Das Erbe des Bösen
Erik und grinste.
»Vielleicht ist die alte Dame bereit zu sterben«, sagte der Mann und nahm die Waffe von ihrer Schläfe. Sogleich trat er vor Erik und drückte ihm den Lauf an die Stirn. »Aber ob sie auch bereit ist, zuzusehen, wie ihr Sohn stirbt?«
»Was sind das für Leute?«, fragte Ingrid auf Schwedisch.
»Das sind Terroristen, die anscheinend aus dem Uran eine schmutzige Bombe gebaut haben«, antwortete Erik ebenfalls auf Schwedisch.
»Ruhe!«, brüllte der Mann und stieß mit der Waffe heftig gegen Eriks Stirnbein.
Da fiel ein Schuss. Ingrid fuhr zusammen.
Sie haben Katja gefunden.
»Was war das?«, fragte Erik neben ihr. »Wer hat da geschossen?«
Ingrids qualvoller Blick irrte über Eriks erschrockenes Gesicht.
Nun hörte man aus einer unbestimmten Richtung ein Geräusch, das klang, als würde etwas über den Fußboden geschleift.
Der Mann schafft Katjas Leiche hierher, dachte Ingrid voller Panik. Gleich wird Erik seine tote Frau zu Gesicht bekommen.
Dann sah Ingrid den Mann. Er näherte sich der Eingangshalle, |471| in der einen Hand hielt er eine Waffe, mit der anderen schleifte er etwas hinter sich her. Ingrid schloss die Augen, sie konnte nicht hinsehen . . .
»Wer ist das?«, fragte der erste Eindringling.
Mit fest zusammengekniffenen Augen stand Ingrid da.
»Antwortet! Wer ist der Mann?«
Der Mann?
Ingrid riss die Augen auf und sah Lamberts Leiche vor sich liegen. Da begriff sie, was geschehen war: Der Eindringling hatte das Schloss zur Bibliothek kaputtgeschossen und den toten Lambert entdeckt.
Ingrid sah Erik an, der mit großen Augen auf den Toten starrte. Dann richtete er den Blick schockiert auf Ingrid.
»Das Haus ist leer, aber der hier hat in der Bibliothek gelegen«, sagte der zweite Eindringling. »Offensichtlich vergiftet . . . Mit was für einer Dame haben wir es hier eigentlich zu tun?«
Fieberhaft versuchte Ingrid innerlich die Puzzleteile zusammenzusetzen. Laut Erik verfügten die Terroristen über eine schmutzige Bombe. Aber warum hatte die CIA versucht, sie, eine alte Frau, zum Schweigen zu bringen? Um Spuren zu verwischen, wie schon so oft zuvor? Aber welche Spuren?
»Dieser Mann ist ein amerikanischer CI A-Agent «, sagte Ingrid. »Er ist gekommen, um mich zu töten.«
In einer anderen Situation hätte Eriks verdutztes Gesicht geradezu komisch gewirkt.
Ingrids Worte schienen eine elektrisierende Wirkung auf die Eindringlinge zu haben, denn sie führten sogleich einen heftigen Wortwechsel in ihrer Sprache.
»Sehen Sie, wir haben einen gemeinsamen Feind«, unterbrach Ingrid die Diskussion der beiden. Sie musste alles versuchen, denn Erik schien vollkommen paralysiert zu sein.
Erik hatte das Gefühl, sein Verstand stagnierte. Seine Intelligenz hatte ihm geholfen, an die Spitze der Wissenschaft zu gelangen, sie hatte ihm die größten Errungenschaften seines Lebens beschert, |472| aber jetzt, da er sie am dringendsten bräuchte, schien sie ihn im Stich zu lassen. Unter Aufbietung aller Willenskraft griff er den von seiner Mutter geäußerten Gedanken von dem gemeinsamen Feind auf und räusperte sich.
»Wir müssen die Amerikaner gemeinsam stoppen . . .«, stotterte er und kam sich vor wie ein Idiot. Es klang absurd, aber vielleicht nicht in den Ohren der Terroristen. Jeder Satz, jede noch so kleine Regung war gut, wenn man damit Zeit gewinnen konnte – jeder Aufschub war recht, um Gedanken und Kräfte zu sammeln.
Einer der Männer trat unmittelbar vor Erik und seine Mutter hin.
»Ach ja?«, fragte er verächtlich.
Und im selben Augenblick versetzte er Ingrid einen kräftigen Schlag an die Schläfe. Er schlägt eine wehrlose alte Frau, dachte Erik, aber dann fiel ihm der tote CI A-Mann ein. Vielleicht war sie gar nicht so wehrlos . . .
Seine Mutter sank zu Boden.
Gleichzeitig sah Erik aus dem Augenwinkel die Waffe des anderen Mannes auf sich niedersausen. Der harte Schlag traf ihn am Hals. Er spürte einen zuckenden Schmerz, dann wurde es schwarz um ihn herum.
|473| 68
Parviz sah auf die Uhr. Bis zur Explosion waren es noch achtzehn Minuten. Der Elektromotor summte schon schwächer, obwohl er den Geschwindigkeitsregler bis zum Anschlag gedrückt hielt.
Die Fußgänger machten dem Rollstuhlfahrer höflich Platz – dennoch war es eng. Vor dem Hippodrom herrschte dichtes Gedränge. Im Hintergrund dröhnte der Verkehr auf der Charing Cross Road.
Parviz fuhr hartnäckig weiter auf den Platz zu, in den die breite Fußgängerzone mündete. Die Leute
Weitere Kostenlose Bücher