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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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wirkte plötzlich nachdenklich. »Hm, interessant. Die Stelle, an der die Leiche Ihres Vaters gefunden wurde, gehört zu einem alten Militärgelände . . .«
    »Ich habe von der örtlichen Polizei gehört, dass die Volksarmee es benutzt hat.«
    »Ich meine die Zeit vor der DDR.   In Gottow gab es in den Dreißigerjahren eine Militärtechnik-Erprobungsstelle des Heeres. Einschließlich Raketenversuchsstation. Ist es möglich, dass Ihr Vater während seiner Jahre in Deutschland dort gearbeitet hat? Dann hat er sich vielleicht jetzt, auf seine alten Tage, noch einmal alles ansehen wollen.«
    Erik wendete diesen Aspekt innerlich hin und her. »Das ist ja wirklich interessant«, sagte er erleichtert. »Und das würde auch einen Sinn ergeben.« Er verabschiedete sich knapp und beschloss für sich, den Dingen aus dieser neuen Perspektive näher auf den Grund zu gehen.
    Von der Polizeiwache ging Erik direkt zum Internetcafé, wo Dutzende von Leuten an den Bildschirmen saßen. Er tippte einige Suchwörter bei Google ein und überflog die Ergebnisse. Sogleich richtete sich seine Aufmerksamkeit auf einen Link.
    Raketenversuchsstation Gottow, Kummersdorf
. . .
    Er klickte den Link an und las.
    |229|
Die deutsche Reichswehr begann 1932 in der Sprengstoff-Erprobungsstelle Kummersdorf mit Raketenversuchen. 1936   /   37 wurde die Versuchsstelle nach Peenemünde an die Ostsee verlegt. Von 1938 an betrieb das Heereswaffenamt (HWA) in Gottow unter der Leitung von Dr.   Kurt Mayer auch Atomforschung
. . .
    Ja. Die Tatsache, dass sein Vater in Gottow tot aufgefunden wurde, konnte durchaus mit der alten Raketenversuchssation zu tun haben. Aus reiner Nostalgie hatte er noch einmal den Ort aufsuchen wollen, der ihm aus seiner Jugendzeit vertraut war. Trotzdem bezweifelte Erik, dass sein Vater dabei von einem zufälligen Raser überfahren worden war. Aber natürlich war auch das möglich, zumindest nicht ausgeschlossen. Und auf jeden Fall wahrscheinlicher als die Verschwörungstheorien, die in Eriks Kopf herumspukten.
    Er suchte nach weiteren Informationen zur Versuchsstelle Gottow. Wie es aussah, hatte auch Wernher von Braun dort seine Karriere begonnen – von Braun hatte in der späteren Laufbahn seines Vaters ebenfalls eine Rolle gespielt.
    Erik war zufrieden. Jetzt hatte er zumindest einen konkreten Anhaltspunkt aus den Berliner Jahren, die ihm sein Vater verschwiegen hatte. Aber er musste einfach noch mehr in Erfahrung bringen. Ob er einen Kollegen seines Vaters aus der Zeit in Amerika anrufen könnte? Jemanden, der in derselben Abteilung in Huntsville oder Cape Canaveral gearbeitet hat, oder später bei Lockheed in Kalifornien? Das würde einiges an Recherche erfordern, mochte aber die Mühe wert sein.
     
    Katja stellte die schmutzigen Teller der Kinder ins Spülbecken. Die Küche war nicht mehr die neueste und in den Farben der Achtzigerjahre gestrichen. Ihren finnischen Verwandten und Freunden grauste es jedes Mal bei dem Anblick, aber Katja war mit anderen Dingen beschäftigt als mit der Farbe der Wände und Küchenschränke.
    Unruhig blickte sie auf die klackende Wanduhr über dem |230| Herd. Es war bereits eine Minute über der Zeit – und Ingrid hatte nicht die Angewohnheit, zu spät zu kommen. Noch einmal sah Katja aus dem Fenster, aber draußen regte sich nichts. Unter der Eiche stand Eriks Spielzeug, ein alter MG mit zwei Sitzen, über dessen Abgaswerte Katja nicht mehr mit ihrem Mann stritt, weil er nur noch selten mit dem Wagen fuhr. Neben der Tür parkte ihr neuer Toyota mit Hybridantrieb.
    Ob Ingrid überhaupt kommen würde? Nach ihrem letzten Besuch, der so katastrophal ausgegangen war, hatte Katja mehrmals versucht, Ingrid telefonisch zu erreichen, aber die Schwiegermutter hatte sich geweigert, ans Telefon zu kommen, nachdem sie von ihrer Haushaltshilfe gehört hatte, wer die Anruferin war. Dann war Katja auf die Idee mit dem Brief gekommen. Sie hatte Ingrid eine ausführliche E-Mail geschrieben und um Verzeihung für ihr Benehmen und ihre Taktlosigkeit gebeten. Sie habe kein Recht, sich neugierig nach alten Geschichten zu erkundigen und an den Worten ihrer Schwiegermutter zu zweifeln. Ingrid wiederum hätte allen Grund, beleidigt und wütend zu sein. Katja hatte in ihrem Brief aber trotzdem der Hoffnung Ausdruck verliehen, das Verhältnis könne wieder das alte werden, denn Emil und Olivia sehnten sich sehr nach ihrer Großmutterr. Der entsprechende Satz enthielt natürlich gleichzeitig eine versteckte Drohung:

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