Das Erbe des Bösen
der Downing Street saßen Männer und Frauen mit angespanntem Blick. Sie wirkten ausgesprochen ernst, während sie sich anhörten, was der Amtschef des Premierministers, Kabinettsekretär Sir Albert Cook, zu sagen hatte.
»Good afternoon, ladies and gentlemen«
, begann Cook schnell und schroff. »Ich habe Sie zusammengerufen, da laut Informationen des MI5 eine terroristische Vereinigung hier in London über eine explosionsbereite schmutzige Bombe verfügt.«
Die Anwesenden wechselten besorgte Blicke. Auf ihnen allein lastete die Verantwortung für das Inselreich.
»Möglicherweise ist die Bombe bereits an den vorgesehenen Ort gebracht und der Zündzeitpunkt eingestellt worden«, fuhr Cook fort. Am Konferenztisch brach Unruhe aus.
»Ich bitte Agneta Wheeler-Dawson weiterzumachen.«
»Danke«, sagte die MI 5-Chefin und warf intuitiv einen Blick auf David Stone, der als Vertreter der CIA am Tisch saß.
»Nach Geheimdienstinformationen handelt es sich um die Zelle eines terroristischen Netzwerks, das sich hauptsächlich aus deutschen Staatsbürgern iranischer Herkunft zusammensetzt. CIA und BfV observieren die Gruppe seit einiger Zeit. Heute hat sich die Lage überraschend und entscheidend zugespitzt. Wir haben erfahren, dass Angehörige der Zelle in London aufgetaucht sind und eine radiologische Bombe mit angereichertem Uran bei sich haben.«
»Woher stammt diese Information?«, fragte der Leiter der Anti-Terrorabteilung der Polizei des Großraums London, ein Mann namens Hunt.
Wheeler-Dawson richtete erneut den Blick auf Stone. »David Stone von der CIA kann diese Frage beantworten.«
Stone nahm den Ball gelassen auf. »Einer unserer V-Männer hat Kontakt zu der Gruppe. Aber wie es aussieht, ist der V-Mann enttarnt worden, und die übrige Gruppe agiert selbstständig. Wir wissen aber, dass sie im Besitz eines Sprengsatzes sind, den sie |448| mit waffenfähigem U-23 5-Pulver in einer Größenordnung von hundert bis zweihundert Gramm gekoppelt haben.«
»Woher hat denn die Gruppe das Pulver?«, wollte Hunt wissen.
Stone blickte auf Wheeler-Dawson, die keine Miene verzog. »Sie haben in Deutschland ein Uranversteck aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden«, sagte Stone.
Ein Raunen ging durch den Raum.
»Ich wusste nicht, dass die Deutschen während des Krieges über angereichertes Uran verfügten«, wunderte sich Hunt.
»Warum sind Sie nicht sofort eingeschritten, als Sie erfuhren, dass die Gruppe eine solche Bombe hat?«, fragte Sir Albert vorwurfsvoll.
»Wir haben die Bestätigung gerade erst erhalten.«
»Das ist ja unfassbar! Ein Geheimdienst erfährt von einer Bombe, wenn sie bereits sprengbereit irgendwo in London liegt? Obwohl Sie einen V-Mann eingeschleust hatten? Warum war sich der MI5 nicht früher über die Gefahr einer solchen Katastrophe bewusst?«
Alle Blicke richteten sich auf die MI 5-Chefin . Besonders Stone wirkte dabei äußerst aufmerksam.
»Wie Mr. Stone bereits konstatiert hat, ist die Gruppe in Deutschland aktiv gewesen, wo auch das U-235 herstammt. Nichts deutete darauf hin, dass sich das Interesse auf London richten würde. Jetzt bleibt uns leider keine Zeit mehr, uns darüber zu streiten, was man hätte tun sollen. Stattdessen müssen wir uns darauf konzentrieren, was unternommen werden muss. Im besten Fall bleibt uns noch ein wenig Zeit. Wir haben bereits die Felix in Bereitschaft versetzt und brauchen jetzt die offizielle Absegnung, um Felix zu aktivieren.«
»Wie hoch wird denn die Zerstörungskraft dieser Bombe eingeschätzt?«, fragte Cook.
Wheeler-Dawson erteilte Stone mit einem Nicken das Wort.
»Für unsere Begriffe handelt es sich um eine ziemlich kleine, im Prinzip typische RDD. Mit TNT oder NG oder Ähnlichem als |449| Sprengmittel, weshalb die Zerstörungskraft vollkommen vom Ort der Detonation abhängt. Die Zahl der unmittelbar betroffenen Opfer kann von Null bis zu mehreren Hunderten reichen. Aber der Uranstaub wird sich von der Detonationsstelle her ausbreiten, und je nach Wetterlage kann das sehr weiträumig geschehen. Wenn man den Staub einatmet oder schluckt, wirkt er toxisch, ist jedoch nicht annähernd so giftig wie Cäsium, Polonium, Radium oder vergleichbare Isotope. Aber er beschädigt die DNA der Zellen und verursacht langfristig Krebs. Darum muss man sich darauf einstellen, ein großes Gebiet zu isolieren und zu reinigen. Das wird ein riesiges und langwieriges Unterfangen. Und natürlich wird eine Detonation bedeutsame psychologische und
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