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Das Erbe des Blutes - Roman

Titel: Das Erbe des Blutes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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nicht dort, sondern in den Holland Park Mews, wo er sich als Stallbursche verdingte. Wahrscheinlich war er von Clara irgendwie überredet worden, die Arbeit anzunehmen, als sie selbst ihre Anstellung fand. Zwölf Monate später war Michael an Herzversagen gestorben. Im darauffolgenden Jahr heiratete Clara den drei Jahre jüngeren Sidney Chesterton, einen Angestellten. Nigel war sich sicher, dass die beiden Ereignisse etwas miteinander zu tun hatten. Erst jetzt, nach dem Tod ihres Bruders, konnte sie sich ein eigenes Leben aufbauen.
    Sie und Sidney hatten vier Kinder, zwei Jungen und zwei
Mädchen. Der Erstgeborene hieß Michael. Sie ließen sich in Hammersmith nieder, damals ein halb ländlicher Londoner Vorort. Sidneys Aufstieg war von Geburtsurkunde zu Geburtsurkunde mitzuverfolgen. Bei der Geburt des vierten Kindes arbeitete er als Manager. Was er leitete, war unklar, aber die Chestertons gehörten zur Mittelschicht. Clara hatte es weit gebracht. 1951 starb sie schließlich mit siebenundneunzig, einem erstaunlichen Alter, wenn man die Entbehrungen in der Jugend bedenkt. Er schüttelte den Kopf angesichts ihrer Unbeugsamkeit und fragte sich, ob ihre Nachkommen wohl von ihrem Opfer wussten. Realisierten sie, dass diese Frau, die sie wahrscheinlich nur von vergilbten Fotos her kannten, einen neuen Weg eingeschlagen und so die Familie aus ihrem Schattendasein geholt und die Ahnenreihe fortgeführt hatte?
    Im Centre befand sich niemand mehr. Der letzte Angestellte stierte abwechselnd ihn und die Wanduhr an. Um sieben wurde geschlossen. Es gab keine Möglichkeit für Nigel, die Arbeit noch an diesem Abend zu beenden. Außerdem brannten ihm die Augen. Er rief Foster an und berichtete ihm, wie weit er gekommen war. Aus dem, was der Detective sagte, wurde Nigel nicht schlau, da Foster wohl von der immer näher rückenden Deadline und der drohenden Aussicht auf ein viertes Opfer abgelenkt war.
     
    Foster blickte zum Hochhaus hinauf wie ein Kletterer, der über eine unbezwingbare Wand nachdachte. Bei Einbruch der Dunkelheit sah alles weniger hässlich, aber dennoch rätselhaft aus. Den ganzen Tag über waren Leute hinein- und herausgekommen. Zusammen mit Heather hatte er jede Lieferung überprüft, jeden Arbeiter befragt, jeden Bewohner, der kam oder ging, mit der vorhandenen Liste abgeglichen.
Nichts schien verändert oder wirkte ungewöhnlich.
    Zwischendurch überprüfte Foster sämtliche Mülleimer, Gassen und Flecken Ödland rund um das Hochhaus. Jedes Mal Fehlanzeige. Obwohl ihm klar war, dass er alles kontrolliert hatte und sich niemand ohne sein Wissen hineingeschlichen haben konnte, war er beim Hochheben eines Deckels oder Um-die-Ecke-Spähen trotzdem auf den Anblick gefasst, den er am meisten fürchtete.
    Bei Anbruch der Dunkelheit blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit Heather ins Auto zu setzen und abzuwarten. In den Wohnungen ging ein Licht nach dem anderen an, und ständig kam oder ging irgendwer. An einer Straßenecke versammelten sich Jugendliche, einige Kneipengänger schlängelten sich durch den Verkehr zum Pub, und die letzten Nachzügler kamen von der Arbeit zurück. Gebrüll, dröhnende Bässe und das Geschrei hungriger Babys erfüllten die Luft, von Zeit zu Zeit gesellte sich noch das Sirenengeheul von auf dem Westway dahinpreschenden Autos dazu. Er stieg nur einmal aus, um einen Hund wegzuscheuchen, der einen Hinterreifen anpinkeln wollte.
    Noch nie hatte Foster sich derart hilflos gefühlt. Er hakte die Stunden eine nach der anderen ab: zehn, dann elf Uhr, Mitternacht. Der Jahrestag von 1879, an dem das vierte Opfer gefunden wurde, hatte begonnen. Die ersten drei hatte man in den frühen Morgenstunden noch vor Tagesanbruch entdeckt. Er sah keinen Grund, warum es sich jetzt anders verhalten sollte.
    Der Lärmpegel der Großstadt ließ nach, die Straßen leerten sich, nur die Sirenen verstummten nicht. Die Lichter im Hochhaus gingen langsam aus, nur einige wenige blieben bis in die frühen Morgenstunden oder noch länger
an. Er wechselte kaum ein Wort mit Heather. Es gab nichts weiter zu tun, als abzuwarten.
    Die Morgendämmerung brach an. Foster ließ Heather schlafen. Er war über den Punkt hinaus, an dem er hätte einschlafen können, stattdessen verfiel er in eine überdrehte Stimmung, war unfähig, still zu sitzen, ohne manisch mit dem Knie zu wippen. Seine Mutter nannte das immer den Veitstanz, erinnerte er sich. Er hatte das jahrelang nicht mehr gemacht.
    Als die Sonne aufging, erwachte

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