Das Erbe des Alchimisten
vor drei Wochen Besuch, der einen blauen Honda Civic in der Einfahrt geparkt hat?«
»Daran kann ich mich nicht erinnern. Wir bekommen oft Besuch von Freunden, und sie alle fahren die verschiedensten Autos.«
»Haben Sie einen Freund, der Eric sehr ähnelt?« fragt Williams weiter. »Jemanden, den Ihr Nachbar irrtümlich mit dem Jungen verwechselt haben könnte.«
Ich zucke mit den Schultern. »Ich habe einige Freunde, die ihm zumindest oberflächlich ähneln.«
Williams schaut in den Hinterhof. Kalika ist nicht mehr dort. »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns umsehen?« will er wissen.
»Haben Sie eine Durchsuchungserlaubnis?«
Williams weicht aus: »Wir wollten nur eben hereinschauen, um Ihnen ein paar Fragen zu stellen.«
»Dann habe ich sicherlich etwas dagegen, daß Sie das Haus durchsuchen. Sehen Sie, ich lebe hier zusammen mit meinem Lebensgefährten und einer Freundin. Wir sind keine Kidnapper, wie Sie offenbar mit Ihrem Verhalten andeuten wollen.«
Zum erstenmal richtet Kent das Wort an mich. »Warum haben Sie dann etwas dagegen, daß wir uns umschauen?«
»Das brauche ich Ihnen nicht zu sagen.«
»Was haben Sie mit Ihrer Hand gemacht?« fragt Kent und weist auf die Bandage, die das Resultat von Billys zweitem Schwinger bedeckt.
»Ich habe mich an einem kaputten Glas geschnitten«, antworte ich.
»Hallo?« sagt Kalika freundlich, als sie aus dem Flur ins Wohnzimmer tritt. Über ihren Badeanzug hat sie sich ein Handtuch geknotet. »Gibt es irgendwelche Probleme?«
»Nein«, sage ich rasch. »Die Herren wollten sich gerade verabschieden.«
Williams erhebt sich und hält Kalika Erics Foto entgegen. »Haben Sie diesen jungen Mann schon einmal gesehen?«
Kalika betrachtet die Fotografie. Dann sieht sie lächelnd in meine Richtung. »Ja.«
Und so etwas ist meine Tochter! Vermutlich erzählt sie den Polizisten gleich auch noch von Billy.
»Wo haben Sie ihn gesehen?« will Williams wissen und wirft einen wachsamen Blick in meine Richtung.
Kalika überlegt. »Ich kann Ihnen die Stelle zeigen. Es ist gar nicht weit von hier. Möchten Sie mich eben dorthin begleiten?«
Ich räuspere mich. »Das ist gewiß nicht notwendig.«
»Es macht mir nichts aus«, erklärt Kalika. »Es macht wirklich keine Umstände.
Ich senke den Kopf. Es ist sinnlos, sich in Gegenwart der Polizisten mit ihr auseinanderzusetzen.
»Bleib nicht zu lange weg«, sage ich.
Dann verläßt Kalika mit den Polizisten das Haus. Sie zieht sich noch nicht einmal etwas über. Den Männern scheint es nichts auszumachen. Kalika sieht noch umwerfender aus als ihre Mutter, und sie können kaum die Blicke von ihr abwenden. Und ich bete darum, daß sie sie wirklich nicht aus den Augen lassen – und daß sie keine Familien haben. Es sind die beiden Polizisten, um die ich mir Sorgen mache, nicht Kalika.
Zehn Minuten später ruft Paula an.
Die Wehen haben bei ihr eingesetzt. Ich verspreche ihr, in zwei Minuten dazusein.
Als ich gerade aus der Tür rennen will, hält Ray mich auf. »Ruf an, wenn das Baby da ist.«
Ich gehe an ihm vorbei. Ich habe ihm nicht gesagt, wer da am Telefon war, aber ich vermute, er kann alles in meinem Gesicht lesen.
Während ich die Stufen hinuntergehe, spricht er weiter: »Vergiß nicht, du hast Kalika versprochen, daß du ihr das Baby zeigst.«
Ich ignoriere ihn, oder besser: Ich wünsche mir, ich könnte ihn ignorieren.
15.
Kapitel
Paula sitzt neben mir in meinem Wagen und hat Wehen, als ich entscheide, sie nicht ins örtliche Krankenhaus zu bringen, wo ihr Arzt auf sie wartet. Ich biege nach links ab und fahre Richtung Freeway. Paula hat schlimme Schmerzen, aber mein Wendemanöver entgeht ihr nicht.
»Was machst du da?« schreit sie.
»Ich mag dieses Krankenhaus nicht«, erkläre ich. »Es ist einfach nicht gut genug ausgestattet. Ich bringe dich in ein besseres, mach dir keine Sorgen. Ich habe genug Geld, um es zu bezahlen.«
»Aber sie warten dort auf mich. Ich habe angerufen, bevor wir losgefahren sind.«
»Das macht nichts. Das andere Krankenhaus ist nur eine halbe Stunde von hier entfernt.« In Wirklichkeit sind es gut vierzig Minuten. »Es wird dir dort gefallen; du kannst ein Zimmer mit Blick auf die Berge bekommen.«
»Aber ich fahre doch nicht in Urlaub. Ich bekomme ein Kind! Wozu brauche ich ein Zimmer mit Aussicht?«
»Es ist immer schön, eine nette Aussicht zu haben«, erkläre ich und streiche beruhigend über ihr Bein. »Sorg dich nicht, Paula, ich weiß genau, was ich tue.«
Ich weiß nicht, was so besonders an
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