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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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Lindor tot wäre, würde das die Königlichen weit zurückwerfen!«
    »Knorre«, begann Leonora in einem seltsam eindringlichen Ton. »Dieser Weg würde deinen Tod bedeuten. Und Lindor hat noch eine Rolle zu spielen, glaube mir das.«
    »Ich glaube es dir«, erwiderte Knorre einfach. »In solchen Dingen hast du meist Recht behalten. Also ist Graf Lindor das falsche Ziel?«
    »Ja.«
    »Schade«, knurrte Argor. »Ich habe da noch eine persönliche Schuld einzutreiben. Aber was können wir tun?«
    »Ich muss mit dem Grafen sprechen«, sagte Knorre plötzlich.
    »Mit Lindor? Seid Ihr verrückt?«, rief Argor. »Habt Ihr nicht gehört, was Sera Leonora gerade gesagt hat?«
    Knorre lachte leise. »Doch, mein Freund, das habe ich. Es gibt durchaus Momente, da höre ich ihr zu, wie jetzt zum Beispiel. Aber es gibt ja noch einen anderen Grafen hier, nicht wahr?« Er wandte sich an Leonora. »Ich muss Graf Torwald sprechen, so bald wie möglich. Bist du noch … stehst du noch mit ihm in Verbindung?«
    »Ja. Natürlich.«
    »Natürlich«, seufzte Knorre und rieb sich die Schläfen. »Also gut. Kannst du ein Treffen arrangieren?«
    »Ich werde sehen, was ich tun kann.« Sie lachte leise. »Aber du musst mir versprechen, dass du dich benimmst.
    Wenn ich mich recht entsinne, drohte er das letzte Mal damit, dich auspeitschen zu lassen!«
    »Das war ein Missverständnis«, winkte Knorre ab. »Soll ich ihm eine Nachricht schreiben?«
    »Meinetwegen«, antwortete Leonora. »Aber Sina überbringt sie ihm. Sie wird keine Aufmerksamkeit erwecken, denn sie besucht ihn öfter. Ich glaube, die beiden teilen ihr Interesse an Rosen.«
    »An Rosen?« Knorre sah sie überrascht an.
    »An Rosen. Sina liebt sie, und der Graf hat einen Garten mit mehr als dreißig Sorten, seine Frau richtete ihn einst ein.«
    »Ja«, sagte Knorre langsam. »Nun erinnere ich mich. Es ist eine Schande, dass sie starb.« Er runzelte die Stirn. »Mir passt es nur nicht, Sina mit hineinzuziehen.«
    »Sie ist erwachsen«, erwiderte Leonora lächelnd. »Mach dir keine Sorgen um sie.«
    »Ihr scheint eine Menge Leute zu kennen, Sera«, warf Argor höflich ein. »Kennt Ihr vielleicht auch jemanden, bei dem ich eine Armbrust kaufen kann? Ich habe im Moment nur einen Dolch und fühle mich ziemlich hilflos damit.«
    »Mit einem Weidenkorb könnt Ihr wohl besser umgehen?«, schmunzelte Leonora, und Argor lachte.
    »Mehr als Glück war das nicht, und auf Glück allein ist wenig Verlass. Kennt Ihr also jemanden?«
    »Ja. Berosch, unten am Hafen. Er hat einen kleinen Laden, neben dem ›Blauen Ruder‹. Eine üble Kaschemme und niemandem zu empfehlen, den man wieder sehen will. Wer dort zu viel trinkt, wird sich anderentags an Bord eines Seglers wieder finden. Ich hörte zwar, Seeluft sei gut für die Gesundheit, aber nicht auf einem solchen Schiff. Berosch stellt keine Fragen, aber ob er auch vertrauenswürdig ist, weiß ich nicht. Wofür braucht Ihr eine Armbrust? Wäre eine Axt nicht besser für Euch?«
    »Ich mag Äxte nicht, ich bevorzuge meinen Kriegshammer. Aber den bewahrt mein Vater für mich auf.«
     
    »Zur gleichen Zeit«, fuhr der alte Mann gemächlich fort und nickte dankbar, als ihm der Wirt einen gut gefüllten Teller mit Wildbret in Weinsoße, Preiselbeeren und gebratenen Kartoffelstückchen vorsetzte, »saßen auch die Sera Bardin und die Freunde zu Tisch in Berendall. Auch wenn ich bezweifle, dass das Essen so gut war wie hier …«

 
Unbedachte Worte
     
    Die Wache am Tor hatte mit einem Recht behalten: Das Essen in der »Dürren Gans« war besser, als der Name vermuten ließ. Gut gesättigt blieben die Freunde noch an ihrem Tisch sitzen und tranken das Dünnbier, dem es, wie Tarlon bemerkte, deutlich an Würze fehlte, das aber dennoch genießbar war. Es war ruhig im Schankraum, außer den Freunden und der Bardin waren kaum Gäste anwesend, und der Wirt sah immer wieder stirnrunzelnd zur Eingangstür. Garret, der die ganze Zeit unruhig auf seinem Stuhl hin und her gerutscht war und dabei ständig mit seinem Becher gespielt hatte, hielt es nicht mehr aus. Er stand auf, und Vanessa sah ihn fragend an. »Jemand, der Langeweile hat, ist immer gut für einen Schwatz«, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage und warf zur Erklärung einen schnellen Blick zum Wirt hinüber, der seine Theke nun bestimmt schon zum zehnten Mal polierte. Vanessa lächelte wissend und sah ihm zu, wie er sich einen Moment später an die Theke lehnte und sich zum Wirt vorbeugte.

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