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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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das Buch enthielt eine Widmung von Schmitt:
Für Rolf, am 14.   2.   2007 – die guten alten Zeiten kehren nicht wieder, aber gute neue Zeiten liegen vor uns
. . .
Jack
.
    Erik stellte sich vor das Regal und sah sich die Bücher an, die nicht auf den Fußboden geworfen worden waren: einige Werke über den Zweiten Weltkrieg standen dort, aber es überwogen Darstellungen, die sich auf die Zeit danach bezogen. Über Stalin, für den sich der Vater sehr interessierte, waren Bücher auf Finnisch und Englisch vorhanden. Eines davon hatte Erik seinem Vater selbst mal zu Weihnachten geschickt. Schon in seiner frühen Kindheit hatte Erik sich die Schauergeschichten seines Vaters über Stalins Greueltaten anhören müssen, »mit denen nicht mal Hitlers Grausamkeiten mithalten können«. Diese Geschichten hatte sein Vater immer wieder erzählt, Jahr für Jahr, und immer hatte er darüber geklagt, dass in der öffentlichen Wahrnehmung Stalin stets in Hitlers Schatten stand.
    Aus der Ferne hörte Erik die Sirene des Streifenwagens näher kommen.

|60| 7
    Unruhig ging Ingrid Stormare in ihrem Wohnzimmer auf und ab und blieb schließlich vor dem großen Panoramafenster stehen. Die kniehohe Buchsbaumhecke entlang des Rasens war millimetergenau geschnitten und die Japanischen Ahorne und die Lorbeerbäume daneben bildeten ein geometrisches Muster. Doch nicht einmal ihr Anblick konnte sie jetzt beruhigen.
    Ingrid hatte unzählige Male versucht, Rolf anzurufen, nachdem sie durch Erik von der Berlinreise erfahren hatte. Warum, um Himmels willen, war Rolf nach Berlin geflogen?
    Sie musste sich jetzt als erstes einen Tee kochen. Das würde gegen die wachsende Unruhe helfen. Nervös fuhr sie sich durch die silbergrauen, modisch geschnittenen Haare, während sie in die Küche ging. Was hatte es zu bedeuten, dass Erik den Namen von Katharina erwähnte, fragte sie sich und stellte Wasser auf. Warum sollte Rolf
immer noch
Kontakt zu Katharina halten? Und warum hätte sie ihm schreiben sollen?
    Ingrid beschlich ein Gefühl, das sie seit Ewigkeiten nicht mehr verspürt hatte: Eifersucht. Das war lächerlich, sie wusste es selbst. Oder eher bedauernswert. In jungen Jahren war sie oft von Eifersucht erfüllt gewesen – während der Jahre auf dem Gymnasium in Stockholm, und in Berlin, als Rolf sich heimlich, aber deutlich spürbar für Katharina interessiert hatte. Und natürlich in dem Moment, als schließlich die Wahrheit ans Tageslicht gekommen war.
    Mit der Macht der Gewohnheit verbannte sie die Erinnerungen und konzentrierte sich darauf, den Tee aus der Blechdose abzumessen. Dennoch ließ sie den Messlöffel fallen, und die Teeblätter |61| verteilten sich über den sauberen Fußboden. Missmutig kehrte sie alles auf, beschloss den Tee zu vergessen und stattdessen etwas zu tun, das sie lieber vermieden hätte. In ihrer Bibliothek nahm sie einige Bücher aus dem Regal und öffnete den feuersicheren Tresor in der Wand dahinter. Darin waren dicke Kuverts, Hefte, vergilbte Papiere und Pappschachteln aufeinandergestapelt.
    Ingrid zog ein ledergebundenes Notizbuch heraus. Beim Blättern merkte sie, wie ihre Hände zitterten. Sie schnaubte verächtlich über sich selbst. Das war überhaupt nicht ihre Art. Die alten Brandwunden auf den Handrücken leuchteten heller als die übrige Haut.
    Sie zwang ihren Blick, in einer Zeile innezuhalten. Dort standen die Adresse von Katharinas Pflegeheim in Berlin und die Telefonnummer. Anfang der Neunzigerjahre war der Eintrag gemacht worden. Sie hatte Katharina damals nichts zu sagen gehabt, aber sie hatte wissen wollen, wo sie lebte.
    Nun überlegte sie eine Weile, sammelte ihren Mut und rief dann in dem Pflegeheim an.
    Eine kühle Frauenstimme meldete sich. »Ich weiß nicht, ob Frau Kleve in der Lage ist, mit Ihnen zu sprechen. Sie wissen doch um ihren Zustand?«
    »Ich möchte nur kurz mit ihr sprechen«, sagte Ingrid. Sie wusste tatsächlich nicht, welchen »Zustand« die Pflegerin meinte.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis eine heisere Stimme energisch sagte:
»Kleve.«
    Ingrid schloss die Augen. Diese Stimme war unverwechselbarr. Schließlich waren sie fast zehn Jahre lang die engsten Freundinnen gewesen.
    Betont ruhig und freundlich sagte sie: »Katharina, hier ist Ingrid.«
    »Ingrid, endlich«
, erwiderte Katharina sofort, mit einer Mischung aus Verärgerung und Erleichterung in der Stimme.
»Wo bist du denn hin? Ich dachte schon, du bist in den Bombenangrifff geraten.«
    |62| Ingrid erschrak. War

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