragung verdächtiger Personen die Wahrheit zu erkennen. Wenn es Unruhen auf den einzelnen Sablas gibt, so führt man mich durch die Sraßen, auf daß ich wie ein Hund herumschnüffle und die Witterung der Verschwörer aufnehme. Das ist alles. Meine alten Beine sind nicht mehr so flink wie damals. Aber es gibt viele Leute, die meinen Platz einnehmen können, und unter ihnen befinden sich meine eigenen Söhne und Töcher. Wie viele’? Sieh dich um. Dieser Ort wächst mit jedem verstreichenden Jahr. Warum? Ich habe oft über diese Frage nachgedacht. Eine Laune. Weiter nichts. Um der Langeweile zu entgehen. Und wenn Thenssa irgendwann das Interesse an uns verliert, dann gibt es kein Samtmoos und keine Windmelodien mehr, weder guten Wein noch erlesene Delikatessen, keinen Schutz vor dem Zorn derjenigen, die wir als Lügner entlarvten. Eine Laune. Spielzeuge, mit denen sie sich vergnügt.
    Mehr sind wir nicht, mein Freund. Und ich kann nur hoffen, daß ich sterbe, bevor sich Therissa von uns abwendet.
    Vrithian
    Vorgeplänkel an der ersten Front
    Shareem pochte mit den Fingernägeln auf das Glas des Schirmes.
    »Das ist Loppen, jene Insel dort, die von der Form her einer Krabbe ähnelt. Das Mesochthon befindet sich an der südlichen Küste, in der Nähe der Bucht, die wie ein altertümliches Schlüsselloch aussieht. Eine neutrale Zone. Die einzige Region auf ganz Vrithian, in der sich Vrya treffen können, ohne einen tödlichen Angriff befürchten zu müssen.«
    Aleytys blickte auf den Schirm, war in Wirklichkeit jedoch mehr an ihrer Mutter interessiert. Shareem sprach munter weiter und warf mit Informationsschnipseln um sich, als handele es sich dabei um Fleischstücke, die auf ihrem mentalen Rost brieten und gar geworden waren, Im Verlauf des fünfzehntägigen Fluges von Wolff nach Vrithian hatte sie sich ruhig und selbstbewußt gegeben.
    Sie zeigte Aleytys ihr Schiff, hing Erinnerungen an die besonders glücklichen Epochen ihres Lebens nach und entwik-kelte nach und nach eine gewisse Nervosität, wenn die Rede darauf kam, wie man sie auf ihrem Heimatplaneten empfangen mochte.
    Aleytys hörte ihr aufmerksam zu und spürte dabei, wie eine Woge der Zuneigung sie durchflutete. Ganz offensichtlich zog es Shareem vor, sich nur mit den unmittelbaren Aspekten der Zukunft zu befassen. Doch entgegen ihrer Natur hatte sie langfristige Vorbereitungen getroffen, die nun eine dumpfe Sorge in ihr entstehen ließen und sie mit Befürchtungen konfrontierten, die bisher von ihr verdrängt worden waren.
    Das Shuttle sank durch dünne und faserige Wolkenschichten, einer Energiekuppel entgegen, die wie ein silbriger Tautropfen auf den Kreidefelsen im Küstenbereich schimmerte. Aleytys beobachtete, wie der Boden immer näher kam, und als sie daran dachte, was sie dort unten erwartete, entstand auch in ihr Unruhe. Sie hatte sich darauf zu konditionieren versucht, nicht zuviel zu erwarten.
    Die auf Ibex gemachten Erfahrungen bewiesen, wieviel Schmutz und Banales sich unter dem goldenen Deckmantel von Mythen verbergen konnte. Und angesichts der Nervosität Shareems

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