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Das Erbe des Blutes - Roman

Titel: Das Erbe des Blutes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sich nach links zum Royal Crescent am Rande des Dales. Gleich nach rechts abbiegend, ging er die Queen’s Road hinunter. Hier herrschte ein regeres Treiben, die Angst war wohl noch nicht so ausgeprägt. Das würde er in Bälde ändern …
    Im Schatten verborgen, stand er neben der Kapelle in der Queen’s Road und beobachtete das Pub: das Queen’s Arms. Der Biergestank, den die Brise zu ihm herüberwehte, war überwältigend, fast so unerträglich wie der Gestank aus den Löchern, an denen er zuvor vorübergekommen war. Wieder atmete er nur durch den Mund. Er beugte seinen Nacken zur Seite, vernahm das Knacken und spürte, wie der Druck nachließ. Er war ruhig, bereit.
    Die Pubtür schwang auf; zwei Männer taumelten heraus. Sie bezogen Stellung, als würden sie sich zu einem Kampf bereitmachen. Ein weiterer trat heraus, um dazwischenzugehen, einer der beiden wurde weggestoßen und wandte sich zum Gehen - ein hochgewachsener Mann. Er ließ ihn passieren, wollte sich an einen solch mächtigen Gegner nicht heranwagen. Sekunden später begann der andere in diese Streiterei Verwickelte an Ort und Stelle Anzüglichkeiten zu murmeln und vor sich hin zu fluchen. Schon besser, dachte er.
    Der kleinere Mann hustete Schleim aus der Kehle und spuckte ihn auf das Pflaster. Dann zog er seine Mütze zurecht und marschierte los. Er wankte leicht nach links und richtete sich dann wieder auf. Abermals hustete er Schleim hoch und räusperte sich. Er schüttelte den Kopf und beschleunigte seinen Gang. »Mistkerle«, murmelte er vor sich hin.

    Im Schatten wartete er ab, welchen Weg sein Opfer nehmen würde. Gott sei Dank schlug der Mann den geraden Weg ein und kam direkt auf ihn zu. Ein weiteres Mal hustend überquerte der Mann die Straße. Das Messer in seiner Hand spürend trat er aus dem Schatten heraus und nahm die Verfolgung auf. Instinktiv wandte sich der Mann um, gewahrte ihn und blieb stehen.
    »Hey, was soll das?«, nuschelte er mit erstaunter, verwirrter Miene.
    Ohne den Schritt zu verlangsamen, ging er weiter auf ihn zu, zog das Messer aus der Tasche und stach es ihm in den Leib. Als es bis zum Heft eingedrungen war, drehte er es herum.
    Die Augen des Opfers wurden glasig und verdrehten sich himmelwärts - dort würde er keine Erlösung finden -, dann stieß er einen Schwall Luft aus, begleitet von einem Todesröcheln. Als er das Messer zurückzog, brach der Mann zusammen. Sogleich packte er seine Beute und trug sie zehn Meter weit zu einer Stelle, an der weitere Behausungen zu entstehen schienen. Wie eine Puppe warf er sie zu Boden und unternahm noch nicht einmal den Versuch, die Früchte seiner Arbeit zu verbergen. Nun erst blickte er sich um: Niemand war zu sehen. Er schien wahrhaftig gesegnet. Er verbarg das Messer wieder in seiner Tasche und eilte davon. Die Arbeit einer weiteren Nacht war vollbracht.

21
    Nach einer weiteren unruhigen Nacht voller dunkler, schon halb vergessener Träume erreichte Nigel bei einsetzender Morgendämmerung das Family Records Centre. Foster hatte dafür gesorgt, dass das Centre auf Nigels Wunsch immer für ihn geöffnet wurde. Phil wartete schon, um ihn hereinzulassen. Obwohl es erst kurz vor sechs war, pfiff er schon wieder vor sich hin. Nigel erkannte die Melodie nicht sofort. Erst nachdem er Tasche und Mantel eingeschlossen hatte, fiel ihm ein, dass es sich um »Where Do You Go to, My Lovely?« von Peter Sarstedt handelte.
    »Pfeifen Sie das für mich?«, fragte er Phil.
    Phil sah amüsiert aus. »Hab gar nicht gemerkt, dass ich pfeife«, sagte er.
    Nigel ging zielstrebig zu den Heiratsbüchern und stöberte das Aktenzeichen für Hannah Fairbairn und einen Zimmermann namens Maurice Hardie auf. Gott sei Dank hieß er nicht John Smith, schoss es ihm durch den Kopf. Oben am Terminal fand er die Namen über die Volkszählung. 1881 lebten sie in Bermondsey mit drei Kindern: einem neunjährigen Mädchen und zwei Jungen im Alter von sieben und drei, doch bei der nächsten Volkszählung tauchten sie nicht mehr auf. Den Sterberegistern war zu entnehmen, dass Maurice und Hannah 1889 im Abstand von einem Tag gestorben waren. Durch einen Anruf beim General Register Office erfuhr er, dass die Influenza beide hinweggerafft hatte.
Sie waren der Armut anheimgefallen und im Arbeitshaus von Bermondsey gelandet. Zwei Tage später erlag ihr jüngster Sohn David am selben Ort der gleichen Krankheit.
    Demnach blieben nur zwei Kinder übrig: Clara, die nun fast siebzehn sein musste, und ihr zwei Jahre

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