Das Erbe des Atoms
mehrere Experten zusammenrufen und hörte mit düsterer Miene zu, während jeder von ihnen Vortrag hielt.
Tatsächlich gab es eine große Menge von Informationen. Europa, der zweite Jupitermond, war in legendärer Vorzeit durch technisch hochzivilisierte Einwanderer von der Erde bewohnbar gemacht und besiedelt worden. In den folgenden Jahrtausenden waren die Bewohner in Barbarei abgesunken, und soweit die Geschichtsschreibung zurückreichte, wußte sie von blutigen Stammesfehden, Raubzügen und Greueltaten zu berichten. Die dichte Atmosphäre des Jupitermondes war nach der Überlieferung mit der Hilfe der Atomgötter von den Gelehrten des goldenen Zeitalters künstlich geschaffen worden. Wie alle künstlichen Atmosphären enthielt sie einen hohen Prozentsatz Kohlendioxyd, das die Sonneneinstrahlung nicht behinderte, aber nur wenig von der aufgefangenen Wärme in den Raum entweichen ließ.
Vor ungefähr fünf Jahren hatten Reisende die ersten Nachrichten über einen Stammesführer namens Czinczar gebracht, der rücksichtslos die verfeindeten Stämme und Gruppen des Planeten zu einer Nation zusammenschweißte. Eine Zeitlang waren die Verhältnisse so unübersichtlich und gefährlich, daß Händler nur in bestimmten Eingangshäfen landeten. Die Informationen, die sie dort erhielten, waren oftmals widersprüchlich, liefen aber darauf hinaus, daß Czinczars Einigungsversuche gescheitert seien. Von da an kamen Nachrichten immer lückenhafter und seltener; und dem aufmerksam lauschenden Tews war klar, daß der neue Führer die Völker und Stämme seines Planeten tatsächlich geeint hatte und daß alle gegenteiligen Meldungen Zweckpropaganda gewesen waren. Der schlaue Czinczar hatte sich der Kommunikationsverbindungen bemächtigt und ihre Träger mit gezielten Falschmeldungen verwirrt, während er seine Position konsolidiert hatte.
Czinczar. Der Name hatte einen Unheil verkündenden Klang. Wenn ein solcher Mann und seine Gefolgsleute mit auch nur einem Bruchteil der Reichtümer Linns entkamen, würde das bewohnte Sonnensystem vom Ruhm der Heldentat widerhallen. Die Herrschaft des Thronberaters Tews wäre schwer erschüttert, ja, sie mochte wie ein Kartenhaus zusammenbrechen.
Tews hatte gezögert. In seinem Kopf war ein Plan, der sich erfolgreicher verwirklichen ließe, wenn er in der Nacht ausgeführt würde. Aber das hätte den Angreifern wertvolle Stunden zum Plündern gegeben. Tews beschloß, nicht zu warten, und verständigte die dritte Garnisonslegion. Sie sollte durch den unterirdischen Tunnel, der in den zentralen Palast führte, in die Stadt eindringen.
Als Vorsichtsmaßnahme und in der Hoffnung, den gegnerischen Führer abzulenken, sandte er einen gefangenen Barbarenoffizier mit einer Botschaft zu Czinczar. Darin wies er auf die gefährliche Einfältigkeit eines Angriffs hin, der nur zu blutigen Repressalien gegen Europa selbst führen konnte, und ließ durchblicken, daß immer noch Zeit für einen ehrenhaften Rückzug sei. Alle diese Pläne hatten nur einen Fehler. Czinczar hatte eine starke Streitmacht unter seiner Führung dazu ausersehen, den Hofstaat des Herrschers und ihn selbst zu fangen. Bisher hatte er von einem Angriff auf den Hauptpalast abgesehen, weil er zuvor in Erfahrung bringen wollte, ob Tews sich dort aufhielt oder nicht. Der Gefangene, der Tews' Botschaft überbrachte, konnte seine Anwesenheit im Palast bestätigen.
Im sofort folgenden Sturmangriff wurde der Palast erobert, und alle Personen, die sich dort aufhielten, gerieten in Gefangenschaft, sofern sie nicht im Kampf getötet wurden. Die Besetzung des Palasts überraschte auch die Legionäre, die gerade aus dem geheimen, unterirdischen Gang hervorzukommen begannen. Czinczars Männer trieben sie zurück und gossen alles im Palast lagernde Öl in die abwärtsführende Passage, dann zündeten sie es an.
So ging fast eine ganze Legion jämmerlich zugrunde; und auch Tews fand in den Kämpfen den Tod.
19.
Für Clane, der sich auf seinem Landsitz aufhielt, war die Nachricht vom Fall der Hauptstadt ein besonderer Schock. Sein gesamtes Material befand sich in Linn. Er entließ den Boten, der so unklug gewesen war, die Nachricht laut hinauszuschreien. Und dann saß er an seinem Schreibtisch und überlegte, daß er gut daran tun würde, die Zahlen seiner Sklavenbuchhalter über den Zustand des Besitzes einstweilen zu akzeptieren.
Als er im Raum umherblickte, schien es ihm, daß wenigstens einer der Sklaven sichtliche Erleichterung
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