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Das Erbe des Bösen

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Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Irgendwann konnte Carl ihr dabei helfen.

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    Erik betrachtete die trostlose Lagerhalle im Grenzgebiet zwischen Wedding und Prenzlauer Berg. Er war bedrückt, denn er wartete auf einen Anruf von der Polizei in Luckenwalde, die ihm mitteilen wollte, wann die Leiche seines Vaters nach Helsinki überführt werden konnte.
    Der Wind ließ die Planen flattern, mit denen die alten Möbel im Hof abgedeckt waren. Das Lager des Trödlers war nicht weit von Hans Plöggers ehemaliger Wohnung entfernt, weshalb Erik beschlossen hatte, nachzusehen, ob vom Nachlass des Mannes noch etwas vorhanden war. Der Nachbar hatte von »Büchern und Briefen« gesprochen. Erik war oft in Frankreich auf Flohmärkten gewesen und hatte dort gesehen, wie die persönlichsten Hinterlassenschaften von Verstorbenen kistenweise verkauft wurden.
    Die mit goldenen Verzierungen bemalte Tür der Halle stach grell von der grauen Umgebung ab. Erik trat ein. In der Halle fiel sein Blick sogleich auf ein edles BM W-Coupé , das blinkend zwischen allerlei Trödel stand. Offenbar sollte das Fahrzeug signalisieren, dass die Geschäfte des Besitzers anständig liefen.
    »Interessieren Sie sich für etwas Bestimmtes?«, fragte ein rundlicher Mann mit dunklem Teint. Er hatte braunes, gelocktes Haar und lächelte freundlich.
    »Sind Sie Sharif Rastegar?«
    »Der bin ich.« Auf dem Gesicht des eher kleinen Mannes machte sich ein Hauch von Misstrauen bemerkbar.
    »Sie haben vor einiger Zeit den Nachlass eines Mannes namens Hans Plögger gekauft, nicht wahr?«
    |263| »Plögger«, wiederholte Rastegar nachdenklich. Dann hellte sich seine Miene auf. »Aber ja«, sagte er eifrig.
    »Was waren denn das für Sachen?«
    »Oh, großartige Sachen.« In Rastegars Augen flammte der Blick des Händlers auf. »Ein guter Esstisch mit vier Stühlen aus den Achtzigerjahren – die Zeit kommt bald wieder in Mode. Und zwei äußerst gute Teppiche, ein Tabriz von zwei mal zwei Metern und ein kleiner Shiraz in außergewöhnlich schönem Farbton. Hier entlang, bitte.« Rastegar ging auf eine Ecke zu, wo stapelweise Möbel und gefaltete Teppiche warteten.
    »Waren auch Briefe dabei? Oder andere alte Papiere?«
    Rastegar blieb abrupt stehen. »Sie scheinen zu wissen, was Sie wollen«, sagte er, leiser als zuvor, mit einem Grinsen. »Doch, doch. Ich kann Ihnen da sehr interessantes Material anbieten.«
    Der Händler blieb vor einem Schrank stehen und entnahm ihm eine mit dem Naziadler versehene Landkarte des »Dritten Reiches« von 1942. »Dreihundert Euro.«
    Erik kam gar nicht dazu, zu antworten, aber offenbar interpretierte der Händler seine Miene als Ablehnung, denn er fing sogleich an, sich zu verteidigen: »Der Preis ist absolut angemessen. Viele Leute interessieren sich für diese Sachen. In bestimmten Kreisen werden sie stark nachgefragt. Sind Sie Sammler?«
    »In gewisser Weise.«
    Die bunte, gut erhaltene Landkarte ließ die Hoffnung in Erik aufleben. Vielleicht würde er in Plöggers Nachlass tatsächlich ein Foto finden, auf dem er seinen Vater erkennen konnte. Oder einen Brief oder irgendetwas, das ihm weiterhalf.
    »Ich wäre vor allem daran interessiert, die privaten Unterlagen zu sehen«, sagte Erik.
    »Die verkaufe ich kartonweise. Außer dem etwas ausgefalleneren Material, von dem Sie anscheinend schon wissen.«
    Erik verstand nicht, was Rastegar meinte. Aber er hielt es für das Klügste, so zu tun, als verstünde er es. »Genau dieses Material möchte ich sehen.«
    |264| Rastegar musterte ihn abschätzend und ging dann zu einem Glasverschlag in einer Ecke der Halle, der als Büro zu dienen schien. Erik folgte ihm neugierig.
    Im Büro streckte sich Rastegar nach einem oberen Regalfach und entnahm ihm einige gebundene Kladden.
    »Hier ist eine Kostprobe«, sagte er und reichte Erik die schwarzen Notizbücher. Der Aufschrift nach handelte es sich bei dem obersten um Plöggers Tagebuch vom August 1941.
    Erik überflog die klare, sichere Handschrift.
     
    20.8.   Wir traten mit unseren Arbeiten auf der Stelle, bis gestern die Wende kam. Es ist jetzt klar geworden, dass man mit einem funktionierenden Reaktor das Element-94 gewinnen kann. Und das wiederum ließe sich direkt als Rohstoff für die Bombe verwenden. Der funktionierende Uranreaktor ist also eine Zwischenstufe. Mit seiner Hilfe würde sich die Bombe leichter herstellen lassen als durch das mühsame Trennen des U- 235 -Isotops
. . .
     
    »Wissen Sie, was dieses ›Element-94‹ ist?«, fragte Rastegar leise, mit

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