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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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keine Armbrust und kein Schwert etwas anhaben kann?«
    »Dieselbe wie diese Echsen, die von den Kronoks geritten werden. Könnten wir denen etwas entgegensetzen, wäre es doch gut. Sagt mir Sera«, Hernuls Miene war ernst. »Was können wir mit all dem Gerät im Depot erreichen? Wozu wären wir damit imstande?«
    »Zu vielem, Meister Hernul, zu sehr vielem. Aber wir dürfen es nicht benutzen. Es wäre wie an einem See, in den man ein Steinchen wirft. Die Wellen breiten sich aus und bringen alles zum Schwanken, was sich im See befindet, auch wenn man es mit bloßem Auge nicht sieht. Die erdrückende Macht Lytars erlaubte es anderen nicht, sich zu entwickeln, sie waren hilflos gegenüber unseren Waffen und … unserem Wissen. Dieser Knorre zum Beispiel, er wusste, wie er den Staudamm als Waffe nutzen konnte. Es war das Wissen, Hernul, das Lytar so mächtig machte, nicht seine Waffentechnik. Das Wissen, das in einem Ort gesammelt war, eifersüchtig gehütet und der Welt vorenthalten. Jetzt ist dieses Wissen vergangen, und die Welt hat ein neues Gleichgewicht gefunden, einen Zustand, in dem Lytar nicht mehr Macht besitzt als andere. Und genau so, Meister Hernul, ist es gut.«
    »Ihr findet, die Welt sei im Gleichgewicht? Was ist mit Kanzler Belior, belastet er die Waage nicht zu seinen Gunsten?«
    »Ja, das tut er. Und genau deswegen müsst Ihr ihn bekämpfen. Die Welt braucht ein Gleichgewicht. Und Ihr steht dafür ein. Ihr Leute von Lytara werdet ihn aufhalten.«
    »Dazu braucht es mehr als einen Wall aus verwitterten Steinen!«, erwiderte Hernul ernst. »Den Tod tapferer Menschen, unschuldig vergossenes Blut, Schmerzen und Leid wird dieser Kampf uns kosten. Wenn etwas im Depot uns helfen kann, die Verluste zu verringern, wäre es nicht unsere Pflicht, es auch zu nutzen?«
    »Würdet Ihr eine Waffe, die Euch unbesiegbar macht, wieder aus den Händen geben, wenn der Feind geschlagen ist?«
    »Ich würde sie sicher verwahren. So wie Ihr es getan habt.«
    Sie sah ihn überrascht an, dann nickte sie.
    »Ja. Das war unser Ziel. Aber außerdem wollten wir, dass niemand anderes diese Waffen jemals wieder in die Hände bekommt.«
    »Also traut Ihr uns nicht zu, mit dem Wissen und der Macht, die im Depot versammelt sind. Ihr haltet uns für Kinder, die nicht begreifen, dass ein Dolch scharf sein kann.«
    »Nein«, sagte sie leise. »Das tun wir nicht. Wir waren selbst die Kinder. Wir haben uns an einem Feuer verbrannt, mit dem wir nicht umzugehen verstanden. Das darf sich nie mehr wiederholen.«
    »Aber warum habt Ihr dann nicht einfach alles auf ein Schiff geladen und es in den Tiefen des Ozeans versenkt?«
    »Aus Stolz«, antwortete sie leise. »Und aus der Hoffnung heraus, dass einst eine Welt entsteht, in der das Wissen nicht zum Schaden anderer verwendet wird. Eine Welt, in der das Wissen jedem gehört und niemandem vorenthalten wird.«
    »Ein kühner Traum. Aber was ist mit der Krone, Sera? Bringt sie die Welt aus dem Gleichgewicht? Was wisst Ihr über sie?«
    »Die Krone?«, wiederholte sie langsam. »Von allen Dingen, die je in Lytar geschaffen wurden, ist sie das Mächtigste.« Sie sah Hernul ernst an. »Es heißt, der Schöpfer der Krone stahl das Geheimnis ihrer Macht von der Göttin selbst. Sie war sein Meisterwerk, nie hat ein Mensch Größeres erschaffen! Er vergaß nur eines: Was für einen Gott bestimmt ist, lastet in der Regel schwer auf einem Menschen. Wir sind keine Götter … und die Krone ist nicht für uns bestimmt.«
    »Gibt es nicht einen Mittelweg, etwas, das uns helfen kann, jenes Wissen zu nutzen, ohne dass das Gleichgewicht zerstört wird? Ich meine …« Hernul stockte.
    »Was meint Ihr, Meister Hernul?«, fragte die Sera sanft.
    Der Meister bückte sich, nahm einen Stein auf und hielt ihn hoch. »Ihr seid bewaffnet und gerüstet Sera, ich bin es nicht. Ihr seid gelehrt in altem Wissen und Magie, auch das geht mir ab. Aber wenn ich mich entscheide, Euch mit diesem Stein zu erschlagen, während Ihr Euch entscheidet, das, was Ihr besitzt und könnt, nicht zu nutzen, wer von uns hätte mehr Macht über den anderen?«
    Sie musterte den Stein skeptisch. »Ich könnte mich entscheiden, nicht vom Stein getroffen zu werden.«
    Hernul sah sie an, dann lachte er leise und ließ den Stein wieder fallen. »Gut gekontert, Sera.«
    »Worauf wolltet Ihr hinaus, Meister Hernul?«
    »Ich meine«, begann Hernul erneut, »es kommt nicht darauf an, wie groß die eigene Macht ist, sondern darauf, wie man sie verwendet.

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